Eine unendliche Geschichte

von Redaktion

Seit vier Jahren wird immer wieder über den Verkauf einer Internet-Firma verhandelt

Rosenheim – Ein Verfahren, das mit „Pleiten, Pech und Pannen“ beschrieben werden kann, ging jetzt in die nächste Runde. Ob es sich um einen großen Betrug oder einen zivilrechtlich beizulegenden Sachverhalt handelt, wird seit über vier Jahren verhandelt, Ende noch offen.

Im Jahre 2017 hat ein Ehepaar aus dem westlichen Landkreis seine Internet-Firma verkauft. Der Käufer hat sich alsbald übervorteilt gefühlt und den Sachverhalt zur Anzeige gebracht. Gleichzeitig hat er ein Zivilverfahren angestrengt, das mit einem Vergleich zugunsten des Käufers endete. Dabei wurde vom Angeklagten zugesagt, dass er an den Käufer aus dem östlichen Landkreis 200000 Euro bezahlt. 100000 sind bereits getilgt, der Rest wird in einem Ratenverfahren ordnungsgemäß abgewickelt.

Anklage addierte
falsche Zahlen

Die Anklage wirft dem Ehepaar vor, dass der Käufer mit Betrugsabsicht um über 730000 Euro geprellt worden sei. Hier beginnen jedoch bereits die Schwierigkeiten. Denn die Ermittler haben bei der Formulierung der Anklage irrelevante Summen addiert und sind dadurch auf den vorgenannten Betrag gekommen, der inzwischen unstrittig falsch ist.

Durch die Corona-Pandemie verzögerte sich das Verfahren. Als es endlich zur Fortsetzung kam, stellte sich heraus, dass der gerichtlich bestellte Gutachter in seiner Arbeit eine rechtliche Bewertung zum Ausdruck brachte, was ihm jedoch nicht zustand. Eine solche hat ausschließlich das Gericht vorzunehmen. Infolgedessen beantragte die Verteidigung, den Gutachter als befangen abzulehnen. Ins Kreuzverhör genommen gestand dieser seinen Fehler auch ein.

Vergeblich hoffte das Schöffengericht unter dem Vorsitz von Richter Matthias Knoblauch, das Verfahren mittels einer Verständigung nun endlich zu Ende bringen zu können. Zu weit lagen die Vorstellungen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung auseinander.

Freispruch für die Ehefrau verlangte Rechtsanwalt Konstantin Kalaitzis, die nach seiner Lesart überhaupt keine Schuld treffen könne. Rechtsanwalt Peter Dürr sah wohl eine gewisse Schuld bei seinem Mandanten. Betonte aber, dass dessen Fehler in dem abgeschlossenen Zivilverfahren geklärt und auch erklärt seien. Somit eine Einstellung nach Paragraf 153 a Strafprozessordnung gegen Erbringung einer Geldbuße hinreichend wäre. Wohingegen die Staatsanwältin in beiden Fällen Bewährungsstrafen in abgestufter Höhe erwartete. Ein weiteres Problem stellte sich bei der Frage nach dem Wertausgleich. Einerseits ist eine endgültige Schadenssumme bislang nicht festzustellen gewesen. Andererseits argumentierte die Verteidigung, dass ein Wertausgleich durch den unwiderruflichen zivilrechtlichen Vergleich mit dem Geschädigten hinfällig würde.

Erneut großer
Klärungsbedarf

Unbestritten ist, dass der Angeklagte eine völlig abenteuerliche Bilanzierung seines Unternehmens vorgelegt hatte. Weil er diese Methodik aber bereits seit Jahren, lange vor einer Verkaufsabsicht, ebenso angewendet hatte, folgert die Verteidigung, dass so eine Betrugsabsicht nicht nachgewiesen werden könne – eine solche aber für einer Verurteilung wegen Betruges zwingend sei.

Richter Matthias Knoblauch sah erneut großen Klärungsbedarf, bevor das Gericht ein Urteil sprechen könne. Das Verfahren wurde daraufhin aufs Neue ausgesetzt.

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