Nach der Restauration präsentiert sich das Ensemble wieder als Blickfang über den Dächern des Marktplatzes.
Neubeuern – Der linke Engel war schon etwas blass um die Nase, der Hahn leicht bemoost und die Uhr nicht mehr wirklich gut zu lesen. Es war an der Zeit, den Turm der Kirche Mariä Empfängnis am Marktplatz zu sanieren.
Nach einem Spendenaufruf vor einem Jahr zur Rettung des Bildnisses erklärte sich Marktplatzanwohner Willi Bruckbauer bereit, für die Renovierung aufzukommen. Die Marktgemeinde übernahm die Instandsetzungskosten der Kirchturmuhren und die Hälfte der Gerüstkosten.
Nässe und Frost
ließen Putz bröckeln
Den Turm aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts ziert ein Fresko des damals am Samerberg lebenden Malers Oskar Martin-Amorbach (1897 bis 1987), der auch in Neubeuern wirkte. Das Fresko um das Ziffernblatt der Kirchturmuhr litt seit über einem Jahrzehnt an den Folgen von Erosionen und wies bereits erhebliche Schäden auf. Nässe und Frost hinterließen zerstörerische Spuren, lockerten den Putz und ließen ihn sukzessive abbröckeln.
Am 27. April machte sich der Kirchenmaler und Sachverständige Michael Pertl in schwindelnder Höhe ans Werk. 28 Meter über dem Boden reinigte er das gesamte Fresko, entfernte die losen Farbschichten und die sich schonungslos ausbreitende Bemoosung. Anschließend erfolgten die dreilagige Erneuerung der Putzflächen und die Lokalisierung der Hohlstellen, die zur Festigung mehrmals hinterspritzt wurden.
Nach der 14-tägigen Trocknungsphase behandelte der Fachmann die neuen Putzflächen mit Ätzflüssigkeit, um eine gute Haftung der Bemalung mit reinen Mineralfarben und lichtechten Pigmenten zu erzielen. Denn „die neue Bemalung soll möglichst lange halten“, so seine Intention.
Hierbei profitiert er von seiner langen Berufserfahrung. Bereits vor 50 Jahren renovierte der heute 85-Jährige zusammen mit seinem Vater die beiden Turmuhren mit einem Durchmesser von 2,10 Metern. Damals überlegte man, die Ziffernblätter aus Stahl durch korrosionsfreien Kunststoff zu ersetzen. Sinnvoll bestehen blieben die widerstands- und hitzebeständigeren Zeiteisen, die geschliffen, gereinigt, mit Spezialöl behandelt und mit einem siebenlagigen Lackaufbau versehen, heute noch verlässlich ihren Dienst tun.
Aufwendig zeigte sich auch das Auftragen der Ziffern, die erst neu aufgezeichnet und dann zweimal lackiert werden mussten. Das farblich harmonische Ensemble komplettierte Michael Pertl in seiner Werkstatt hinter der Kirche mit den Uhrzeigern, die nach deren Lackierung zweifach mit 24-karätigem Blattgold veredelt wurden.
Probleme zeigten sich zuerst bei der Entfernung, dann bei der Beschaffung der Befestigungsschrauben, weil das damals verwendete Gewinde nicht mehr hergestellt wird. So kamen nach einer schwierigen Demontage die alten, gereinigten Schrauben wieder zum Einsatz.
Zuletzt vermauerte Christian Tiefenmooser die drei Einschublöcher unter dem Fresko, durch die früher Balken geschoben und Bretter aufgelegt wurden – als Arbeitsplatz für Restaurationen quasi Vorläufer der heutigen Metallgerüste.
Kleines Dach
soll besser schützen
Zwei Engel mit einem Hahn und einer Sanduhr in Händen, als Symbole für den Übergang der Nacht zum neuen Tag und die verstreichende Zeit, umrahmen die Uhr. Mittig darunter wacht der Heilige Geist, dargestellt in Form einer Taube.
Die Darstellung war nur noch aus unmittelbarer Nähe fragmentarisch zu erkennen, jetzt kann sie ihre Wirkung wieder voll entfalten. Der Spenglerbetrieb Andreas Leitner setzte über das Fresko noch ein Dacherl, um es fortan vor Witterungseinflüssen besser zu schützen.
Bewunderung für das vollendete Kunstwerk zollte Mesner Sepp Englberger, der mit Blick hinauf zum Turm meinte, „es war höchste Zeit, dem künstlerischen Kulturerbe am Kirchturm Aufmerksamkeit zu schenken, es professionell aufzuwerten und somit vor dem Verfall zu retten.“