Aschau – Die Kampenwand, die Lage zwischen Bergen und Chiemsee, die regionalen Geschäfte: Aschau ist attraktiv – auch als Urlaubsziel. Nichtsdestotrotz hat die Gemeinde eine rückläufige Anzahl an Übernachtungsmöglichkeiten. Das sei für einen Tourismusort ein erheblicher Wertschöpfungsverlust, schreibt Aschaus Bürgermeister Simon Frank (Zukunft für Aschau) in einem Facebookpost. Herbert Reiter, Leiter der Tourist Info Aschau erklärt den OVB-Heimatzeitungen in einem Interview, wo die Herausforderungen aber auch Lichtblicke liegen.
Welcher Trend zeichnet sich in Sachen Bettenanzahl in den vergangenen Jahren in Aschau ab?
Leider müssen wir einen Wegbruch bei den Betten, gerade im Bereich der mittelständischen Pensionen, für das Priental verzeichnen. Jahr für Jahr bricht die Mittelschicht weg und das summiert sich natürlich schmerzend. Was wir daher dringend brauchen, sind Übernachtungsmöglichkeiten mit Frühstück wie Frühstückspensionen oder Hotels.
Haben Sie eine Erklärung, warum es zu einem Rückgang der Bettenzahlen trotz einem guten touristischen Angebot gekommen ist?
Verschiedene Vermieter haben bedingt durch einen Generationswechsel oder aus Gesundheitsgründen ihr Angebot verändert. Einzelne private Vermieter, die ein paar wenige Gästebetten quasi im Nebenerwerb angeboten haben, haben auf Übernachtung ohne Frühstück umgestellt oder sogar ganz aufgehört zu vermieten. Andere haben das Zimmerangebot zu Ferienwohnungen mit Selbstversorgung umgewandelt. Damit geht uns zwar nicht jedes Bett verloren, jedoch die Veränderung der Beherbergungsart schmälert gleichzeitig unser Angebot im Bereich Übernachtung mit Frühstück. Hier fehlen definitiv Betten. In den letzten sechs Jahren sind sie um 60 Prozent gesunken. Abgesehen davon brauchen wir Kapazitäten als Ersatz für bereits weggefallene Betten und für die in naher Zukunft absehbaren Schließungen weiterer kleinerer Betriebe.
Gibt es in Aschau vor allem Hotels oder Ferienwohnungen?
Der Schwerpunkt liegt ganz klar bei den Ferienwohnungen im privaten Bereich. Was bedeutet dies nun im Speziellen für den Tourismus im Priental? Unser bestehendes Bettenangebot täuscht dahingehend, dass es zu wenig Angebot gibt für den Gast für Übernachtung mit Frühstück. Ein Gast, der eine Frühstückspension oder ein Hotel sucht, hat derzeit leider nur eine eingeschränkte Produktpalette. Das Bettenangebot ist in ein sehr starkes Ungleichgewicht gekommen.
Finden Sie, dass die Gemeinde Aschau hier durch Erleichterungen oder Anreize für neue Interessenten setzen muss?
Wir stehen dem sowieso offen gegenüber. Sobald Interessierte auf die Gemeinde Aschau zukommen, stehen wir mit Rat und Tat zur Seite, um bestmöglich zu unterstützen. Zusammen mit dem Gemeinderat, den Bürgermeistern und dem Gewerbeverein Aschau sind wir ein starkes Team und ziehen an einem Strang.
Hat Corona die BettenSituation nachhaltig beeinträchtigt?
Nein. Es war natürlich für alle beteiligten Betriebe und touristischen Dienstleiter eine sehr schwere Situation, doch schlussendlich konnte die Durststrecke einigermaßen überstanden werden. Hier kommt uns zugute, dass wir sehr viele langjährige und renommierte Beherbergungsbetriebe in Aschau und Sachrang haben. Sie konnten die Krise einigermaßen überstehen.
Es gibt auch Positives: der Sachranger Hof soll neu gebaut werden. Wie wichtig ist das für die Gemeinde Aschau?
Sehr wichtig – wir begrüßen dieses Vorhaben total. Ein neues Hotel im Bergsteigerdorf steuert unserem Bettenverlust im Bereich Übernachtung mit Frühstück entgegen, was damit meiner Meinung nach in die richtige Richtung läuft. Wie bereits mehrmals erwähnt, fehlen hier Möglichkeiten für diese Gästegruppen. Persönlich sehe ich es als absolute Chance für die Angebotsvielfalt im Bergsteigerdorf Sachrang. Zusätzlich darf ich an dieser Stelle noch auf Veränderungen im Aschauer Bereich eingehen: hier entstehen neue Chalets und Campingstellplätze. Erfreulicherweise stärkt dies die Vielfalt der Bedürfnisse unserer Gäste noch einmal mehr und deckt die momentane hohe Nachfrage in diesem Sektor ab.
Wie schaut es gerade in diesem Jahr, besonders jetzt in der Hauptsaison in Aschau und Sachrang aus?
Absolut spannend! Die Spontanität der Gäste ist in diesem Jahr besonders auffällig und bringt echte Herausforderungen bei der Unterkunftssuche mit sich. Hinzu kommt, dass sich das Vermieterverhalten bedingt durch Corona geändert hat. Es ist noch schwieriger für einnächtige Gäste geworden. Das fordert natürlich meine Kolleginnen am Schalter, hier Unterkünfte in der Region zu finden, weil wir in Aschau nichts mehr frei haben. Da blutet einem schon das Herz, wenn man zum Beispiel abgekämpfte Wanderer oder Fahrradfahrer noch ein paar Kilometer mehr weiterschicken muss.
Was wünschen Sie sich in der Zukunft für den Tourismus?
Vor allem wünsche ich mir mehr Wertschätzung für den Tourismus. Wir haben so viele herzliche und betriebsame Leistungsträger, Gaststätten und Akteure im Tourismus. Doch zunehmend wird der Tourismus für Probleme verantwortlich gemacht, die er weder verursacht hat, noch beeinflussen könnte. Und zum zweiten sollte das Bewusstsein gestärkt sein, dass von der Wirtschaftskraft des Tourismus schlussendlich jeder im Ort profitiert. Ganz oben steht natürlich auch der Wunsch nach neuen Betten. Ohne weitere Betten verlieren wir die Grundlage, die wir zum Erhalt der geschätzten Infrastruktur brauchen, damit auch der Bürger von Aschau und Sachrang noch gut im Ort versorgt bleibt.
Interview: Katharina Koppetsch