Oberaudorf – Toxische Beziehungen brachten die Oberaudorferin in den vergangenen Jahren bereits mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt. Allein in den vergangenen zweieinhalb Jahren sei es zu 20 bis 30 Einsätzen gekommen, berichtete ein Polizeibeamter der PI Kiefersfelden vor dem Rosenheimer Amtsgericht. Seit der damalige Lebensgefährte in Haft ist, sei Ruhe eingekehrt. Aus den Gerichtsakten ging hervor, dass auch die vorangegangene Beziehung von Gewalt, Drogen und Alkohol geprägt war und es deshalb bereits 2017 zu einer ersten Verurteilung gekommen ist. Drei weitere Ahndungen wegen ähnlicher Delikte folgten.
„Situation stand
Spitz auf Knopf“
Ein Ausraster im Juli vergangenen Jahres brachte die Oberaudorferin nun erneut vor Gericht. Laut Anklage war es zwischen der 25-jährigen und ihrem damaligen Lebensgefährten zu einer heftigen körperlichen Auseinandersetzung in der gemeinsamen Wohnung in Oberaudorf gekommen. Anwohner hatten daraufhin die Polizei gerufen. Beim Eintreffen habe man den Lebensgefährten auf dem Gang vor der, aus den Angeln gerissenen, Wohnungstür angetroffen. Die Angeklagte sei in Tränen aufgelöst im Wohnzimmer gesessen und habe sich in einem psychischen Ausnahmezustand befunden. Beide seien stark alkoholisiert gewesen und es habe eine sehr aggressive Stimmung geherrscht. „Als der Lebensgefährte in die Wohnung zurückgekommen ist, ist die Situation Spitz auf Knopf gestanden, deshalb haben wir Verstärkung angefordert“, berichtete die, am Einsatz beteiligte, Polizeibeamtin. Es sei zu weiteren derben Beleidigungen gekommen. Das Paar habe sich gegenseitig extrem hochgeschaukelt.
Um weitere Gewalt Eskalationen zu vermeiden, habe sie die Angeklagte in einen anderen Raum bringen wollen, doch da sei die 25-jährige völlig ausgerastet und habe ihr zwei- bis dreimal gegen den Oberschenkel getreten. Außer einer leichten Prellung sei es aber zu keiner Verletzung gekommen, betonte die Beamtin und nahm ihren Adhäsionsantrag zurück. „Ich ärgere mich über mich selbst, dass ich wieder hier sitze und meine Chance nicht genutzt habe“, so die Angeklagte und räumte den Tatvorwurf umfassend ein. Gleich nach der Tat hatte sie sich bei der Polizei Kiefersfelden schriftlich entschuldigt und auch im Gerichtssaal drückte sie gegenüber der verletzten Beamtin ihr Bedauern aus.
Laut Bewährungshelfer hat die 25-Jährige bereits mehrere Suizidversuche begangen. Betäubungsmittel, Alkohol und auch ihre Beziehungen hätten einen toxischen Charakter. Auseinandersetzungen seien dadurch häufig eskaliert. Aktuell laufe es gut und die Drogentests seien negativ. Der psychiatrische Sachverständige bescheinigte der Angeklagten eine Persönlichkeitsstörung im Sinne einer emotionalen Instabilität und eine massive Alkoholproblematik. Zum Tatzeitpunkt sei mit rückgerechnet rund 2,3 Promille ihre Steuerungsfähigkeit eingeschränkt gewesen.
Die Angeklagte habe bereits einige Therapien regulär abgeschlossen, doch sei es immer wieder zu Rückfällen mit Straftaten gekommen. Die Prognose sei deshalb nicht sehr günstig. Die Voraussetzungen für die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wären gegeben, aber es fehle an der Motivation und damit gebe es wenig Aussicht auf einen Behandlungserfolg. Die Angeklagte hatte sich mehrfach gegen eine Unterbringung ausgesprochen und angegeben, eine Therapie außerhalb des Maßregelvollzugs anzustreben.
Für die Anklagevertretung wog der tätliche Angriff auf Vollstreckungsbeamte schwer. Zudem habe die Angeklagte zum Tatzeitpunkt unter dreifach offener Bewährung gestanden. Deshalb sei eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten notwendig. Verteidigerin Gabriele Sachse legte den Fokus auf das Geständnis und die Tateinsicht und Reue der Angeklagten. Es habe sich um einen kurzen Vorfall mit leichten Verletzungen gehandelt. Ihre Mandantin habe sich persönlich und schriftlich bei den Polizeibeamten entschuldigt und ihre Tat reflektiert. Sie habe Struktur in ihr Leben gebracht und sei auf der Suche nach einem Therapieplatz, um ihre Probleme aufzuarbeiten. Eine Bewährungsstrafe von zehn Monaten war aus Sicht der Verteidigerin tat- und schuldangemessen.
Bewährungsstrafe
unangemessen
„Es spricht viel für und gegen sie“, brachte es Richterin Gruber auf den Punkt und verhängte ein Jahr Haft wegen vorsätzlicher Körperverletzung auf Vollstreckungsbeamte. „Sie, haben ihr Leben aktuell im Griff und sind auf einem guten Weg, doch es braucht nicht viel zum Kippen“, betonte die Richterin in ihrer Urteilsbegründung. Die Angeklagte habe sich von den bisherigen Strafverfahren nicht beeindrucken lassen. Irgendwann sei eben der Punkt erreicht, dann ist eine Bewährung nicht mehr möglich, obwohl sie einen guten Eindruck vor Gericht gemacht habe.