„Ohne Ehrenamtliche geht nichts mehr“

von Redaktion

Interview Neue Aufgabe für Gottfried Grengel: Vom Pfarrvikar zum Administrator

Prien – Vor einem Jahr wurde Gottfried Grengel in der katholischen Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt als neuer Pfarrvikar vorgestellt. Zur Unterstützung der seelsorgerischen Arbeit in den beiden Pfarrverbänden Westliches Chiemseeufer und Bad Endorf, wie es hieß. Jetzt übernimmt er eine größere Aufgabe: Ab 1. November wird Grengel die Verbände als Pfarradministrator leiten. Zunächst für ein Jahr. Wie er mit dieser Herausforderung umgehen will, erörterte der 47-jährige Geistliche im Interview mit den OVB-Heimatzeitungen.

Wie ist Ihnen zumute, angesichts der neuen Aufgabenstellung?

Ich fühle mich wie die Jungfrau, die zum Kind kommt – damit hatte ich nicht gerechnet, als ich im vergangenen Jahr im September nach Prien gekommen bin. Meine Unterstützung des Seelsorger-Teams war nur bis Weihnachten angedacht. Zu dem Zeitpunkt stand fest, dass dann ein neuer Pfarrer kommt und ich seine Aufgaben in der Herkunftsgemeinde übernehmen sollte. Aber Weihnachten hatte sich schon abgezeichnet: Da kommt keiner. Auch bis zum Osterfest heuer hatte sich nichts geändert.

Gab es zu dem Zeitpunkt auf höherer Ebene bereits andere Planspiele?

Es wurden alle Gemeindemodelle sozusagen durchgespielt, die es derzeit in der Diözese gibt und es ermöglichen könnten, ohne leitenden Pfarrer für Prien und Bad Endorf eine Lösung zu finden. Das war alles offenbar nicht überzeugend. Diese Diskussionen gingen allerdings alle an mir vorbei. Soweit ich aber weiß, hat mich dann Dekan Reichel im Ordinariat ins Spiel gebracht. Und so gesehen, bin ich offenbar die letzte Option, die geblieben ist.

Das kann doch nicht sein. Wenn der Dekan Sie für diese Aufgabe empfohlen hat, wird er bei Ihnen sicherlich eine entsprechende Qualifizierung gesehen haben …

(Lacht) Ich weiß nicht – da müssen Sie die anderen fragen. Allerdings habe ich zehn Jahre, bevor ich nach Prien kam, in Salzburg einen Pfarrverband geleitet. Der ist mit ganz wenigen Hauptamtlichen ausgekommen und hat eigentlich nur funktioniert, weil es die Ehrenamtlichen gegeben hat. Offenbar ist das meine Stärke, weil ich weiß, wie Pfarrseelsorge in Zukunft laufen kann, wenn die Hauptamtlichen immer weniger werden und wir tatsächlich mithilfe der Ehrenamtlichen wichtige Aufgaben weiterführen.

Wie wird sich die Aufgabenverteilung in den Pfarrverbänden hier dann zukünftig darstellen?

Alles wird nicht mehr gehen, davon bin ich überzeugt. Wir werden den Fokus darauf legen, was wirklich gut läuft, unter der Fragestellung, was ist das Profil der Gemeinden und Pfarreien, das werden wir stärken und fördern und alles andere werden wir ein Stück weit aufgeben müssen. Vor allem dann, wenn Ehrenamtliche diese Aufgaben nicht übernehmen können.

Können Sie Beispiele nennen?

Es wird nicht mehr in jeder Gemeinde für Senioren Seelsorger geben können, auch keine Erstkommunion, oder für jedes Fest entsprechende Gottesdienstangebote.

… aber schon zusammengefasst in einer Kirche, oder?

Da liegen die Vorstellungen in den Diskussionen noch weit auseinander, so weit sind wir eigentlich noch nicht. Für die nächsten Jahre wird jede Gemeinde angehalten sein, ein klares Konzept für ein Seelsorgeprofil vor Ort zu beschreiben. Mit der Fragestellung: Was ist ganz gut, was muss auf alle Fälle sein, auf was müssen wir verzichten? Das für sich selbst herauszufinden ist wirklich Aufgabe der Gemeinden, das kann nicht von oben diktiert werden.

Sie hatten ein Jahr lang Zeit, die beiden Pfarrverbände näher kennenzulernen. Vor dem Hintergrund, was sie gerade beschrieben haben: Lässt sich das denn hier so einfach umsetzen?

Das wird eine meiner Hauptaufgaben sein, auch die des Seelsorger-Teams, das zu schaffen, dass die Gemeinden mehr zusammenwachsen, eventuelles Kirchturm-Denken ablegen und sich mehr vom „Wir“-Denken leiten lassen…

… wie lässt sich das in die Praxis umsetzen?

Das ist eine gute Frage – soweit bin ich ehrlich gesagt noch nicht. Ich habe einigermaßen Einblick in die Gemeinden Rimsting und Bernau, bei den anderen Gemeinden traue ich mir noch keine Beurteilung zu.

Was werden ab 1. November die größten Herausforderungen für Sie sein?

Die größte Herausforderung ist, die genialste Botschaft, die wir haben, so zu formulieren, dass die Menschen sie auch aufnehmen können: Dass es Gott gibt, dass es Jesus Christus gibt, dass es Heil und Glück gibt für jeden, dass es Erlösung gibt und dass der Glaube für das Leben eine unglaubliche Bereicherung ist. Wenn man glauben kann.

Interview:Ulrich nathen-Berger

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