Halfing – „Indien hat mir Angst gemacht und sie mir gleichzeitig genommen“, sinniert Rainer Thielmann. Bereits siebenmal war der Halfinger in Indien. Erstmals 2005. „Meine Freunde haben mir einen Gutschein für einen Laptop geschenkt. Den habe ich für einen Flug nach Delhi eingetauscht“, erzählt Thielmann.
Abschreckendes
Bild von Indien
Dabei hatte er Vorbehalte gegen Indien. Auf seinen Reisen ist er einmal in Mumbai zwischengelandet. Damals hat er gesehen, wie die Armen und kastenlosen Menschen, die am Rande der Gesellschaft leben, an der Start- und Landebahn gehaust haben. „Das Bild hat mich abgeschreckt“, sagt der Künstler. Und doch wagte er den Schritt, das Land zu bereisen.
Wenn Thielmann von seinen Indienreisen erzählt, merkt man, dass es sich nicht um einen All-inklusive-Urlaub handelt. Er erzählt von Gegensätzen, erschlagenden Sinneseindrücken und spirituellen Momenten. „Ich wurde richtig durchgerüttelt. Man ist zuerst überfordert“, beschreibt Thielmann seine Reiseerfahrung. „Die Gerüche, die Farben, der Gestank, alles kommt auf einen zu.“ Dabei war Thielmann klar, dass er Indien fühlen muss. Ein Schlüsselmoment für ihn war ein Spaziergang auf seiner ersten Reise. Gleich am vierten oder fünften Tag lief er durch eine Unterführung. Dort lagen Menschen, es stank. „Mein Kopf hat gesagt, ich muss weg, aber es hat mich vom Gefühl, vom Herzen hingezogen.“
Diese Dualität verarbeitet Thielmann in seinen Gedichten. Er sucht den Kontakt mit den Menschen vor Ort, versucht, die Energie einzufangen – „in der Resonanz mit den Menschen, den Städten, da entsteht etwas“. Thielmann schreibt bereits vor Ort, macht sich Notizen, fängt Gedanken ein. Auf diese Art sind bereits zwei Foto-Gedichtbände über Indien entstanden. In Thielmanns neu erschienenen Buch bereist er den nordwestlichen Teil Indiens, die Heimat Mahatma Gandhis, dem er ein ganzes Kapitel gewidmet hat. Zudem taucht der Künstler in spirituelle Themen ein. Thielmann beschäftigt sich mit der Reinkarnation, dem Glauben, dass man nach dem Tod in einem neuen Körper wiedergeboren wird.
Zudem will der Künstler tiefer in die Vedanta-Philosophie eintauchen. Sie besagt, „das Gott in allem steckt. Das menschlich und göttlich nicht getrennt sind“, so Thielmann. In einer Reise nach Kalkutta, die er bereits kommende Woche antritt, will er diesem Denken nachgehen.
Komponieren
und schreiben
Dabei schreibt Rainer Thielmann nicht nur Gedichte, sondern auch Lieder. Er geht immer vom Text aus, schreibt die Noten manchmal selbst, oder gibt sie auch an befreundete Komponisten oder Producer ab. Thielmann arbeitete als Songschreiber mit Show-Größen wie Ulli Schwinge, Münchener Freiheit und Udo Jürgens zusammen.