Mit Stahlhelm und Hakenkreuz

von Redaktion

Das Grabmal von Hitlers Gefolgsmann Hermann Kriebel sorgt in Aschau für Wirbel

Aschau – Hitler-Spezl, Landsknechtnatur, Putschist – das war Hermann Kriebel. Auf dem Friedhof in Aschau wird an ihn als Botschafter erinnert. Das Grabdenkmal ist manchem ohnehin ein Dorn im Auge. Auf dem Gemeindefriedhof von Aschau im Chiemgau ruht Hermann Kriebel in einem stattlichen Grab – mit in Stein gehauenem Stahlhelm. Bis vor Kurzem war ein Hakenkreuz am Helm zu sehen – das aber ist mittlerweile weggeflext worden. Die Grabinschrift bezeichnet Kriebel als Botschafter.

Dabei war er das nur von Hitlers Gnaden. Der Diktator gab ihm den Titel, kurze Zeit später starb Kriebel. Und so kann man sagen: Kriebel war vieles, fanatischer Gegner der Republik, Stabsoffizier unter Erich von Ludendorff im Ersten Weltkrieg, SA-Anführer, Militärberater im Ausland. Botschafter war er nicht wirklich.

In der ersten Reihe
der Putschisten

In der Literatur über die NS-Zeit taucht Kriebel nicht prominent auf. Für einen, der mit Hitler in Festungshaft saß, habe Hermann Kriebel im „Dritten Reich“ keine große Karriere hingelegt, urteilte schon ein Zeitgenosse. In der Tat bewegte sich Hermann Kriebel (1876 bis 1941) nur kurz in der ersten Reihe der nationalsozialistischen „Bewegung“.

In die Vorbereitungen zum Hitler-Putsch in München war er aber bis ins Detail eingeweiht. Am 9. November 1923 marschierte Kriebel neben Hitler, Göring und Ludendorff an der Spitze der Putschisten – und ins Gewehrfeuer der bayerischen Polizei, die den Aufstand niederschlug. Wie Hitler brachte sich Kriebel in Sicherheit – im Bayerischen Wald. Doch auch er wurde aufgespürt. Zusammen mit Hitler wurde er in einem skandalösen, geradezu entgegenkommenden Gerichtsverfahren zur Minimalstrafe von fünf Jahren verurteilt. Die Staatsmacht zeigte sich dem Polit-Kriminellen Hitler gegenüber über das Urteil hinaus nachsichtig. Die Haftumstände waren komfortabel, Besuch offenbar jederzeit möglich. Ein Foto zeigt Hitler in geselliger Runde. Und Hermann Kriebel sitzt mittendrin.

Nach nicht einmal einem Jahr kamen die Umstürzler wieder frei. Kriebel machte mäßige Karriere in Partei und SA. Dem „Führer“ kam er nie mehr so nahe wie in der ganz frühen Zeit, welche die Nationalsozialisten propagandistisch als „Kampfzeit“ verklärten. Kriebel ging nach China, wurde Militärberater Tschiang Kai-sheks, war irgendwann Generalkonsul in Shanghai.

Einmal noch spielte Kriebel eine Rolle – als Toter im Propaganda-Zirkus der Partei. Hitler ließ den verstorbenen Mitstreiter aus Putsch-Zeiten im Februar 1941 mit einem pompösen Staatsakt unter Teilnahme von SS und Partei-Prominenz ehren. „Die Verschworenen von 1923 versammelten sich zum letzten Male um einen ihrer hervorragendsten militärischen Führer von damals“, hieß es in einem Zeitungsbericht über die Totenfeier. Hitler grüßte mit erhobenem rechten Arm den Sarg, der auf einem Katafalk vor der Feldherrnhalle ruhte. Anschließend wurde der Sarg zur Beisetzung nach Aschau überführt.

Kritik vom
Geschichtsverein

Das Grabmal findet so, wie es ist, nicht jeder in Ordnung. Natascha Mehler, Vorsitzende des Geschichtsvereins Aschau, sagt: „Ich finde einen Stahlhelm als Grabschmuck weder angemessen noch zeitgemäß, vor allem, wenn man die Biografie Kriebels und seine NS-Vergangenheit bedenkt.“ Auch als „Botschafter im eigentlichen Sinne“ könne man Kriebel „wohl kaum“ bezeichnen.

Ursprünglich war am Helm noch ein Hakenkreuz angebracht. Doch nach einem Hinweis von Sabine Schalm vom Münchner Institut für Stadtgeschichte und Erinnerungskultur an die Gemeinde wurde das Hakenkreuz in diesem Jahr entfernt. Immerhin. Von der Gemeinde Aschau war am Montag, 21. November, niemand für eine Stellungnahme erreichbar.

Artikel 7 von 11