Bad Feilnbach – Um 52 Wohnungen, verteilt auf fünf Häuser, wird Bad Feilnbachs „neue Mitte“ bald reicher sein. Doch auf dem Tannenhof-Areal, auf dem sie errichtet werden, entsteht noch viel mehr als Wohnraum. Eines der Herzstücke ist das Bad Feilnbacher Wohnzimmer. Ein ebenerdiger, barrierefreier Raum mit Terrasse. Dieser soll nicht nur den Bewohnern des neuen Viertels, sondern allen Bürgern kostenfrei offen stehen – sei es zum Schach- oder Kartenspielen, Lesen, Stricken oder einfach nur Ratschen. „Und zwar komplett ohne Konsumzwang. Dieser Gedanke war uns sehr wichtig“, betonte Wallner.
Zentraler Treffpunkt ohne Konsumzwang
Der Kritik, dass man damit der örtlichen Gastronomie Konkurrenz machen und Schwarzarbeit fördern würde, widersprach er. „Das ist im Grunde wie beim Heimgarten im ersten Stock. Nur dass dieser Treffpunkt zentral liegt und ebenerdig erreichbar ist.“ Zudem könne das Wohnzimmer gegen Miete fest gebucht werden, beispielsweise für private Feiern.
Insgesamt neun barrierefreie, 15 Quadratmeter große „Appartements“, zwei große Gemeinschaftsbäder, eine Küche und einen Gemeinschaftsraum umfasst die Einrichtung „Ambulant betreutes Wohnen“ der Ernst-und-Hilde-Gundel-Stiftung im selben Haus. Hinzu kommt ein eigener Gartenbereich. Wie eine größere Studentenwohngemeinschaft könne man sich das vorstellen, veranschaulichte Wallner.
„Dazu soll die Möglichkeit bestehen, Angebote wie Haushaltshilfe, Pflege oder Ergotherapie zuzubuchen.“ Die Preise für das Wohnen seien vergleichbar mit denen eines „normalen Alten- oder Pflegeheimes“, wobei sich die Einrichtung ansonsten aber absolut von einem Heim unterscheide. Wichtiger Gedanke sei unter anderem, dass sich die Gemeinschaft so weit wie möglich selbst verwalte.
„Uns war es wichtig, in der Ortsmitte auch Spezialformen des Wohnens zu schaffen. Hier sollen Bad Feilnbacher Bürger jeden Alters, die nicht alleine wohnen können, die Möglichkeit haben, trotz Einschränkungen ihren Alltag in ihrem Heimatort selbst zu gestalten“, betonte der Bürgermeister. Die Lage der WG in unmittelbarer Nähe zu Einkaufsmarkt, Kirche, Schule, Rathaus, Bushaltestelle, Schwimmbad, Banken und Gastronomie sowie das „Wohnzimmer“ mit Terrasse und eine Kinderbetreuungsstätte (Begegnung zwischen Jung und Alt) im Quartier selbst böten viele Gelegenheiten, sich in der Gemeinschaft zu organisieren. Zudem werde auch die Nachbarschaftshilfe im Tannenhof ihr neues Quartier beziehen.
Während der benachbarte Einkaufsmarktbesitzer für die Nachbarschaftshilfe überdachte Pkw-Stellplätze zur Verfügung stelle, biete die zweispurige Tannenhof-Tiefgarage insgesamt 81 Stellplätze. „Dafür sind wir als Gemeinde auch erstmals von unserer ansonsten streng gehandhabten Stellplatzsatzung abgewichen. Denn so ist die Vermischung angesichts der sehr heterogenen Bewohnerstruktur leichter“, erklärte Wallner. Es gibt dort für die Bewohnergemeinschaft auch eine Werkzeugkammer beziehungsweise Werkstatt sowie Abstellplätze für Fahrräder und Mülltonnen.
Hier habe man sich das Konzept des ebenfalls von Quest realisierten „Klosteranger“ in Weyarn angeschaut: „Die Tiefgarage war zu keiner Zeit wirklich voll“, zeigt sich Wallner überzeugt, dass die Lösung auch in Bad Feilnbach funktioniert. Denn die Kommune werde auch zwei Carsharing-Autos anschaffen, die im Gemeindeparkhaus am Rathaus stationiert werden. Diese können, so Wallner, von allen Bad Feilnbachern genutzt werden. „Wer das weiß, braucht vielleicht auch gar kein eigenes Auto.“
Bis September 2023 soll nicht nur das „betreute Wohnen“ an den Start gehen, sondern auch die neue, 300 Quadratmeter große Kindertagesstätte mit 25 Kindergarten- und zwölf Krippenplätzen, deren Räumlichkeiten in Abstimmung mit Fachkräften aus der Gemeinde entwickelt worden seien. Einzig ein Spielplatz habe auf dem Areal keinen Platz.
Wohnungsgrößen bis zu 120 Quadratmeter
Die Wohnungen sind seiner Aussage nach bis auf zwei sogenannte Worklabs, die nun auch zu Wohnräumen umgebaut werden sollen, ausverkauft. Hier habe eine ganze Reihe von Bad Feilnbachern das von Quest eingeräumte Vorkaufsrecht für Bürger der Gemeinde genutzt. Die Wohnungsgrößen reichen von rund 45 bis 120 Quadratmeter.
Auf die Höhe der Gebäude angesprochen, merkte Wallner an, dass man bei der Bebauung irgendwann nicht mehr „in die Fläche“ gehen könne.
„Die höchsten Gebäude sind circa 20, 30 Zentimeter höher als der Prechtl-Einkaufsmarkt nebenan. Und auch die vorherige Bebauung mit Tannenhof und Diem war hoch.“ Das Gemeindeoberhaupt appellierte an die Bürger: „Bitte gebt dem Quartier eine Chance. Lasst es erst einmal fertig werden und uns daran gewöhnen.“