„Steffeln“ sorgt für Ärger

von Redaktion

„Steffeln“, das ist für viele Brauchtumskundige, wenn die Burschen am Stephanitag zu ihren Madln gehen und mit denen schnapseln. Halfing hat seine eigene Variante des „Steffelns“. Doch die droht, aus dem Ruder zu laufen.

Halfing – Toni Hötzelsperger und Armin Höfer sind ausgewiesene Kenner oberbayerischen Brauchtums. Das alkoholhaltige „Steffeln“ ist Hötzelsperger – im Gegensatz zu Höfer – auch ein Begriff. Die Halfinger Variante nicht. Mit der kennen sich aber Inge Erb und Regina Braun aus.

Ursprünglich
darüber gelacht

Es ist in der Gemeinde ein alter Brauch, in der Nacht zum zweiten Weihnachtstag vergessene, liegengelassene und nicht winterfest gemachte Gegenstände – vor allem landwirtschaftliche Geräte auf den Feldern – zusammenzutragen, um diese am Kirchplatz zur Schau zu stellen. „Ursprünglich wollte man mit dem „Steffeln“ g‘schlamperte Bauern erziehen“, erzählt Regina Braun.

Nicht nur die, weiß Inge Erb. Sie ist Vorstandsmitglied des Gautrachtenverbandes I und nicht nur deshalb an alten Bräuchen interessiert. Die gebürtige Söchtenauerin erinnert sich, dass es auch bei ihr im Dorf viele, viele Jahre üblich war, Stehen- und Liegengelassenes an den Dorfplatz zu bringen. „Da sind die Leute dann halt hin, haben ihr Graffl abgeholt und aufgeräumt – und drüber gelacht“, erzählt Inge Erb amüsiert. Das „Steffeln“ scheine sich in dieser Form aber nur noch in Halfing erhalten zu haben. Ob die Landwirte mittlerweile ihre Heuwender und Co. ordentlicher einwintern oder was sonst der Grund ist, ist nicht klar. Aber mittlerweile ziehen in der Nacht zum 26. Dezember „dunkle Gestalten mit Kapuze“, so beschreibt es Heike Authaler, durch die Wohngebiete und nehmen aus Gärten und von Terrassen alles mit, was nicht niet- und nagelfest ist. „Da wird geschleppt und gebuckelt. Es kann fast nicht schwer genug sein“, so Heike Authaler, die mitten im Ort wohnt und am zweiten Weihnachtstag das zweifelhafte Vergnügen hat, vor ihrer Haustüre all das – von Kugelgrill über Austragsbankerl und Ölfässer bis zum Trampolin – zu finden, was Halfinger Jugendliche in der Nacht dort deponierten.

Was Heike Authaler erbost: Es wird vor keiner Gartentür Halt gemacht, im Gegenteil, die wird eher noch mitgenommen. „Ist uns auch schon passiert“, bestätigt Regina Braun, die Bürgermeisterin. Auch für sie hat das „Steffeln“ in den letzten Jahren einen etwas faden Beigeschmack bekommen. Es wurden vermehrt Objekte von Terrassen oder Gärten mitgenommen und teilweise auch beschädigt. Das habe mit Brauchtum nichts zu tun. „Ich bitte darum, sich wieder auf den ursprünglichen Sinn des ,,Steffelns“ zu besinnen und genau auf die Zielgruppe „Vergessenes und Unaufgeräumtes“ zu schauen“, schrieb Regina Braun vor Weihnachten in einem Bürgerbrief. 

Laut Heike Authaler verpuffte dieser Appell. Zwischen Mitternacht und Morgengrauen seien wieder junge Leute unterwegs gewesen und hätten von Privatgrundstücken alles mögliche herbei getragen. Finanzieller oder ideeller Wert sei ihnen völlig egal, sie achteten auch nicht darauf, ob etwas bei der Verschleppungsaktion beschädigt werde oder nicht. Warum Heike Authaler die Zeiten so genau weiß? Weil ihre Familie keine Lust auf morgendliche Aufräumaktionen am zweiten Weihnachtstag hatte. „Wir blieben als Familie auf, bei Lagerfeuer und wärmenden Getränken, und hielten so die dunklen Gestalten, die wir bis morgens um 7 Uhr schleppen und herumlungern sahen, fern aus unserem Garten.“ Dafür hätten sie sich „übelste Beschimpfungen“ anhören müssen. Ja, sie seien am zweiten Weihnachtstag sehr müde gewesen. Aber auch froh, dem „Vandalismus unter dem Deckmantel des Brauchtums die Stirn geboten zu haben“. Was sonst niemand tue.

Im Ernstfall
an Polizei wenden

Regina Braun findet zwar auch, dass die Ausmaße des „Steffelns“ nicht mehr lustig sind. Und wenn es sich nicht bessere, müsste die Gemeinde vielleicht wirklich über ein Verbot nachdenken. Eine Vorstellung, die der Bürgermeisterin nicht schmeckt, weil sie mit dem Ursprung des Brauches gut leben kann. Für dieses Jahr kann sie Betroffenen nur raten, sich bei Sachbeschädigungen an die Polizei zu wenden. Und für 2023 bleibt die Hoffnung, dass beim „Steffeln“ wirklich nur noch Vergessenes und Unaufgeräumtes auf dem Dorfplatz landet.

Artikel 3 von 11