Kolbermoor – Wenn Bankkunden plötzlich die Nachricht bekommen, dass es auf ihrem Konto ungewöhnliche Geldbewegungen gegeben hatte, ist das immer ein Schock. So wie ihn jetzt Helmut Wilhelm (66) aus Kolbermoor Mitte November erlebt hat. Doch der Schock ist mittlerweile blanker Wut gewichen. Denn seine Bank, die DKB AG (Deutsche Kreditbank AG) mit Sitz in Berlin, verwehrt ihm seitdem Einblick und Zugriff auf sein Konto. „Ich kann noch nicht mal sagen, ob die Betrüger vielleicht sogar mein ganzes Konto leer geräumt haben“, sagt der 66-Jährige, der in seiner Verzweiflung nicht nur die Polizei, sondern auch eine Rechtsanwältin eingeschaltet hat.
Schock-Nachricht am 21. November 2022
Am 21. November 2022 hatte Wilhelm von der DKB AG eine E-Mail mit der Nachricht erhalten, dass zwei Überweisungen für sein Konto angelegt worden seien – eine Überweisung in Höhe von 91500 Euro auf ein Konto in Spanien, eine Überweisung in Höhe von 14000 Euro auf ein Konto in Italien. In einer weiteren E-Mail am selben Tag teilte die Bank dem 66-Jährigen mit, dass für die Freigabe der Aufträge über das sogenannte TAN-Verfahren ein neues Mobilgerät registriert worden sei. „Ich habe gedacht, mich trifft der Schlag, als ich am 24. November diese E-Mail im Postfach entdeckt und gelesen hatte“, erinnert sich Wilhelm zurück. Weder hatte er nach eigener Aussage die Überweisungsaufträge angelegt noch ein neues Mobiltelefon registriert.
Zunächst richtige
Schlüsse gezogen
Zunächst hatte die Bank aber scheinbar die richtigen Schlüsse gezogen: In der E-Mail, in der die Bank Wilhelm über die Überweisungen informiert hatte, teilte das Unternehmen ihrem Kunden auch mit, „aus Sicherheitsgründen die Überweisungen Ihrem Konto wieder“ gutzuschreiben, sollte der 66-Jährige die Transaktion nicht binnen zwei Tagen bestätigen.
Als der Kolbermoorer den dubiosen Überweisungsaufträgen, die nicht von ihm stammten, auf den Grund gehen wollte und telefonisch Kontakt mit der DKB AG aufnahm, teilte ihm dort ein Mitarbeiter aber mit, dass es im Zeitraum zwischen 21. und 24. November zu drei weiteren Abbuchungen gekommen sei, die er nicht angewiesen hatte – in einer Gesamthöhe von 34800 Euro. Wilhelm ließ daraufhin das Konto sperren und schaltete die Polizei ein. Dass die Kontosperrung ihn aber letztlich bis heute schlaflose Nächte bereiten sollte, damit hatte der Kolbermoorer, der vor einiger Zeit aus Oberhaching (Landkreis München) in die Stadt an der Mangfall gezogen war, zu diesem Zeitpunkt noch nicht gerechnet.
Das Problem: Der 66-Jährige weiß bis heute weder, ob die beiden Auslandsüberweisungen wirklich zurückgehalten worden sind, noch, ob es eventuell zu weiteren betrügerischen Transfers gekommen ist. Denn durch die Sperrung hat Wilhelm seit mehr als fünf Wochen keinen Zugriff mehr auf das Konto. „Ich bin mit meinem Latein am Ende“, sagt der 66-Jährige, der das Geld angespart hatte, um ein finanziell sorgenfreies Leben im Ruhestand führen zu können. Beim Versuch, sich einen Überblick über den möglichen Schaden zu verschaffen, ist ihm die Bank alles andere als eine Hilfe.
Auf die Frage, was mit den drei Abbuchungen in Höhe von 34800 Euro passiert sei, habe beispielsweise auch der DKB-Mitarbeiter, den er am 24. November am Telefon hatte, keine Antwort, so der 66-Jährige.
Zwar meldete sich am 2. Dezember laut Wilhelm ein weiterer Mitarbeiter der Bank. Dieser teilte ihm aber nur mit, dass es bis zu sechs Wochen dauern könne, bis er neue Zugangsdaten zu seinem Konto erhalte. Weitere Anfragen müsse er schriftlich an eine bestimmte E-Mail-Adresse senden. Was Wilhelm auch tat. Seitdem hüllt sich das Kreditinstitut in Schweigen. E-Mails bleiben unbeantwortet, Kontaktversuche per Telefon versanden oftmals in der Warteschleife.
Immer weiter
verbunden
„Wenn ich dann mal jemanden bei der DKB am Telefon habe, dann werde ich von einem Mitarbeiter zum nächsten verbunden“, klagt Wilhelm. Letztlich würde er stets vertröstet und erneut darauf hingewiesen, seine Anfragen schriftlich per E-Mail zu senden. Nicht einmal auf die Forderung Wilhelms, einen Kontoauszug zu erhalten, um die Abbuchungen überprüfen zu können, hat das Unternehmen bislang reagiert. So etwas habe ich ehrlich gesagt noch nie erlebt“, sagt Janett Moll, Anwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht mit Kanzlei in Rosenheim, die Wilhelm in seiner Verzweiflung kontaktiert hat. „Vor allem der Punkt, dass die DKB es nicht einmal schafft, meinem Mandanten einen Kontoauszug zukommen zu lassen, ist mehr als befremdlich.“
Als ersten Schritt hatte die Anwältin daher Anfang Dezember der DKB eine „Vorstandsbeschwerde zur Vorgehensweise bei Online-Banking-Betrug“ per Einschreiben zukommen lassen, in der sie unter anderem den Auskunftsanspruch ihres Mandanten gegenüber dem Kreditinstitut geltend machte. Als Frist „für den Zugang der Auskunft“ hatte Moll der Bank den 16. Dezember 2022 gesetzt – und mit einer Klage gegen das Bankenhaus gedroht, sollte das Unternehmen der Forderung nicht nachkommen. Die Frist verstrich, erst am 19. Dezember hatte Moll dann eine Antwort im E-Mail-Postfach – mit einer Bitte um Fristverlängerung bis zum 14. Januar 2023. „Wir bitten um Verständnis, dass wegen erhöhtem Krankenstand in- folge der Erkältungswelle und den anstehenden Feiertagen eine fristgerechte Bearbeitung nicht möglich ist“, endete das Schreiben, das zwar mit einem Aktenzeichen versehen worden war, aber keinen Ansprechpartner benannte. Was für Wilhelm und Moll letztlich das Fass zum Überlaufen gebracht hat. „Wir haben beim Landgericht Traunstein Klage eingereicht“, so Moll, die die Rechte ihres Mandanten nun notfalls vor Gericht durchsetzen lassen will. Und wie reagiert die DKB AG auf die Vorwürfe ihres Kunden? Angaben zu dem konkreten Fall lehnt die Bank mit Hinweis auf das Bankgeheimnis ab. „Personenbezogene Informationen“ könne sie erst nach „Vorlage einer Vollmacht“ erteilen. Allgemein teilte ein DKB-Sprecher den OVB-Heimatzeitungen mit, dass ein Konto gesperrt würde, so bald ein Kunde Kontobewegungen melde, die er nicht getätigt habe. „Für die monierten Buchungen werden umgehend Überweisungsrückrufe gesetzt“, teilte DKB-Sprecher Tobias Campino-Spaeing den OVB-Heimatzeitungen schriftlich mit.
Kunden, deren Konten gesperrt worden seien, würden „schnellstmöglich nach Bekanntwerden und nach Bearbeitung des Anliegens“ neue Zugangsdaten zur Verfügung gestellt, wobei die Bearbeitung bei komplexen Fällen gegebenenfalls „länger dauern“ könnte. Laut Campino-Spaeing habe der Kunde aber auch die Möglichkeit, „Kontoauszüge per Post über unsere Hotline/per E-Mail“ zu beauftragen. Auf die Frage, ob es bei Kunden der DKB AG in den vergangenen Wochen vermehrt zu Betrugsverdachtsfällen gekommen sei, antwortet das Unternehmen ausweichend.
„Bankkunden stehen generell im Fokus von Betrügern und können beispielsweise auf gefälschte Internetseiten reinfallen“, so die Mitteilung des DKB-Sprechers. So weit daraus betrügerische Kontobewegungen resultierten, sei eine schnelle Reaktion seitens des Kunden erforderlich. „Genaue Angaben zum Aufkommen können wir Ihnen leider nicht geben“, so Campino-Spaeing weiter. Auch zu einem möglichen Gerichtsprozess will sich das Unternehmen nicht äußern: „Ich bitte um Verständnis, dass wir uns zu laufenden juristischen Verfahren grundsätzlich nicht äußern.
Wochenlanges Warten und Hoffen
Zudem greift auch hier weiterhin das Bankgeheimnis, da es sich um einen kundenbezogenen Sachverhalt handelt“, teilte der DKB-Sprecher auf Anfrage der OVB-Heimatzeitungen mit.
Wilhelm bleibt nun zunächst nichts anderes übrig, als abzuwarten. „Das ist ein ganz komisches Gefühl, wenn man wochenlang so in der Schwebe hängt und nicht weiß, welchen Schaden die Betrüger wirklich angerichtet haben.“ Mit der DKB hat er indes so gut wie abgeschlossen. „Ich werde wohl wieder zu meiner eigentlichen Hausbank zurückgehen“, sagt der 66-Jährige. „Da weiß ich wenigstens, dass ich einen Ansprechpartner habe, der sich um mein Anliegen kümmert.“