Höslwang – Auf ihren Tellern richten Sterneköche feinste Speisen an: Manuela Hollerbach, 51, stellt in ihrer Töpferei in Höslwang Keramik her. Hollerbachs Marke heißt DØRFKIND:
Eine Mischung aus Kindheitserinnerungen, dem Glücksgefühl beim Rumbatzen, und ihrer Liebe zu skandinavischem Design. Deshalb das durchgestrichene O. Vor Kurzem rettete die Keramikerin Spitzenkoch Jan Hartwig, der bis vor einem Jahr drei Sterne für den Bayerischen Hof erkochte, die Eröffnung seines Restaurants „Jan“ in München.
Der Drei-Sterne-Koch Jan Hartwig präsentiert sein Essen auf Keramik aus Höslwang. Wie kommt’s?
Er ist kurz vor der Eröffnung seines neuen Restaurants in München auf mich zugekommen. Er brauchte dringend noch einige personalisierte Stücke, die Zeit war knapp. Seine Geschirrserie hatte er schon beinander, ich habe für ihn Messerbänkchen gemacht, Schalen fürs Brot, spezielle Podeste für kleine feine Speisen. Er kannte meine Keramik aus dem Zwei-Sternerestaurant „Achental“ – offenbar fand er meine Stilistik gut.
Dann ist Jan Hartwig nicht der einzige Sternekoch in Ihrer Kundschaft?
Er ist der dritte. Da ist noch Rico Birndt vom „Mural Farmhouse“ in München. Er hat sich einzelne Stücke von Keramikern aus ganz Europa herausgepickt, darunter meine. Am meisten habe ich für Edip Sigl vom „Achental“ im Chiemgau gemacht, sicher 1500 Teile. Wir tauschen uns eng aus: So entstehen besondere Teile, mit Gebrauchsgeschirr hat das wenig zu tun.
Was machen Sie zum Beispiel für den Sternekoch?
Gerade mache ich eine Koralle, inspiriert vom Sommerurlaub in Dänemark. Eine Form mit wellenartigen Bewegungen, die davon lebt, dass die Ränder stark ausgerissen sind. Jeder Teller ein Unikat.
Wie kamen Sie beide denn zusammen?
Edip Sigl ist auf meine Keramik aufmerksam geworden, weil er bei seiner Nachbarin zum Essen eingeladen war und sie meine Teller hat. Ein absoluter Glücksfall. Durch die Zusammenarbeit mit ihm habe ich mir noch mal eine andere Sichtweise auf das Produkt zugelegt, ich achte mehr darauf, was präsentiert wird – und wie sich das in meiner Keramik wiederfindet.
Geht in der Sterneküche auch was zu Bruch? Müssen Sie Nachschub liefern?
Das große Glück für mich ist: Edip Sigl will für neue Gerichte auch neue Teller, auf denen die Kreationen präsentiert werden. So geht mir die Arbeit nicht aus, obwohl auch die alten Teller weiter verwendet werden. Kaputt geht erstaunlich wenig. Nur Soßenkännchen hat Sigl neulich nachbestellt. Vermutlich geht es da manchmal in der Küche rund.
Und Jan Hartwig haben Sie seine Bestellung bis vor die Haustür geliefert?
Genau. Die Zeit war wahnsinnig knapp und wir hatten vorher nur über Telefon, Video oder Whatsapp kommuniziert. Es war schön, dass wir uns getroffen haben und ich ihm meine Kisten übergeben konnte. Das war quasi in letzter Minute, am Abend der Vorpremiere, bei der meine Stücke zum ersten Mal zum Einsatz kamen. Hartwig hatte viel um die Ohren, aber er hat sich die Zeit genommen, mich herumzuführen. Das sind wunderbare Begegnungen in meinem Berufsleben!
Wie lange brauchen Sie denn für einen Teller?
Schwierige Frage. Es sind viele Handgriffe und Herstellungsschritte nötig. Nicht nur das Drehen, das für viele im Vordergrund steht. Danach wird das Produkt abgedreht, in Form gebracht, getrocknet, gebrannt, glasiert, noch mal gebrannt oder mit Spezialeffekten versehen. Bis einer fertig ist, vergehen Wochen.
Wie viele Mitarbeiter haben Sie?
Ich bin allein. Die Werkstatt und meinen Laden im ehemaligen Klosterstall in Höslwang habe ich seit sechs Jahren – den Beruf der Keramikerin habe ich vor 30 Jahren erlernt. Dazwischen war eine lange Pause, ich habe studiert und als Produktdesignerin gearbeitet. Das mache ich immer noch. Etwa zur Hälfte.
Warum sind Sie zurück zur Töpferei?
Das Material fasziniert mich, das plastische Arbeiten. Das Handwerk hat etwas Geerdetes – ein guter Ausgleich in unserem digitalen Zeitalter.
Waren Sie schon einmal in einem der SterneLokale und haben von Ihrem Geschirr gegessen?
Im „Achental“ war ich bei der Eröffnung. Wenn man die Masse an Geschirr sieht, das aus der Küche kommt – da habe ich mich geehrt gefühlt.
Warum ist das Geschirr so wichtig?
Die Menschen legen mehr Wert darauf, was sie essen und wie es präsentiert ist. Wenn man sich so viel Mühe gibt beim Kochen, auch im privaten Bereich, dann soll es auch schön aussehen. Klar, ein weißer Teller ist eine sichere Nummer. Aber es gibt so viele andere Möglichkeiten.
Kaufen auch ganz normale Familien Ihr Geschirr?
Natürlich. Gebrauchsgeschirr für den Alltag ist immer mehr gefragt. Viele kaufen natürlich auch einfach nur eine Salatschüssel, aber es kommen einige zu mir in den Laden, die ihr altes Geschirr nicht mehr sehen können. Und die Wertschätzung für mein Handwerk und individuelles Geschirr ist sehr groß.
Was töpfern Sie am liebsten?
Das ist ganz unterschiedlich. An manchen Tagen drehe ich gerne große Teile, dann finde ich es spannend, mit einem Kraftakt die Masse in Form zu bringen. An anderen Tagen finde ich es angenehmer, kleine, feine Sachen herzustellen. Das Drehen von Serien, die Wiederholung der Arbeitsschritte und die Wiederholung der Form sind für mich eine Meditation.
Und haben Sie schon ein neues Projekt für die Sterneküche?
Ja! Aktuell mache ich eine neue Serie fürs „Achental“.
Interview: Carina Zimniok