Ein Dorf baut sich seinen Saloon

von Redaktion

Der Stolz des ganzen Dorfes steht momentan am Flintsbacher Sportplatz und trägt den Namen „Apachen-Pub“. Mit ihrer extravaganten Partylocation hat die örtliche Faschingsgesellschaft aber nicht nur eine Welle der Begeisterung ausgelöst, sondern beweist vor allem, was möglich ist, wenn man es nur will.

So geht‘s in Flintsbach weiter

Flintsbach – Schon beizeiten wusste man in den Reihen der Faschingsgesellschaft Flintsbach-Fischbach und deren Fans, dass es ohne Eigeninitiative schlecht ausschauen würde mit der uralten Tradition, die dort im Inntal einen großen Stellenwert hat. Denn die Bälle konnten in der gewohnten Größe aufgrund der Brandschutzbestimmungen nicht mehr im Saal des Gasthauses Falkenstein durchgeführt werden.

„Wir brauchen etwas, wo wir unser ganzes Zeug drin lassen können. Ein Zelt wäre, abgesehen von den Heizkosten, nicht gemütlich und die Turnhalle in Fischbach macht optisch nix her“, war man sich einig. Und mindestens so viele Besucher wie in der Vergangenheit – „beim Schwaiger waren es gut über 200“ – sollten hineinpassen.

Mobile Partyhütte
als ideale Lösung

Da kam der frühere Präsident Sepp Obermair 2019 vom Biathlon-Weltcup zurück – mit Fotos im Gepäck von einer mobilen, riesigen „Partyhütte“. Anruf beim Verleiher Schmid Kunstholzbau in Pleiskirchen, Angebot gecheckt und fix war das Arrangement – auch wenn das Kosten im fünfstelligen Bereich bedeutete. „Wir haben damals noch gar nicht genau gewusst, wo wir die Hütte aufbauen, aber wir wollten es unbedingt machen.“ Nun steht sie auf dem Sportgelände des ASV Flintsbach, das die Gemeinde zur Verfügung gestellt hat.

Geplant war das Ganze eigentlich für die Saison 2020/ 2021, lag aber aufgrund der Pandemie auf Eis. Doch für die aktuelle Faschingssaison packte die Gesellschaft mit dem eigens für das Projekt gegründeten Faschingsverein Flintsbach-Fischbach an. Kurz vor Weihnachten 2022 trafen die sechs Sattelzüge voller Material am ASV-Sportplatzgelände ein. Dort galt es erst, den kompletten Platz, auf dem die Hütte stehen sollte, mittels Schneefräsen zu räumen.

Zehn Vereinsmitglieder und vier Mann aus Pleiskirchen bauten innerhalb von zwei Wochen die Außenhülle auf, begleitet von Kälte und starkem Wind. „Aber der Aufbau hat einfach auch Spaß gemacht“, sagt Sepp Obermair. In der Woche vor Heiligabend stand die riesige Hütte samt Vorbau, Garderobe und Bar. „Zwischen den Feiertagen haben wir dann innen noch alles fertig gemacht“, so der Präsident der Faschingsgesellschaft, Franz Astner.

Was so flott klingt, war ein gewaltiger Kraftakt für eine verhältnismäßig kleine Truppe – und nötigt nicht nur Ehrenpräsident Schorsch Krapfl Respekt ab: „Sensationell, was der Verein da gestemmt hat und wie viele in den rund 1000 Stunden mitgeholfen haben. Es sind viele Selbstständige darunter. Ein jeder hat seine Firma stehen lassen, grad in den Wochen vor Weihnachten.“ Was ihn noch schwer beeindruckt habe: „Es ist in der ganzen Zeit kein einziges lautes Wort gefallen, alles wurde in Ruhe ausgeredet, jeder hat überall mit angepackt.“

„Der ganze Ort hat uns extrem unterstützt. Es ist gigantisch, wie auf einen Schlag alle zusammenhelfen, wenn es um die Gemeinschaft geht“, betont Franz Astner. Viele Firmen leisteten zum Teil unentgeltlich Unterstützung in Form von Maschinen, Material, Geschirr, Spüle und vielem mehr. Die Faschingsgesellschaft Neubeuern hat zudem ihre Bühne zur Verfügung gestellt, der Hüttenverleiher gewährte einen Preisnachlass: „Er hat gesagt, dass es ihm sehr gefällt, was wir hier machen.“ Und immer gab es Flintsbacher, die mit einer Brotzeit vorbeischauten. Wie sehr sich der Ort mit der Faschingstradition identifiziert, zeigt auch der Zuwachs des 2020 zur Unterstützung der Faschingsgesellschaft gegründeten Faschingsvereins: „Die Mitglieder der Faschingsgesellschaft sind auch dem Verein beigetreten“, freuen sich Astner und Hofmarschall Matthias Nickl, die auch den Ablauf der Bälle logistisch planen: „Für jeden Bereich sind eigene Teams mit einem Ansprechpartner eingeteilt, die ihre Aufgaben selbstständig organisieren, etwa die Bar, die Musik- und die Beleuchtungsanlage oder die Theke. Das läuft reibungslos.“ Platz ist nun für weit mehr als doppelt so viele Gäste wie vorher. Auf 600 Quadratmetern gibt es nicht nur 450 Sitzplätze, Bühne und Sanitäranlagen, sondern auch eine Bar mit 100 Quadratmetern. Logistisch standen die Verantwortlichen vor einer Herausforderung. So galt es die Strom- und Wasserzufuhr sowie die (40 Meter lange) Abwasserableitung, die Heizung und vieles mehr zu organisieren und installieren. „Für den Brandschutz gab es außerdem noch eine gesonderte Abnahme durch das Landratsamt“, so Astner.

Die Generalprobe war das Helferfest, das drei Tage vor dem Krönungsball stattfand und zugleich der Testlauf war. Trotz allem war die Spannung groß, wie das Projekt in der Bevölkerung ankommen würde, auch wenn das „Apachen-Pub“ getreu dem Faschingsmotto „Wild Wild West“ seit Wochen Gesprächsthema im Dorf war. Der Andrang beim Krönungsball war riesengroß und wurde beim Mottoball noch übertroffen. Von Anspannung ist nichts zu merken: „Wenn der Ball läuft, dann läuft er.“

Für das Essen sorgt Sportheim-Wirt Herbert Reiter, Herr über die Schenke ist Hans Stocker und für den durchorganisierten Service sorgt das Team von Chef-Bedienung Lisa Stocker. Dass bis 4.30 Uhr morgens gefeiert werden darf, hatte der Gemeinderat im Vorfeld genehmigt. Dafür, dass die Faschings-Crew nach der Veranstaltung „frei hat“, sorgen laut Krapfl die Eltern der Aktiven. Sie räumen auf und machen alles wieder blitzblank. „Wenn die Jungen arbeiten, damit wir feiern können, arbeiten wir, damit sie dann frei haben.“

Der Ehrenpräsident ist stolz auf die Nachfolger: „Bei uns ist es lange Tradition, dass die jungen Leute mit anpacken. Doch in der heutigen Zeit kann es schnell passieren, dass einer sagt, ,das tu ich mir nicht an‘.“ Dass die jungen Leute von Flintsbach mit Leib und Seele bei der Sache sind und die 135-jährige Tradition hochhalten, „des is a Wahnsinn, des is stark. Wir alle ziehen den Hut vor euch“. Doch beendet ist die Arbeit nach dem Kehraus am 21. Februar noch nicht. „Zuerst kommt alles raus, was mit Fasching zu tun hat. Dann richten wir für unser Starkbierfest her“, sagt Astner.

Neuauflage
der Partyhütte

Danach wird die Hütte wieder abgebaut. Aber wie schaut es für die Saison 2024/2025 aus? „Wir rechnen nicht wirklich mit einer Alternative, deshalb machen wir es auf alle Fälle wieder mit der Partyhütte, auch wenn es viel Arbeit ist und viel Geld kostet“, verspricht der Präsident. Ob man diese Leistung aber dann noch weiter erbringen könne, lässt sich kaum sagen. „Im Moment herrscht natürlich große Euphorie, jeder will es mal gesehen und erlebt haben und der Andrang ist riesig. Aber es muss schon viel zusammenpassen.“

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