Wie Otfried Preußler weiterhin wirkt

von Redaktion

Die „Stiftung Aschau“ des Kinderbuchautoren zahlt Behandlungen für kleine Patienten

Aschau – Eine Kletterwand, der Spielplatz und die beiden Schildkröten Kasimir und Molly – in der Orthopädischen Kinderklinik Aschau gibt es allerhand zu entdecken. In den Gängen hängen gemalte Bilder der kleinen Patienten. Auf den Türen kleben Sticker von Jungen und Mädchen im Rollstuhl oder mit einem verbundenen Kopf. Sie tragen Umhänge und Masken, so wie Superhelden. „Das soll die Kinder ermutigen“, sagt Klinik-Geschäftsführer Peter Wichelmann.

Ihm scheinen die kleinen Patienten am Herzen zu liegen. Wichelmann präsentiert jeden Bereich des „Kind im Zentrum“, dazu gehören die Klinik und heilpädagogischen Zentren. Die Stiftung „Hilfswerk Aschau“ unterstützt die Einrichtungen in Aschau. Ulrich Feldmann ist Vorsitzender der Stiftung und wirkt, als sei er in seinem Element. Er erinnert sich an Kinder aus Angola, der Ukraine und an eine Patientin aus Serbien.

„Familie kann sich Therapie nicht leisten“

Im vergangenen Jahr habe die Klinik das Mädchen behandelt. Feldmann zufolge hatte sie einen Herzstillstand bei der Geburt, spastische Lähmungen, Fehlstellungen der Arme und Beine. „Die Familie kann sich eine solche Therapie nicht leisten“, sagt er. An dieser Stelle kommt die Stiftung zum Einsatz. 3000 Euro habe sie für die Behandlung an die Klinik überwiesen.

„Dafür hat Preußler die Stiftung gegründet, wir führen sie in seinem Gedanken weiter. Er hatte ein Herz für Kinder“, sagt Feldmann. 1992 hat der Schriftsteller die Stiftung geschaffen. „Eine sagenhafte Einrichtung“, findet der Vorsitzende. Wie „grandios und berührend“ die Mitarbeiter der Klinik mit den Kindern umgingen – „da kommen einem die Tränen.“ Feldmann betont den „weltweit guten Ruf als anerkannte Klinik für Störungen des Bewegungsapparates“. 50 Prozent der Kinder kämen aus Bayern, die andere Hälfte aus dem restlichen Bundesgebiet, Polen, Rumänien, Italien, Österreich, arabischen und vielen anderen Ländern.

Die Stiftung unterstützt laut Feldmann auch Kinder ohne Versicherung sowie aus Krisen- und Kriegsgebieten. Wenn die Eltern während der Zeit der Behandlung vor Ort sein wollen, finanziert die Stiftung den Aufenthalt. „Die Klinik kann das finanziell nicht stemmen“, sagt Feldmann.

Vom Knie bis zum Fuß oder zur Wirbelsäule – in der Klinik werden Geschäftsführer Wichelmann zufolge komplexe orthopädische Operationen durchgeführt. „Wir wollen den Kindern ermöglichen, schmerzfrei oder mit weniger Schmerzen zu leben“, sagt er. In Aschau könnten die Heranwachsenden wieder stehen, gehen und leben lernen.

Nicht nur Behandlungen, auch Geräte bezahlt die Stiftung – wie die acht Hochgeschwindigkeitskameras für das Ganglabor. Klinik-Geschäftsführer Wichelmann beschreibt das Ganglabor als großen Raum, der mit einer hochempfindlichen Platte ausgestattet ist, auf der die Patienten gehen. So werden vor und nach Operationen Bewegungen analysiert und festgestellt, ob die Bewegung „rund läuft“.

70000 Euro
für Kameras

Die Kameras sind Feldmann zufolge eine wesentliche Voraussetzung, um eine sichere und gute Diagnose zu stellen. Es sei dringend nötig gewesen, die alten und langsamen Kameras zu ersetzen. 70000 Euro hätten die neuen Kameras gekostet. „Die Stiftung ist manchmal der Rettungsanker, wir kommen da an unsere Grenzen“, sagt Wichelmann.

Neben der Aschauer Kinderklinik hilft die Stiftung auch den anderen Einrichtungen des „Kind im Zentrum“ (KIZ). Mit den Spenden wird das Private Förderzentrum Aschau, eine staatlich anerkannte Volksschule zur sonderpädagogischen Förderung, unterstützt. Die Schule mit dem Schwerpunkt auf körperliche und motorische Entwicklung liegt direkt neben dem Klinikgebäude. Die Schüler kommen aus den Landkreisen Rosenheim, Berchtesgadener Land, Traunstein und Miesbach.

Die Schulvorbereitende Einrichtung für Kinder mit Körperbehinderung, die Heilpädagogische Tagesstätte und die Wohngruppen sind laut Feldmann und Wichelmann ebenso wichtige Anlaufpunkte für Kinder und Jugendliche aus der Region. In der Schule werde flexibel auf die Schüler eingegangen. Vormittags heiße es meist Lesen, Schreiben und Rechnen. Nachmittags gebe es lebenspraktischen Unterricht: Die Schüler lernen Einkaufen, Kochen, Essen, mit dem Bus zu fahren oder ihre Freizeit zu gestalten. „Die Kinder sollen Selbstständigkeit lernen und ihre Lebenswelt erobern“, sagt Wichelmann.

Auch die Leser der OVB- Heimatzeitungen haben die Einrichtungen des KIZ bereits unterstützt. Bei der Aktion „OVB-Leser zeigen Herz“ 2021 kam eine Spendensumme von 1,08 Millionen Euro zusammen. Mit diesem Geld wurde, neben dem Bau eines barrierefreien Spielplatzes für Kinder in Vogtareuth, eine bessere Ausstattung des Heilpädagogischen Zentrums Aschau im Chiemgau finanziert.

Doch für die Stiftung waren die vergangenen Jahre nicht einfach. Vor der Corona-Pandemie hat die Einrichtung laut Feldmann im Schnitt 15000 bis 20000 Euro Spenden bekommen. Nun seien die Spenden stark zurückgegangen. „Corona, Inflation, Kriegsangst – all diese Dinge haben dazu geführt“, vermutet der Vorsitzende. Ulrich Feldmann hofft, dass in Zukunft wieder mehr Menschen an die Stiftung spenden. Das Grundstockkapital wolle der Vorsitzende nicht verbrauchen. Die Stiftung sei auf lange Sicht angelegt und nicht als „Spritze, die schnell verbraucht ist.“ Das ist wohl in Preußlers Sinne.

Weder Feldmann noch Wichelmann haben den Autoren gekannt, seine Werke lieben sie jedoch. Feldmann habe seinen drei Kindern jeden Abend aus den Büchern vorgelesen und kenne fast alle auswendig. Sein Lieblingsbuch: Krabat. Wichelmanns Favorit ist der Räuber Hotzenplotz als Gegenspieler zu Kasperl und Seppel. Auch die Kinder sind Fans von Preußler. „Der kleine Wassermann, die kleine Hexe und der Räuber Hotzenplotz sind sehr beliebt“, sagt Feldmann.

Die Tagesstätte
lebt den Schriftsteller

Die Gruppen sind sogar nach den Figuren in den Geschichten benannt. „Die Tagesstätte lebt Otfried Preußler“, betont Wichelmann. Am 20. Oktober wäre Otfried Preußler 100 Jahre alt geworden, an diesem Tag wollen die Mitarbeiter und Patienten zeigen, wie stolz sie auf ihre Verbindung mit Preußler sind. Kinder und Jugendliche werden am Geburtstag Texte des Kinderbuchautors vortragen und -spielen.

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