Nußdorf – Als Zeichen eines schlechten Verlierers bezeichnet das Aktionsbündnis „Rettet den Heuberg” die neuesten Entwicklungen rund um den Steinbruch. Nachdem das Rosenheimer Landratsamt Ende des Jahres 2022 die Ablehnung der angestrebten Erweiterung angekündigt hatte, blieb dem Betreiber rund zwei Monate Zeit, um darauf zu reagieren. Die Südbayerische Portland – Zementwerk Gebr. Wiesböck & Co. GmbH zog den Antrag jedoch nicht zurück. Stattdessen sorgt nun die Nachricht für Aufruhr, dass die Firma bei der Regierung von Oberbayern einen Antrag auf Bewilligung einer Ausnahme vom Biotopschutz gestellt haben soll.
„Das ist schwer
zu ertragen“
Für das Aktionsbündnis, dass aus den Nußdorfer Ortsgruppen von Bund Naturschutz, Bündnis 90/Die Grünen sowie den Parteifreien Nußdorfern besteht, ist damit klar: Der Betreiber möchte die Ablehnung der Steinbrucherweiterung umgehen, um den Berg doch noch weitere 50 Jahre als Rohstoffquelle zu nutzen.
„Ich empfinde es als schwer zu ertragen, dass mit den entsprechenden Budgets Schlupflöcher gesucht werden, um die angekündigte Ablehnung der Erweiterung zu verhindern“, sagt Uli Kottmann, Sprecher des Aktionsbündnis „Rettet den Heuberg”. Vielmehr solle der Betreiber die Entscheidung der Behörden abwarten, um anschließend gegebenenfalls den Rechtsweg zu gehen. Noch vor wenigen Monaten hatte Kottmann den umstrittenen Heuberg als gerettet bezeichnet.
Nun forderte er das Rosenheimer Landratsamt dazu auf, die angekündigte Ablehnung des Erweiterungsantrags zeitnah auszustellen.
Die Betreiber GmbH gab zu den Anschuldigungen des Aktionsbündnisses auf Nachfrage der OVB Heimatzeitungen keinen Kommentar ab. Bei der Regierung von Oberbayern ist der vom Bündnis befürchtete Antrag allerdings nicht eingegangen, wie ein Sprecher bestätigt: „Ein Antrag auf Erteilung einer Ausnahme vom gesetzlichen Biotopschutz im Rahmen der Steinbrucherweiterung am Heuberg in Nußdorf am Inn liegt der Regierung von Oberbayern nicht vor.” Weiter weist der Sprecher darauf hin, dass für einen solchen Antrag das Landratsamt Rosenheim zuständig wäre.
Genau dort hat sich mittlerweile der Anwalt des Unternehmens gemeldet. „Der Rechtsanwalt des Antragstellers hat mit Schreiben vom 1. März. 2023 zu der Ablehnungsanhörung Stellung genommen. Dabei hat er unter anderem eine Befreiung vom gesetzlichen Biotopschutz beantragt“, bestätigt Ina Krug, Pressesprecherin des Landratsamtes Rosenheim. In dem Schreiben werde ein überwiegendes öffentliches Interesse sowie eine unzumutbare Belastung angeführt. Die Stellungnahme werde aktuell bei der Unteren Naturschutzbehörde geprüft.
Aktionsbündnissprecher Kottmann vermutet, dass dieses öffentliche Interesse mit der postulierten CO2-Einsparung zusammenhängt. So hatte der Betreiber in der Vergangenheit bereits darauf hingewiesen, dass durch den Einsatz des gewonnenen Kalksteins aufgrund der besonderen Beschaffenheit im Zementwerk 10000 Tonnen CO2 eingespart werden könnten. Man könne jedoch laut Kottmann nicht erkennen, warum die Einsparung genau an dieser hochsensiblen Stelle im Alpenraum über dem gesetzlichen Schutz der Biotope stehen soll.
„Wir sehen uns
wohl vor Gericht“
In der Nußdorfer Gemeinde konzentriert man sich bereits auf die künftigen Herausforderungen: „Der Betreiber hatte während der Ablehnungsanhörung Zeit, sich zu entscheiden, ob er am Antrag festhält. Diese Frist ist nun abgelaufen”, analysiert Nußdorfs Bürgermeisterin Susanne Grandauer. Da der Antrag nicht zurückgezogen wurde, geht sie davon aus, dass der Ablehnungsbescheid des Landratsamtes nun zeitnah formuliert wird. Wenn dieser vorliegt, werde man weitersehen. „Ich denke aber, dass der Betreiber dagegen klagen wird und wir uns vor Gericht sehen.“
Inwieweit die nun beantragte Ausnahmegenehmigung in diesem Fall überhaupt möglich ist, weiß die Bürgermeisterin zwar nicht. Aufgrund der bestehenden Beurteilung des Bayerischen Landesamtes für Umwelt bezweifelt Grandauer jedoch, dass der Betreiber damit durchkommt.