Zu lang, zu breit, zu hoch

von Redaktion

Stephanskirchen will eine Verdichtung mit Augenmaß

Stephanskirchen – Eingeschossiger Anbau an ein Einfamilienhaus in Haidholzen, der Baugrenzen und Grundflächenzahl leicht überschreitet? Kein Problem. Ein wenig kleiner planen und es passt. Ein Anbau an ein Einfamilienhaus in Höhensteig, der die Baugrenzen leicht überschreitet? Die Abstandsflächen sind geregelt, kein Problem. Teilung einer Doppelhaushälfte in zwei Wohnungen mit Anbau eines Wintergartens in Schloßberg? Passt, die in der Siedlung nicht nachzuweisenden Stellplätze können abgelöst werden.

Ein Abriss mit Neubau in Höhensteig, bei dem der Neubau optisch aus der Art schlägt und eine viel größere Grundfläche hat? Passt auch, weil er nur eingeschossig ist – es wird sogar der Bebauungsplan geändert. Vorausgesetzt, der Antragsteller zahlt die Änderung. Zweigeschossige Anbauten in Schloßberg, die dafür weniger tief werden? Geänderter Bebauungsplan liegt vor, geht klar.

Großzügiger
Planungsausschuss

Alles übrigens in einer einzigen Sitzung des Bau- und Planungsausschusses. Von Engstirnigkeit oder Erbsenzählerei ist nicht viel zu sehen. Dazu wissen die Stephanskirchner Verantwortlichen viel zu gut, wie teuer Grund und Boden ist. Unter 1000 Euro pro Quadratmeter ist kaum etwas zu bekommen. Und dann gibt es den Moment, wo sich Bauamt und Bauausschuss einig sind: „So nicht!“

Geschehen bei der Planung für ein Grundstück an der Hoffeldstraße, direkt neben dem Rathaus. Dort steht ein altes Haus, zum Teil eingeschossig, zum Teil Erdgeschoss plus Dachgeschoss. Dieses Haus füllt sein Grundstück ziemlich aus. Anbauen ist schwierig, will der künftige Bauherr auch nicht. Er will ein Drei-Familien-Haus bauen. Mit drei kompletten Stockwerken. Die dafür nötigen Stellplätze wurden nicht entsprechend der gemeindlichen Stellplatzsatzung nachgewiesen. Ob Fehler des Architekten oder Wille des Bauherrn, ist dabei unerheblich. Das allein hätte gereicht, um die Voranfrage negativ zu entscheiden. Was der Bau- und Planungsausschuss tat. Und dann war da ja noch die Gebäudegröße. Da sollte die Bauverwaltung der Gemeinde mit dem Landratsamt klären, ob sich die beantragte dreigeschossige Bebauung in die Umgebung einfügt. Was sie nach § 34, Absatz 1 Baugesetzbuch in einem zusammenhängend bebauten Ortsteil auch ohne Bebauungsplan tun müsste. Nach Ansicht des Landratsamtes aber nicht tut.

Die Gemeinde könnte trotzdem genehmigen, gab Stephanskirchens Baurechtler Christian Hausstätter die Ansicht des Landratsamtes weiter, wenn sie der Meinung sei, das Vorhaben sei städtebaulich und auch nach Würdigung der Interessen der Nachbarn zu vertreten. Diese saßen mit zitternden Händen und angehaltenem Atem direkt neben dem Pressetisch.

Nach einer Besprechung der Mitarbeiter des Landratsamtes mit dem Bauherrn und seinem Planer landete der Bauantrag mit einigen Änderungen bei der Gemeinde. Demnach soll das Gebäude um 1,5 Meter kürzer werden. Zwei der Wohnungen sind nun unter 100 Quadratmeter groß, so dass nur fünf statt sechs Stellplätze nötig sind. Vier werden auf dem Grundstück untergebracht, der fünfte soll in einer Tiefgarage an der Salzburger Straße nachgewiesen werden. Die drei Geschosse und die Wandhöhe bleiben, durch ein flacher geneigtes Dach wird das Gebäude einen knappen Meter niedriger.

Sowohl die drei Stockwerke, als auch die Grundfläche des Gebäudes sind dem Bauamt zu viel. Alle Nachbarhäuser sind deutlich kleiner. An der Salzburger Straße stünden Wohn- und Geschäftshäuser mit vergleichbarer Höhe. Die gehörten aber nicht zur Umgebungsbebauung. Es bestehe eine klare Grenze zu den benachbarten Wohnstraßen. Das Rathaus nebenan, ebenfalls dreistöckig, sei aufgrund seiner Funktion nicht mit einem Wohnhaus vergleichbar.

Fremdkörper
und Präzedenzfall

Hausstätter gab zu bedenken, dass die Gemeinde zwar Ermessensspielraum habe. Bei einer Zustimmung müsste aber gleichartigen Fällen ebenfalls zugestimmt werden. Das beantragte Drei-Familien-Haus wäre ein Fremdkörper – und ein Präzedenzfall noch dazu. Darauf hatten die Mitglieder des Bau- und Planungsausschusses offensichtlich keine Lust. Sie lehnten das Vorhaben diskussionslos mit 7:0 ab. Und die Nachbarn atmeten tief durch.

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