Wenn Hüte zum Signal werden

von Redaktion

Tracht ist Vielfalt. Davon kann man sich derzeit im Rohrdorfer Heimatmuseum überzeugen, denn dort gibt es jetzt eine Sonderausstellung zu „Hüten und Hauben“. Wobei die Kopfbedeckungen früher viel mehr waren als nur ein eher beiläufiges Accessoire. Sie sendeten klare Signale aus.

Rohrdorf – Egal ob der Träger schlechter oder besser situiert war, ob eine Frau noch ledig oder – im wahrsten Sinne des Wortes – schon unter der Haube war – all das war nicht zuletzt an Hüten und Hauben abzulesen. Woraus auch deutlich wird, dass sich die Ausstellung nicht nur mit Tracht in dem Sinne beschäftigt, wie wir sie heute verstehen, sondern auch mit dem „echten“ bäuerlichen Alltags- und Sonntagsgewand von einst.

Ausstellung
Gemeinschaftsidee

Die Ausstellung ist eine Gemeinschaftsidee von Marianne Osterhammer, die zum Museumsteam gehört, und Veronika Schmidt. Letztere darf man laut Osterhammer ungestraft als eine Koryphäe in Sachen Tracht bezeichnen. Sie sei zudem ein Beispiel dafür, worin die heutige Bedeutung der Tracht liegt. Veronika Schmidt hat ihre Wurzeln in Ostpreußen, wuchs auf in Thüringen und kam nach der Wende der Arbeit wegen nach München. Deshalb gibt es in der Ausstellung auch Hauben und Hüte aus anderen Landstrichen zu sehen, etwa aus dem Egerland oder Schlesien.

Die Tracht, so sagt Veronika Schmidt, war für sie eine Möglichkeit, ihre Herkunftsgeschichte für sich lebendig zu erhalten. Gleichzeitig war sie aber die Chance, sich in der neuen Umgebung zu verwurzeln: Tracht sei eben kein Ausdruck von regionaler Eigenbrötelei, von „Mia san mia“, sondern gerade die größeren Treffen der Vereine mit der dort zu sehenden großen Bandbreite der Trachten zeigten: „Es geht um den Ausdruck von Vielfalt, die geeint ist durch ein gemeinsames Bestreben – die Tradition der jeweiligen Region zu bewahren.“

Und wie steht es mit dem Einwand, dass Tracht doch im Grunde nichts historisch Gewachsenes sei, sondern eine willkürliche Erfindung aus dem 19. Jahrhundert? Auch diese These werde in der Ausstellung widerlegt, durch Hüte aus jener Zeit, die zur Alltagskleidung der Bauern gehörten. Und auch zur Entstehungsgeschichte der Trachtenvereine erfährt man einiges, das den Blick geraderückt.

„Die Tracht und die Vereine waren eine Möglichkeit für die einfache, sprich normale Landbevölkerung, sich auch einmal schön zu kleiden und damit tanzen zu gehen.“

Die Lederhosn sei dabei beispielsweise geradezu ein zwangsläufiger Bestandteil, denn nur in ihr lässt sich richtig „platteln“, wie Marianne Osterhammer sagt.

Historisch
gewachsen

Tracht ist also historisch gewachsen und aus dieser Sicht heraus wird zudem verständlich, warum die Trachtenvereine auch in denjenigen Gemeinden großen Zulauf hatten, die eigentlich überwiegend industriell geprägt waren. Weil, wie etwa der Kolbermoorer Bürgermeister Peter Kloo immer wieder betont, auch die Arbeiter aus der dortigen Spinnereifabrik nach einer „Ausbruchsmöglichkeit“ aus ihrer harten Alltagsarbeit suchten.

Und wohl nicht umsonst ist der Trachtenverein, den man als einen der ältesten ansieht, 1875 in der Industriestadt Chemnitz gegründet worden. Verbindung zum Alltagsleben der damaligen Zeit hat auch der Ausstellungsbereich, in dem es darum geht, wo, aus welchem Material und wie etwa die Hüte damals hergestellt wurden.

Ob Hüte aus „Hasenhaarfilz“ oder Strohhüte – das Wissen um ihre Herstellung führt direkt in die bäuerliche Alltagskultur und damit mitten in den Kern des Rohrdorfer Heimatmuseums. Die Sonderausstellung im Rohrdorfer Heimatmuseum ist noch bis Oktober zu sehen.

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