Millionen für Bauvorhaben geplant

von Redaktion

2023 wird das vorerst letzte große Investitionsjahr in Vogtareuth

Vogtareuth – Es ist ein Segeln hart am Wind. Einerseits soll der Investitionsstau der letzten Jahre aufgelöst werden, andererseits soll die 3200-Einwohner-Gemeinde Vogtareuth auch nicht an die Grenzen der Leistungsfähigkeit gebracht werden.

4,7 Millionen Euro an geplanten Investitionen hatte Kämmerer Philipp Brück zu finanzieren. Das ging nur über einen Griff in die Rücklagen und einen Kredit über 2,35 Millionen Euro. „Maximal“, sagt Brück, „wenn tatsächlich alles umgesetzt wird, wie jetzt geplant.“

2023 wird noch einmal ein Investitionsjahr. Voraussichtlich für einige Zeit das letzte, aber „wir haben ja die letzten Jahre schon viel investiert“, so Bürgermeister Rudolf Leitmannstetter.

Haushalt rückwirkend ab 1. Januar geltend

Die neue Wasserversorgung steht und könnte ab sofort Trinkwasser liefern – wenn die Genehmigung schon da wäre. Das Breitbandnetz ist flächendeckend in allen 50 Ortsteilen ausgebaut, Kanal- und Straßensanierungen sind über die Bühne. Zwei Baumaßnahmen dominieren die Ausgaben im Vermögenshaushalt: Der Bauhof im Gewerbegebiet am nördlichen Ortsrand sieht auf die Ferne schon ziemlich fertig aus. Brück hat dennoch 700000 Euro angesetzt. Und die Feuerwehr Zaisering ist längst in ihr neues Gerätehaus eingezogen, 400000 Euro stehen dennoch im Haushalt. „Der gilt ja rückwirkend ab 1. Januar“, erklärt der Kämmerer, „und da sind dann auch noch Rechnungen dabei für Leistungen, die November oder Dezember 2022 erbracht wurden. Die Firmen haben uns die Rechnung aber erst im Januar oder Februar geschickt.“

Das gilt für Bauhof wie Feuerwehrhaus. Aber an beiden Vorhaben laufen auch in diesem Jahr noch Arbeiten, die bezahlt werden wollen. In Zaisering sind es „nur“ noch die Außenanlagen rund ums Gerätehaus. Und beim Bauhof ist der Bürgermeister hinterher, dass es zügig weitergeht. Denn bisher hat Vogtareuth keinen. Die Fahrzeuge stehen zur Untermiete, Sozialraum, Umkleide und Co. für das Personal gibt es nicht. „Das ist ein untragbarer Zustand“, sagt Leitmannstetter. Der sich bald ändert. Im Oktober, schätzt der Bürgermeister. Für die noch fehlende Kalthalle ist schon eine Reserve in den 700000 Euro eingebaut. Damit sollen die Bauarbeiten so bald als möglich weitergehen.

Der Leitungsbau für Wasser – gleich ob Trink- oder Abwasser – ist immer teuer. Gute 1,35 Millionen Euro hat Brück 2023 dafür vorgesehen. Rund eine Million günstiger, aber deutlich auffallender weil mit Straßensperrungen verbunden, ist die jüngste Großbaustelle der Gemeinde, die Umgestaltung der Ortsmitte. 350000 Euro sind für Tiefbauarbeiten an der Vogteistraße und am Moosweg vorgesehen. In jedem Vermögenshaushalt gibt es Positionen, von denen beim Aufstellen des Haushaltes nicht klar ist, ob sie wirklich in diesem Jahr gebraucht werden. Kommt zum Beispiel das neue 475000 Euro teure Fahrzeug für die Zaiseringer Feuerwehr tatsächlich im Jahr 2023 oder wird es erst Anfang 2024 ausgeliefert? Kauft die Gemeinde wirklich Grundstücke im Wert von 410000 Euro oder ist das Angebot in der Größenordnung gar nicht da? Kann gut sein, dass der Kämmerer da im Laufe des Jahres eine hübsche Summe nicht ausgeben muss, der nötige Kredit damit deutlich geringer ausfällt.

Vogtareuth gehört nicht zu den Gemeinden, die im Geld schwimmen. Die Steuerkraft ist relativ gering. Die Gewerbesteuer liegt üblicherweise zwischen einer guten halben und knapp unter einer Million Euro (2023 angesetzt: 875000 Euro), „kommt aber von vielen kleinen Betrieben und ist deswegen recht stabil“, erklärt Leitmannstetter. Ja, aber die Schön Klinik? Die ist der bei weitem größte Arbeitgeber. Und ein privates Wirtschaftsunternehmen. Aber im Sozialbereich tätig und deswegen nicht gewerbesteuerpflichtig. Etwa 15 Prozent der Krankenhausmitarbeiter wohnen in Vogtareuth, tragen damit zu den Einnahmen via Einkommenssteueranteil (2,15 Millionen Euro) bei.

Aufgrund der mangelnden Steuerkraft bekommt Vogtareuth 2023 eine knappe Million Euro Schlüsselzuweisung, „tut der Gemeinde gut“, sagt Brück. „Tut der Gemeinde weh“, sagt er über die 1,7 Millionen Euro Kreisumlage, die der Kämmerer an den Landkreis Rosenheim überweisen muss. Mehr muss er bei den laufenden Ausgaben des Verwaltungshaushaltes nur für den Verwaltungs- und Betriebsaufwand ausgeben. In den gut 1,8 Millionen Euro ist der spitze Rotstift für den Kämmerer ebenso enthalten, wie Versicherungen oder der Unterhalt von gut 52 Kilometern Gemeindeverbindungs- und Ortsstraßen. Die Personalausgaben liegen erst auf Platz drei der dicken Ausgabebrocken und sind – auch aufgrund des Tarifabschlusses im öffentlichen Dienst – erstmals seit Jahren wieder leicht gestiegen. Im Vergleich zu 2020 liegen sie aber deutlich niedriger. Denn die Gemeinde hat ihren Kindergarten – und damit die Personalkosten – an die AWO übergeben, „eine gute Entscheidung“, wie der Bürgermeister bis heute findet. Offensichtlich auch der Gemeinderat, denn es wurde beschlossen, dass ab dem neuen Schuljahr auch die Mittagsbetreuung an der Grundschule von der AWO übernommen wird.

Gut 270000 Euro kann der Kämmerer aus dem Verwaltungshaushalt in den Vermögenshaushalt überführen. Weniger, als ihm zur Finanzierung der anstehenden Projekte lieb ist. Aber deutlich mehr, als die „Mindestzuführung“, also die Summe, die für Zinsen und Tilgung von Krediten benötigt wird. Diese Mindestzuführung ist laut Brücks Finanzplanung auch in den nächsten Jahren gegeben. Und für 2024 und 2025 sind jeweils rund 1,5 Millionen Euro für Investitionen vorgesehen. Das verschafft der Gemeinde wieder etwas Luft.

Schulden gegen Vermögenswerte

Brück hofft, dann die Rücklagen auch wieder aufstocken zu können. Ende des Jahres hat Vogtareuth voraussichtlich nur noch 215000 Euro auf dem Sparbuch. Und, sollte der Kredit über 2,35 Millionen Euro komplett ausgeschöpft werden, rund 5,7 Millionen Euro Schulden. „Gesunde Schulden“, könnte man laut Kämmerer sagen, denn für das Geld wurden Vermögenswerte wie ein neues Feuerwehrhaus oder ein Bauhof geschaffen. Große Sprünge wird Vogtareuth in den nächsten Jahren voraussichtlich weder machen müssen noch machen wollen. Denn die großen Investitionen, die wurden in den vergangenen Jahren erledigt.

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