Mit Bürgern Zukunft entwickeln

von Redaktion

Aschau will Projekt „Fernwärmenetz mit Biomasseheizwerk“ weiter verfolgen

Aschau – Die Gemeinde Aschau will das Projekt „Fernwärmenetz mit Biomasseheizwerk“ grundsätzlich weiter verfolgen. Bürgermeister Simon Frank erinnerte die Bürger in der gut besuchten Aschauer Festhalle an die in der Vergangenheit getroffenen ersten Maßnahmen der Gemeinde zum Aufbau einer Wärmeversorgung für alle Gemeindeteile.

Niemand gezwungen Heizung aufzugeben

Er wies ausdrücklich darauf hin, dass der Gemeinderat und die Verwaltung bei allen Planungen nur weitermachen werden, wenn die Betroffenen das auch wollen. Niemand solle gezwungen werden, seine funktionierende Heizung aufzugeben. Die Weltlage habe sich seit dem Beginn der ersten Erhebungen drastisch geändert. Sogar die zuletzt noch gelobten Hackschnitzel- und Pelletsheizungen mit Rohstoffen aus der Region würden heute argwöhnisch betrachtet. Die Gemeinde möchte ihre Bürger mitnehmen auf einem Weg in die Zukunft und mit ihnen gemeinsam eine Energielösung für die Zukunft entwickeln. „Ohne die Bürger oder gegen den Willen der Bürger werden wir nichts unternehmen“.

Dr. Christian Bichler vom Ingenieurbüro „ingKESS“ stellte der Versammlung die Möglichkeiten vor, die Aschau bei dem Ausbau eines Wärmenetzes in der gesamten Gemeinde zur Verfügung stehen. Die primäre Aufgabe des Ingenieurbüros war es Machbarkeit, Zukunftsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit einer Fernwärmeversorgung für Aschau und Sachrang auf Basis einer Hackschnitzelanlage zu prüfen.

Die Ingenieure entwickelten ein Konzept für ein oder mehrere Biomasseheizwerke mit Fernwärmenetz im gesamten Gemeindebereich. Sie errechneten für Aschau eine Netzlänge von 32 Kilometern und für Sachrang von vier Kilometern. Bei einer angenommenen Abnehmerzahl von 70 Prozent gäbe es in Aschau 756 Abnehmer und in Sachrang 76. Eine Versorgung mit Fernwärme wäre grundsätzlich überall in der Gemeinde möglich, ebenso eine Brennstoffversorgung für das gesamte System mit Biomasse.

Zusammenarbeit mit Stadtwerken möglich

Klaus Hollnaicher von den Stadtwerken Rosenheim berichtete von den langjährigen Erfahrungen der Stadt Rosenheim. Er hob hervor, dass die Versorgung der Gemeinde mit Wärme vorzüglich in den Wintermonaten notwendig sei, die andere Hälfte des Jahres gehe es dann nur um die Bereitstellung von genügend warmem Wasser. Dabei seien die Kosten, die vom Einzelnen für die Heizung aufgewendet werden müssten, im Prinzip alle auf einem einheitlichen Level; es sei ziemlich egal, ob ein Haus oder eine Wohnung durch Nahwärme, durch Heizöl, durch Pellets oder über Strom aus Sonne und Wind versorgt werde. Entscheidend seien jedoch die künftigen ansteigenden Kosten für Öl und Gas, die die Wärmekosten weiter in die Höhe treiben werden. Klaus Hollnaicher erklärte, dass er sich einen Aufbau der Fernwärme in Aschau vorstellen könne und dass eine Zusammenarbeit zwischen den Stadtwerken Rosenheim als Betreiber und der Gemeinde durchaus möglich sei. Für Aschau biete das den Vorteil, dass im Rahmen dieser Zusammenarbeit ein Komplettservice „Wärmeenergie“ geliefert werde, der von der Erzeugung bis zur Übergabe an den Verbraucher reiche. Die Gemeinde Aschau müsse einen Platz für ein zentrales Heizkraftwerk oder mehrere kleine bereitstellen, dann könnten die Planungen bis hin zur Verwirklichung des Projekts angegangen werden. Bürgermeister Frank nannte die Stadtwerke Rosenheim als 100-prozentige Tochter der Stadt Rosenheim einen vertrauenswürdigen Partner bei den künftigen Maßnahmen. Zahlreiche Fragen der Zuhörer zeigten dem Bürgermeister, den fast vollständig anwesenden Gemeinderäten aller Fraktionen und der Gemeindeverwaltung, dass das Problem den Bürgern auf den Nägeln brennt.

Am häufigsten wurde nachgefragt, wann die Arbeiten beginnen können, wo das Heizwerk stehen könnte, was der Bau kosten wird und welche Belastungen auf den Einzelnen zukommen werden. Bürgermeister Frank erklärte dazu, dass zurzeit erst die ersten Schritte gemacht werden. Es gebe ein paar mögliche Standorte, aber noch keine konkreten Pläne; irgendwelche Gespräche hätten noch nicht stattgefunden. Es sei noch zu früh, über konkrete Kosten zu sprechen, erst wenn man wisse, was man eigentlich wolle, gehe es an diese weiteren Planungen. Zunächst gehe es vor allem darum, zu erkunden, ob genügend Interesse in der Gemeinde bestehe, solch ein Jahrhundertprojekt zu verwirklichen.

Möglichkeiten der Wärmeversorgung

In einem zweiten Schritt gelte es dann die Interessenten als mögliche Kunden zu akquirieren und gemeinsam das Projekt zu verwirklichen. Neben der präsentierten Hackschnitzelheizung gebe es weitere Möglichkeiten der Wärmeversorgung, doch sei Tiefengeothermie noch nicht erprobt, echte Erfahrungen mit dieser Art Wärmeversorgung liegen für die gebirgsnahe Region nicht vor. Die Nutzung von PV-Anlagen und Windkraftanlagen sei eine willkommene Ergänzung zur Stromversorgung und damit letztlich auch zur Wärmeversorgung, wie weit sie allerdings flächendeckend zur Verfügung stehen wird, steht derzeit noch nicht fest.

Großwärmepumpe
sei vorzuziehen

Professor Dr. Peter Weimann befürchtet, dass das Holz in der Region für eine stete Versorgung einer Hackschnitzelanlage nicht ausreicht und der Bund Naturschutz vor dem Verheizen von Holz warne. Die Gemeinde Aschau sei bei der Versorgung stets in Konkurrenz mit anderen Gemeinden und müsse auch auf überregionale Angebote zurückgreifen. Eine Großwärmepumpe sei auf alle Fälle der Holzverbrennung vorzuziehen. Wolfgang Wörndl nannte diese Argumentation an den Haaren herbeigezogen. Der Betrieb einer Großwärmepumpe erfordere mehr Strom als zur Verfügung stehe, ein Import aus dem Norden sei eng mit fehlenden Stromleitungen verbunden, die auch in nächster Zeit noch nicht zur Verfügung stehen werden. Wörndl erklärte, er habe in Aschau bereits ein Nahwärmenetz aufgebaut und betreibe es schon länger. „Wir haben die Erfahrung gemacht – es geht“. Bürgermeister Simon Frank wies abschließend darauf hin, dass dieser Abend erst der Beginn des Vorhabens „Wärmeversorgung“ gewesen sei, über alle weiteren Maßnahmen würden die Bürger frühzeitig und umfassend informiert und es werde kein Schritt ohne Beteiligung der Bürger gemacht.

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