Rohrdorf – Zwei Millionen Euro? Für einen Trinkwasserspeicher?“ Mancher Rohrdorfer Bürger mag im Vorfeld über diese Investition gestaunt haben. Das ist kein Wunder. Der immense Aufwand an Arbeit und Material, den alle Gemeinden betreiben müssen, um ihre Trinkwasserversorgung sicherzustellen, geht an der öffentlichen Aufmerksamkeit meist vorbei. Am Tag der offenen Tür, der am vergangenen Samstag die offizielle Einweihung des neuen Rohrdorfer Hochbehälters begleitete, versuchte die Gemeinde deshalb auch, das Informationsdefizit rund ums Trinkwasser zu beheben. Ein Angebot, das die gut hundertfünfzig Rohrdorfer, die zur Einweihungsfeier gekommen waren, gerne annahmen.
Warteschlangen
bei Führung
Zu den Führungen, die Wassermeister Gert Deutinger und sein dreiköpfiges Team durch das Speichergebäude anboten, bildeten sich jeweils Warteschlangen. Aufklärung bekam man zum Beispiel auch darüber, woher das Rohrdorfer Trinkwasser überhaupt kommt. Ein Brunnen bei Schaurain und derzeit zwei Quellen – die Hollinger und die Lueser Quelle – sorgen dafür, dass in Rohrdorf pro Jahr etwa 150000 Kubikmeter an „eigenem“ Wasser zur Verfügung stehen. Das reicht aber nicht, rund 100000 Kubikmeter fehlen noch für den jährlichen Durchschnittsverbrauch und diese werden von Rosenheim zugekauft. Weil der Brunnen und die Quellen aber gleichmäßig schütten und sich nicht an die Bedarfsspitzen des Wasserverbrauchs halten, die in den Morgen- und Abendstunden zu verzeichnen sind, muss das Wasser in Speichern bevorratet werden. Vereinfacht kann man sagen, dass der Brunnen und die Quellen jeweils ihren eigenen Speicher und auch ihr eigenes Abnahmegebiet haben: Der Brunnen bei Schaurain speist den Speicher bei Apfelkam und dieser wiederum versorgt die sogenannte Tiefzone der Gemeinde mit den Ortsteilen Rohrdorf, Lauterbach und Thansau. Die Hollingerquelle befüllt den neuen Speicher bei Taffenreuth und der wiederum liefert das Wasser für die Mittelzone – das ist grob gesagt alles, was unterhalb der Hochzone liegt, also unter Höhenmoos samt den umliegenden Weilern. Die Hochzone selbst wird von der Lueserquelle und dem zugehörigen Lueser Speicher versorgt. Speicher aber halten nicht ewig, der alte Wasserbehälter bei Taffenreuth hatte schon mehr als fünfzig Jahre auf dem Buckel und stand deshalb dringend zur Sanierung an.
Weil es dabei um Trinkwasserlagerung geht, sind solche Sanierungen, bei denen es sich immer um die Erneuerung der inneren Beschichtung dreht, höchst kostspielig, man redet hier meist von mehreren Hundertausend Euro. Wenn dann wie im Fall von Taffenreuth der alte Speicher auch noch knapp bemessen ist – er fasste mit 250 Kubikmetern weniger als die Hälfte des neuen Speichers – steht die Frage nach einem kompletten Neubau anstelle der Sanierung schnell im Raum.
Beim Wasserspeicher ist es nämlich ein bisschen so wie beim Speicherplatz des Smartphones – wer mehr davon hat, ist jetzt schon flexibler und vor allem flexibler aufgestellt für die Entwicklungen der Zukunft. Schließlich ist es auf jeden Fall billiger, Wasser je nach Bedarf zwischen den einzelnen Speichern zu verteilen, auch wenn das zum Teil Pumpleistung und damit Strom kostet, als stets sofort von außen welches zuzukaufen. Das Wasser in den Speicher zu haben ist aber noch nicht mal die halbe Miete, schließlich muss es dann erst noch zu den Haushalten transportiert werden. Das ermöglicht in Rohrdorf ein Rohrleitungsnetz von gut siebzig Kilometern Länge und hier schlägt der Punkt der Lebensdauer noch deutlicher zu als bei den Speicherbehältern: Maximal siebzig Jahre, auch das erfuhr man am Tag der offenen Tür, hält eine Rohrleitung im Durchschnitt.
Idealwert nicht
zu schaffen
Was für Rohrdorf bedeutet, dass man eigentlich jedes Jahr einen Kilometer zu sanieren hätte. „Eigentlich hätte“, denn in der Praxis ist dieser Idealwert nicht zu schaffen. Das gilt vor allem für alle Rohrleitungen, die mitten im Siedlungsgebiet liegen. Dort ist die Erneuerung so aufwendig, dass man schon gut dabei ist, wenn man – wie in den letzten zwanzig Jahren – jährlich jeweils einen guten halben Kilometer schafft. Dennoch ist der Zustand des Rohrnetzes insgesamt durchaus zufriedenstellend: die Wasserverluste liegen bei etwa acht bis neun Prozent. Unter den Wassermeistern in der Region gilt dabei die Regel: Alles, was zehn Prozent nicht überschreitet, ist gut.