Stephanskirchen – Die Grünen wollten‘s wissen. Welche Dächer im Eigentum der Gemeinde eignen sich für Solarenergie? Verwaltung und Wolfgang Weingart vom Büro Teleplan machten sich an die Arbeit. Jetzt steht fest: Das Rathaus in Schloßberg und das Gerätehaus der Feuerwehr Leonhardspfunzen kriegen die ersten PV-Anlagen aufs Dach. Zwei Anlagen speisen komplett ins Netz ein, die dritte setzt die Verwaltung unter Strom.
PV-Anlage ein
Verlustgeschäft
Bemerkenswert: Stephanskirchen leistet sich eine PV-Anlage, die nach heutigem Stand ein Verlustgeschäft ist. Rund 10500 Kilowattstunden pro Jahr sollen vom Dach der Feuerwehr Leonhardspfunzen jährlich ins Netz eingespeist werden. Bei der aktuellen Einspeisevergütung erwirtschaftet die Gemeinde damit in 25 Jahren knapp 40000 Euro. Bau und 25 Jahre Wartung summieren sich auf 57600 Euro. Aktuell also ein Minus von 17600 Euro. Was Verwaltung und Kommunalpolitik in Kauf nehmen, um den CO2-Fußabdruck der gemeindlichen Gebäude zu verbessern.
Außerdem, so Weingart jetzt im Gemeinderat, sei überhaupt nicht abzusehen, wie sich in den kommenden zweieinhalb Jahrzehnten Energiepreise und Einspeisevergütungen oder auch Gesetze ändern. Am Ende könne es durchaus auf ein Nullsummenspiel hinauslaufen.
Auf dem Zeltdach des Rathaus-Rückgebäudes ist schon eine kleine PV-Anlage vorhanden, die wird auf den Ost- und Westflächen des Daches um eine neue Anlage erweitert. Deren rund 18000 Kilowattstunden pro Jahr werden komplett ins Netz eingespeist und bringen in 25 Jahren knapp 53000 Euro netto ein.
Das Walmdach auf dem Vordergebäude zur Salzburger Straße bekommt eine größere Anlage auf die Ost-, Süd- und Westfläche. 25400 Kilowattstunden Jahresleistung setzt Weingart an. Diese werden komplett im Rathaus verbraucht, senken dort die Energiekosten um knapp 130000 Euro netto in 25 Jahren. Steuern und Co. eingerechnet, ergibt sich ein Gewinn durch Einspeisung und Ersparnis von 215000 Euro brutto bei Bau- und Wartungskosten von 182000 Euro brutto – und damit ein Gesamtgewinn von gut 33300 Euro.
Weingart hatte auch das Schelln-Anwesen in Stephanskirchen untersucht. Dort sind unter anderem Feuerwehr und Sozialwerk untergebracht. Beide verbrauchen einzeln bei Weitem nicht genug Strom, als dass sich eine Eigenversorgung rechnet. Zusammen käme es einigermaßen hin, funktioniert aber auch nicht. Denn egal, ob nun die Feuerwehr das Sozialwerk mitversorgt oder umgekehrt, die Gemeinde müsste aus rechtlichen Gründen selber zu einem Energieversorgungsunternehmen werden. So wie jeder Privatmensch, der die Einliegerwohnung im eigenen Haus mit Strom aus einer gemeinsamen PV-Anlage versorgt.
Das ist die aktuelle Rechtslage, an der die großen Energieversorger, denen PV-Anlagen laut Weingart „ein Teufelswerk“ sind, noch mit Freude und Nachdruck festhalten. Denn in dem Moment, wo die Gemeinde auch nur bei einem Gebäude zum Energieversorger wird, gibt es für kein einziges gemeindliches Gebäude mehr einen Regelvertrag – hier mit den Stadtwerken Rosenheim. Dann müssten Susanne Wittmann und Beate Göbel aus der Stephanskirchner Kämmerei und Liegenschaftsverwaltung für jedes einzelne Gebäude der Gemeinde – ob mit PV-Anlage ausgestattet oder nicht – Sonderverträge aushandeln. In anderen Teilen der Republik habe es da schon regelrechte Erpressungsversuche gegeben, wusste Weingart.
Was zwei der ältesten Ratsmitglieder egal war. Gerhard Scheuerer (Parteifreie Bürger) ist schon seit vielen Jahren Energieversorger „und das läuft bestens“. Fraktionskollege Herbert Bauer meinte, die Verwaltung möge überprüfen, ob es für die Gemeinde langfristig nicht doch sinnvoll sei, als Energieversorger aufzutreten. Ein Auftrag, den Kämmerin Susanne Wittmann mit einem Kopfnicken entgegennahm.
Baukosten sind
sehr, sehr hoch
Bauamtsleiter Wolfgang Arnst war da skeptischer: „Uns fehlt das technische Know-how halt auch. Vermutlich ist es sinnvoller, zu warten, bis sich die Gesetzeslage ändert.“ Ins Visier der Gesetzgeber ist diese Regelung laut Weingart schon geraten.
Thomas Hoffmann (CSU) und Christian Helget (Freie Wähler) fanden die von Weingart angesetzten Baukosten „sehr, sehr hoch“. Allerdings gingen laut Hoffmann derzeit die Firmen mit hohen Angeboten in die Ausschreibungen, „weil sie die Aufträge letztlich gar nicht wollen.“ Weil sie so ausgelastet sind. Auch Weingart geht davon aus, dass die gemeindlichen PV-Anlagen trotz Ausschreibung nach den Sommerferien erst im Sommer 2024 ans Netz gehen. Ist okay, fand die Mehrheit der Gemeinderäte. Nur vier stimmten gegen den Bau der PV-Anlagen.