Kiefersfelden – Der G7-Gipfel in Ellmau, der die oberbayerische Polizei ein halbes Jahr lang auf Trab gehalten hatte, war vorbei. Während andernorts die Kollegen im Sommer 2022 in den Alltag zurückkehrten, begann für die knapp 30-köpfige Truppe der Polizeiinspektion Kiefersfelden das Aufräumen, Aussortieren, Einpacken. Denn sie würden sich im Laufe der nächsten Wochen in alle Winde verstreuen. Die PI Kiefersfelden lag in den letzten Zügen, wurde aufgelöst. Das hatte der damalige Polizeipräsident im Juli 2021 im Gemeinderat verkündet und begründet.
„Hat uns gar
nicht geschmeckt“
„Das hat uns gar nicht geschmeckt. Dass Polizei im Ort ist, das ist bei uns historisch gewachsen“, sagt Hajo Gruber, Bürgermeister der Gemeinde an der Grenze zu Tirol. Die Kieferer hätten sich bisher nicht mit dem Verlust „ihrer“ Polizei angefreundet. Oft kommen beim Bürgermeister Rückmeldungen an: „Jetzt haben wir hier massenhaft Bundespolizisten rumlaufen, aber uns nimmt man die Polizei weg.“ Das Sicherheitsgefühl gehe „den Leuten noch ein wenig ab“, auch wenn die Polizeipräsenz nicht nachgelassen habe.
Zuständig für Kiefersfelden und Oberaudorf ist seit knapp einem Jahr die PI Brannenburg. „Die Zusammenarbeit ist hervorragend“, sagt Hajo Gruber. „Ich melde mich ja selten in Brannenburg. Aber wenn, dann reagieren die Verantwortlichen sofort.“ Kein Wunder, wissen doch Inspektionschef Josef Mühlbacher und sein Stellvertreter Sebastian Thurnhuber ihre Neuerwerbung ganz im Süden des bayerischen Inntals gut einzuschätzen. „Der Hajo Gruber ruft nur an, wenn‘s wirklich wichtig ist“, bringt es Thurnhuber auf den Punkt.
Die Brannenburger sind froh über die 16-köpfige Verstärkung, die im September 2022 bei ihnen eintraf. „Wir sind dadurch von einer kleinen zu einer sehr robusten mittleren Dienststelle mitten in unserem Zuständigkeitsbereich geworden“, beschreibt es Thurnhuber. Die Vorfreude war offensichtlich groß, denn die Brannenburger richteten in ihrem geräumigen Dienstgebäude etliche Büros in Eigenregie her, sodass fast alle Mitarbeiter Einzelbüros haben.
Die personelle Verstärkung macht das Leben für die Chefs leichter, denn vernünftige Dienstpläne aufzustellen ist nun kein Problem mehr. „Wir konnten sowohl die Ermittlungs- als auch die Verfügungsgruppe aufstocken, haben – dank vieler junger Kollegen – tagsüber und nachts die gleiche Dienststärke, kompensieren eher mal Ausfälle wegen Krankheit oder Urlaub, können mehr Einsätze ohne Unterstützung von anderen Kollegen abdecken und zwei neue Alpinisten haben wir auch noch dazubekommen“, fasst Thurnhuber zusammen.
Nun sei es auch möglich, dass immer zwei Streifen unterwegs sind, eine im Norden des Dienstbereiches und eine im Süden. „Außerdem haben wir zwei Autobahnen vor der Nase – da sind wir schnell hoch- und runtergezischt.“ Und menschlich laufe es mit den hinzugekommenen Kollegen auch bestens. „Das war mal eine sinnvolle organisatorische Maßnahme“, sagt Thurnhuber fröhlich. Das Polizeigebäude in der Kiefer steht nun nicht etwa leer. Stefan Sonntag von der Pressestelle des Polizeipräsidiums berichtet, dass dort sehr wohl noch Polizisten Dienst tun.
Eine Einheit der Grenzpolizei Raubling und das K10, das Kommissariat für grenzüberschreitende Kriminalitätsformen, sind in Kiefersfelden untergebracht. Im K10 sitzen die Kollegen, „die den Draht nach drüben halten. Die sich zusammen mit den österreichischen Kollegen um Autoverschiebungen, Diebesbanden, Fahndungen und alles Mögliche kümmern.“ Ja, die hätten in dem stattlichen Gebäude in der Kiefer reichlich Platz. „Schön für die Kollegen“, sagt Sonntag trocken.
Meistens sind sie dort nicht alleine. Denn auch Schulungsräume des Polizeipräsidiums sind dort untergebracht. „Wir haben im Präsidium 2800 Leute, die können dort bestens auf neue Systeme und Abläufe geschult werden“, so der Pressesprecher. Denn gerade im Bereich der IT verändere sich ja ständig etwas. Ob es das Füttern und Abfragen von Datenbanken sei, die ganze Sachbearbeitung am Rechner – das könne dort konzentriert vermittelt und die Kollegen dann wieder in den Alltag in ihrer Dienststelle geschickt werden. „Für uns ist es auch ganz gut, dass wir Möglichkeiten haben, sollte sich kurzfristig Platzbedarf ergeben.“
Steuerzahler
wird geschont
Sonntag sieht noch einen Vorteil. In diesem Fall für den Steuerzahler: Nach der Fusion von Kiefersfelden und Brannenburg gebe es nur noch eine Führungsebene, eine Geschäftsstelle, einen Hausmeister.
Nein, versichert er, entlassen wurde niemand. Ein Teil der Truppe ging mit oder kurz nach der Zusammenlegung in Pension – wie Stefan Raithel, der letzte Chef in Kiefersfelden. Und alle andern konnten Wünsche äußern, wo sie denn hin wollten. Und das habe seines Wissens nach auch geklappt. Sonntag lacht: „Der Großteil wollte nach Brannenburg.“