Nußdorf – Mit einer Exkursion zum Nußdorfer Steinbach endete eine zweitägige Wildbachdienstbesprechung des Wasserwirtschaftsamtes Rosenheim (WWA). Bürgermeisterin Susanne Grandauer aus Nußdorf begrüßte die Teilnehmer und stellte die Hochwasserschutzmaßnahmen am Steinbach vor.
„Die Wildbachdienstbesprechung ist ein regelmäßiges Treffen, der zuständigen Behörden und Fachexperten für Wildbach- und Lawinenverbauung. Ziel ist es, aktuelle Erfahrungen im Zusammenhang mit der Sicherung von Wildbächen auszutauschen und gemeinsame Strategien zur Risikominimierung zu erarbeiten“, erklärte Dipl.-Ing. Josef Hamberger vom WWA Rosenheim, der auch das Nußdorfer Projekt leitet.
Das diesjährige Treffen der rund 90 Experten aus den bayerischen Wasserwirtschaftsämtern, dem Landesamt für Umwelt sowie den Regierungen und dem Umweltministerium fand am Wasserwirtschaftsamt Rosenheim statt. Auf der Agenda der Experten standen diverse Fachvorträge. Zahlreiche Objekte in der Region wurden besichtigt. So ging es zum Riesen- und Maigraben nach Flintsbach, zur Baustelle an den Zuggraben nach St. Margarethen, und nach Nußdorf zum Steinbach, der das WWA und die ausführende Flussmeisterstelle Rosenheim bereits seit mehreren Jahren beschäftigt.
Auslöser für den Hochwasserschutz am Steinbach war das extreme Hochwasser vom 2. Juni 2013 mit einem Pegelstand von 131 Zentimetern. Im Jahr 2014 wurde mit den Planungen begonnen. Der Ausbau diene in erster Linie dem Hochwasserschutz, aber auch der ökologischen Verbesserung. Der Steinbach wurde zu einem Naherholungsraum umgestaltet, um die Lebensqualität der Gemeindebürger zu erhöhen, so Grandauer. Nach der Einleitung des Wasserrechtsverfahrens im Jahr 2018 konnte im März 2019 die Finanzierungsvereinbarung zwischen dem Freistaat Bayern, vertreten durch das WWA Rosenheim, und der Gemeinde Nußdorf abgeschlossen werden. Die Planung sehe vor, dass im Ausbauzustand die berechneten 68 Kubikmeter pro Sekunde bei einem hundertjährlichen Hochwasser aus dem rund 26 Quadratkilometer großen Einzugsgebiet des Steinbachs abgeführt werden können.
Die Gemeinde habe die erforderlichen Flächen zur Verfügung gestellt. Außerdem wurden mit den Grundstückseigentümern Vereinbarungen über das Überschwemmungsgebiet in der Innau getroffen. Der erste Bauabschnitt kostete rund 1,4 Millionen Euro. Das Gesamtprojekt ist mit 3,5 Millionen Euro veranschlagt. Die Gemeinde beteiligt sich mit 21 Prozent an den Gesamtkosten.
Seine „Feuertaufe“ bestand die noch im Bau befindliche Konstruktion beim Hochwasser im August 2020. Der Pegel zeigte einen Wasserstand von 156 Zentimetern. Dabei rasten pro Sekunde 56,7 Kubikmeter Wasser durch den Steinbach ins Tal. Der höchste Wert, der seit 1987 in Nußdorf gemessen wurde. Die bereits fertiggestellte Deichrückverlegung hielt dem Hochwasser stand.
Der dritte und letzte Bauabschnitt soll im kommenden Jahr abgeschlossen werden. Bis dahin hat der Betreiber des Innkraftwerks Nußdorf gleichzeitig die Durchgängigkeit des Inns hergestellt, sodass Fische wieder vom Inn in den Steinbach wandern können.
Nach der Exkursion diskutierten die Teilnehmer die Entwicklung von Wildbachereignissen, Schutzmaßnahmen und mögliche Verbesserungen. Sich auszutauschen sei wichtig, denn in der Wildbachverbauung im Gebirge gäbe es oft keine Standardlösung und es komme auf Erfahrung an, hielt Dr.-Ing. Tobias Hafner, Leiter des WWA abschließend fest. stv