37 Millionen Euro für Energiewende vor Ort

von Redaktion

Die Bayernwerk Netz GmbH investiert 37 Millionen Euro in die Stärkung des Verteilnetzes der Landkreise Rosenheim, Miesbach und Traunstein. Die Steuerzentrale befindet sich in Kolbermoor. Welche Projekte die regionale Energiewende voranbringen sollen.

Kolbermoor – „Das Verteilnetz ist die Steuerzentrale der Energiewende“, betont Gazmend Kryeziu, Leiter des Kundencenters Kolbermoor der Bayernwerk Netz GmbH. In diesem Jahr investiert das Unternehmen mehr als 37 Millionen Euro in die Leistungskraft des regionalen Verteilnetzes und schafft zusätzliche Netzkapazitäten für die Einspeisung erneuerbarer Energien sowie die sichere Versorgung von Haushalten und Unternehmen in 55 Gemeinden der Landkreise Rosenheim, Miesbach und Traunstein.

Anschlussboom
hat sich verdoppelt

Im Juli 2022 verabschiedete der Bundestag das „Osterpaket“ zum Ausbau der erneuerbaren Energien. Ein Jahr später hat sich der Anschlussboom, der schon Ende 2021 begann, mehr als verdoppelt. „In den ersten beiden Monaten des Jahres 2022 registrierten wir in unserem Versorgungsbereich etwa 250 Anschlussanfragen für erneuerbare Energien-Anlagen, in diesem Jahr waren es im gleichen Zeitraum 600“, informiert Kryeziu. „Das ist eine Herausforderung.“ Das Bayernwerk müsste sein Netz verdoppeln, um den etwa 10000 Anfragen pro Monat im gesamten Netzgebiet zu entsprechen, beschreibt Silke Mall, Leiterin des Kommunalmanagements Oberbayern der Bayernwerk GmbH, die explosionsartige Entwicklung.

Auch Bezugsanfragen
deutlich gestiegen

Neben der wachsenden Einspeiserzahl seien durch Elektromobilität, Rechenzentren und Wärmepumpen auch auf der Bezugsseite die Anforderungen gestiegen. „Dieser Boom ist beeindruckend. Er findet bei uns im Netz statt. Dafür müssen wir die erforderlichen Kapazitäten schaffen“, betont Gazmend Kryeziu.

„Wollen wir bis 2040 einen klimaneutralen Freistaat erreichen, müssen sich die politischen Rahmenbedingungen für Netzbetreiber verbessern“, macht Silke Mall klar. Dazu gehörten unter anderem schnellere Genehmigungsverfahren, Entbürokratisierung und ein Landesbedarfsplangesetz, denn: „Wir brauchen Sicherheit für einen passgenauen, vorausschauenden Netzausbau.“

„Die sichere Versorgung der Menschen mit Energie ist unser wichtigstes Produkt. Deshalb arbeiten wir intensiv am Netz der Zukunft, an einer besseren Versorgungssicherheit und der Erhöhung der Einspeisekapazitäten“, betont Kolbermoors Kundencenter-Leiter Gazmend Kryeziu. Das Gesamtinvestitionsvolumen des Bayernwerks liegt in diesem Jahr bei 750 Millionen Euro. Im Versorgungsgebiet des Kundencenters Kolbermoor werden 37 Millionen ins Stromverteilnetz investiert – davon 22 Millionen Euro für Modernisierung und Neubau sowie 15 Millionen Euro für Instandhaltungen.

Etwa 700000 Euro fließen in die Digitalisierung der Verteilnetze in Kolbermoor, Bad Aibling und Feldkirchen-Westerham. Hier werden 15 Transformatorenstationen – davon allein 13 in Kolbermoor – gegen digitale Ortsnetzstationen ausgetauscht. „Diese ermöglichen es uns, Schaltungen und Zustandsabfragen digital aus der Netzleitstelle durchzuführen. Das erhöht die Reaktionsgeschwindigkeit bei Störungen enorm“, so Kryeziu. Eine Herausforderung sei es, die erforderlichen Grundstücke für die Trafostationen zu bekommen, macht er auf Hürden aufmerksam.

In Heinrichsdorf bei Bad Aibling wird eine 2,4 Kilometer lange Mittelspannungsfreileitung durch leistungsstärkere Erdkabel ersetzt und mit drei digitalen Ortsnetzstationen gekoppelt. Das verbessert Versorgungssicherheit und Landschaftsbild. Die Freileitung kann anschließend zurückgebaut werden. Kosten: etwa 390000 Euro.

Durch eine neue Mittelspannungsausleitung aus dem Umspannwerk Vagen wird das Stromverteilnetz in Irschenberg verstärkt. „Im Umspannwerk in Vagen fließt regional erzeugte Energie unter anderem aus Wasserkraft und PV-Anlagen zusammen und wird regional verteilt“, erklärt Thomas Kotarski, Leiter für den Betrieb von Umspannwerken und Schaltstationen in der Bayernwerk Netz GmbH. Die neue Ausleitung aus dem Umspannwerk werde als Erdkabel in den Abschnitten Vagen bis Aufham und Kirchsteig bis Wendling auf einer Länge von etwa, 8,6 Kilometern verlegt. „In den nächsten Wochen werden wir mit einer Spülbohrung die Autobahn A8 unterqueren“, kündigt Kryeziu an. In das Projekt investiert das Bayernwerk etwa 1,3 Millionen Euro. Ziel ist eine Erhöhung der Netzkapazitäten für steigende Einspeise- und Bezugsleistungen.

In Grassau wird ein langjähriges Projekt abgeschlossen. Für die Versorgungssicherheit von Marquartstein und Reit im Winkl wurde bereits eine Million Euro in etwa zehn Kilometer lange Erdkabel und erforderliche Trafostationen investiert. In diesem Jahr wird das Projekt abgeschlossen: Die zwei Kilometer lange Mittelspannungsfreileitung „Pettendorf“ soll durch ein leistungsstärkeres 500 Meter langes Mittelspannungserdkabel und eine digitale Transformatorenstation ausgetauscht und anschließend zurückgebaut werden. Kosten: 90000 Euro

In Holzen bei Bad Endorf werden eine neue digitale Transformatorenstation installiert und 500 Meter Mittelspannungskabel ins Erdreich gelegt. Ziel ist die Erhöhung der Einspeisekapazitäten. Die Investition liegt hier bei etwa 180000 Euro.

Am Chiemsee hat sich ein Seekabel zur Fraueninsel auf einer Länge von etwa 50 Metern angehoben. Für die Sicherheit der Schifffahrt wird dieses in den nächsten Wochen mit einem Tauchroboter wieder abgesenkt. Die Kosten werden auf etwa 32000 Euro geschätzt.

Investitionen in
Hochspannung

Eine Frischekur im Wert von 200000 Euro erhalten derzeit die Masten der Hochspannungsleitung am Umspannwerk Rosenheim. „Sie werden mit einem Hochdruckreiniger gesäubert und erhalten einen neuen Schutzanstrich mit zinkfreier Schutzfarbe“, erläutert Thomas Kotarski. „Um eine Langlebigkeit des Materials und eine zuverlässige Stromversorgung zu garantieren, wird dieser Korrosionsschutz bei Hochspannungsmasten alle 25 bis 30 Jahre vorgenommen.“

Auch die rund 18 Kilometer lange Freileitung zwischen Pang und Riedgasteig, die aus den 70er-Jahren stammt, wird ab Herbst erneuert. „Die Masten werden um ein bis zwei Meter erhöht, um den Sicherheitsabstand der Leitungen zum Verkehr am Boden zu erhöhen“, informiert Kotarski. Zudem tauschen Techniker Verschleißteile an 40 Masten aus und erneuern die Isolatoren. „Die Leitung erfährt eine 80-Grad-Celsius-Sanierung, sodass in Zukunft nicht nur eine zuverlässige Stromversorgung garantiert ist, sondern auch die Verteilkapazitäten erhöht werden.“ Das Bayernwerk wendet dafür rund 250000 Euro auf.

Lieferzeiten von
bis zu zwei Jahren

In Sinning in der Gemeinde Rohrdorf investiert das Unternehmen rund 1,1 Millionen Euro in die Erneuerung des Umspannwerks. „Als Netzknoten verbindet es das Mittelspannungsnetz mit der Hochspannung“, erklärt Kotarski. Die alten Transformatoren aus dem Jahr 1967 werden durch neue ersetzt. Dadurch erhöht sich die Kapazität zur Einspeisung dezentral erzeugter Energie in der Region.

„Die neuen Geräte werden voraussichtlich 2024 geliefert und eingebaut“, weist Gazmend Kryeziu, Leiter des Kundencenters Kolbermoor, auf Lieferengpässe hin, die bei Transformatoren und Trafostationen für Wartezeiten von bis zu zwei Jahren sorgen.

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