Die Cowboys aus Großkarolinenfeld

von Redaktion

Zum Tag der Kuhhirten am 22. Juli – Was einen bayerischen Western-Helden ausmacht

Großkarolinenfeld – In der Mitte des Raumes steht ein runder Holztisch. Die Stühle sind mit Samt überzogen. An der Bar gibt es Rum, Bourbon Whiskey und Scotch. Auf dem Tresen liegt ein Fuchsfell, und amerikanische Nummernschilder zieren die roten Wände. Karin Lachauer, Cowgirl aus Großkarolinenfeld, nimmt ein Bild von der Wand. Eine Frau mit Cowboyhut und Gewehr: Calamity Jane, eine amerikanische Revolverheldin.

Country und der Wilde Westen

Denn nicht nur Männer haben den Wilden Westen regiert. Calamity Jane verschaffte sich Respekt, wurde zur Legende. Respekt genießt auch Karin Lachauer im „Club Kentucky Rosenheim“. Sie ist die Präsidentin des Vereins. Anton Daurer und Frank Häusler haben den Club 1986 gegründet. Sie begeisterten sich für Country und Western, wollten mit Vorderladern schießen. Das sind Waffen, die von vorne geladen werden.

„Im Mittelalter haben die Menschen entdeckt, dass man mit Schwarzpulver schießen kann“, sagt Kurt Fischer. Er ist der Zweite Präsident des Vereins. Amerikanische Siedler haben die Waffen Fischer zufolge zum Schutz vor Tieren genutzt. Auch Pfeil und Bogen hätten sie genutzt. Einige der 200 Vereinsmitglieder schießen heute auch mit Bögen. Nicht zum Schutz, sondern als Sport.

Sie trainieren ebenso wie die Schützen. Diese müssen jedoch zwei Tage Ausbildung und eine Prüfung beim Gewerbeamt absolvieren. Da Schwarzpulver in den Vorderladern ist, brauchen die Schützen Fischer zufolge eine Sprengstofferlaubnis. Erst nach Bestehen der Prüfung können Bürger die Erlaubnis beantragen. Bevor die Schützen eine Berechtigung bekommen, werde das Strafregister geprüft.

„Das Wichtigste ist Sicherheit“, sagt Fischer. Lachauer nickt und ergänzt: „Wer den Führerschein macht, kann noch lange nicht Autofahren.“ Deshalb müssten die Schützen üben. Jeder, der schieße, habe den Umgang mit Waffen im Verein gelernt. Beim Training gebe es immer eine Aufsicht. Die stellt sicher, dass niemand gefährdet wird.

Auf die Frage, ob sie für ihr Hobby verurteilt werden, sagt Fischer: „Das passiert ständig. Die Menschen denken, dass wir gewalttätig sind.“ Das sei jedoch nicht der Fall. Es gehe um den Sport. Wer treffen will, muss dem Vereinspräsidenten zufolge ohnehin in einem Zustand wie beim Yoga kommen: Das Hirn muss frei von Gedanken sein. Wer aggressiv ist, sei fehl am Platz. „Wir wollen nicht als Waffennarren hingestellt werden“, betont Fischer immer wieder. „Der Umgang mit Waffen ist in der Gesellschaft geächtet.“ Dabei dürften die Mitglieder die Waffen nicht offen tragen. Die Vorderlader seien im Tresor verschlossen und nicht zugriffsbereit, also nicht geladen. Sie dürfen sie nur auf dem Schießplatz und während Wettbewerben verwenden, sagt Fischer.

300 bis 400
weiße Zelte

Wettbewerbe wie die von der Schützengilde Hall. Jedes Jahr veranstaltet der Verein das „Internationale Vorderladerschießen“. Und jedes Jahr besuchen Fischer und Lachauer das Fest mit ihren Familien. Häufig belege der Club die ersten Plätze. Doch es geht nicht nur um den Sport, sondern um die Gemeinschaft und Geselligkeit. „Wir stellen Zelte auf, meist sind nur weiße erlaubt“, sagt Lachauer. 300 bis 400 Zelte reihten sich dann aneinander. Die Besucher machen gemeinsam Musik, tanzen und unterhalten sich. „Ein Lagerfeuer ist ganz wichtig“, betont Lachauer. Und natürlich die Kleidung. Was braucht ein echter Cowboy? „Hut, Hemd, Stiefel“, antwortet die Club-Präsidentin. Dazwischen gebe es viel Spielraum. Die Westernfans legen sich nicht fest auf eine Farbe oder ein Muster. „Sie haben damals ja auch das hergenommen, was sie hatten.“

Der Hut sei aber ein Muss. Statt des klassischen Cowboyhuts – dem Stetson – könne es auch ein Zylinder oder eine Melone sein. Letztere hat ein rundes Kopfteil. Bei Tanzveranstaltungen tragen die Frauen teilweise Reifrock. „Sie haben mehr Möglichkeiten als die Männer“, sagt Fischer.

Doch woher kommt die Liebe zum Wilden Westen? Kurt Fischer kam über die Nitroschützen – sie verwenden sogenannte rauchlose Pulver, die Nitropulver – zum Club. Und er ist geblieben. „Die Menschen sind ein ganz besonderer Schlag“, sagt er. „Mir hat das gefallen, weil da jeder sein kann, wie er will. Und weil es Spaß macht.“

Zudem ist der Großkarolinenfelder ein USA-Fan. Er sei schon oft „drüben“ gewesen. Ein wichtiges Erlebnis habe er in der Geisterstadt Bodie gehabt. Die Goldgräbersiedlung wurde 1930 aufgegeben, und die Bewohner haben „alles stehen und liegen lassen“. Als Fischer dort war, sei es völlig einsam und ein wenig gruselig gewesen. „Der Wind hat durch die Geisterstadt gepfiffen.“ Andere Städte seien für Touristen aufgepeppt, in Bodie sei das nicht so. „Man wird zum Kind“, sagt Fischer. Das müsse jeder werden, der den Spaß der Amerikaner in den touristischen Geisterstädten verstehen will.

Auch Lachauer war bereits oft in den USA. Vergangenes Jahr habe sie Deadwood in Süddakota besucht. Sie liebe Country- und Rockmusik. Zudem praktiziere sie das Westernreiten. Früher sei sie viele Turniere geritten, sagt sie. Sie schwelgt in Erinnerungen: „Ich habe als Kind schon Cowboy und Indianer gespielt.“

Ein „Howdy“
zur Begrüßung

Der Begriff „Indianer“ wird von vielen Menschen kritisch gesehen. „Das spielt für mich keine Rolle“, sagt Lachauer. Sie habe mit Angehörigen der indigenen Bevölkerung in Nordamerika gesprochen. „Sie sehen Indianer nicht als Schimpfwort.“ Das bestätigt Fischer: „Wenn ich mich mit Natives unterhalten hab, sahen sie das sehr entspannt.“

Auch bei den Treffen in Schwäbisch Hall seien amerikanische Ureinwohner dabei. Und die begrüßen der Cowboy und das Cowgirl aus Großkarolinenfeld wohl auf traditionelle Weise: mit einem Griff an den Hut und einem „Howdy“.

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