Eggerdinger Gedenkstein gesegnet

von Redaktion

Alte Familiengeschichte aufgedeckt – Heimatverein Schnaitsee veranlasst Restaurierung

Schnaitsee – Seit Jahrhunderten steht an der Straßengabelung bei Eggerding in der Gemeinde Schnaitsee eine Steinsäule. Mit den Jahren geriet sie in einen immer desolateren Zustand. Der Heimatverein Schnaitsee macht es sich zur Aufgabe, prägnante Flurdenkmäler zu erhalten und ihre Geschichte zu erkunden. Deshalb beauftragte der Verein einen Steinmetz, die im oberen Teil bereits gespaltene Säule zu restaurieren und mit einem angepassten Metallkreuz zu versehen.

Nach dem Wiederaufbau segnete nun Pfarrer Mario Friedl die Säule im Rahmen einer kleinen Feier. Ein Klarinetten-Trio gestaltete die Zusammenkunft mit pastoraler Musik. Ortsheimatpfleger Reinhold Schuhbeck informierte über die Geschichte der Gedenksäule.

Steinsäule erinnert an
Totschlagsgeschichte

Nach Angaben der Pfarrchronik von Johann Baptist Veichtmayr wurde am 17. Mai 1653 in der Nähe von Eggerding der Pfarrvikar von Durrhausen von einem Bauern aus Grub bei Kirchensur im Streit erschlagen. Durrhausen ist die heutige Pfarrei Stephanskirchen-Kirchensur. Vorausgegangen waren Streitigkeiten um den Zehnten, also um die Natural-Abgabe an die Pfarrei. Der Grabstein des betroffenen Priesters Wolfgang Piedinger steht in der St.-Bartholomäus-Kirche in Kirchensur. Zur damaligen Zeit galt im Bereich des Erzbistums Salzburg, zu dem das Schnaitseer Gebiet noch bis 1807 gehörte, bei Totschlag das Sühnerecht: Durch geistliche und weltliche Sühne entging man der Blutgerichtsbarkeit.

Warum die Steinsäule nahe Eggerding im Zusammenhang mit dem Totschlag von 1653 gesehen werden kann, ergab ein Zufall. Eine Wiener Familienforscherin, Großcousine der Heistracher von Schnaitsee, erklärte, dass die Geschichte letztendlich gut ausgegangen sei. Der Täter, Bauer Hans Gruber, unternahm auf Anraten seines Bruders, des Traunsteiner Stadtschreibers Georg, eine Pilgerfahrt nach Rom und Loretto. Anschließend wandte er sich an den Erzbischof in Salzburg und bat um Absolution. Dieser trug ihm auf Reue zu zeigen, indem er sich in Heistern – heute Haistrach in der Pfarrei Palling – auf dem dortigen Hof als Knecht verdinge. Hier war Gruber als Hilfskraft willkommen, weil der Bauer Gabriel Heistracher, Vater von zehn Kindern, kurz vorher verstorben war.

Allerdings wurde Gruber 1654 in Tittmoning inhaftiert und wenig später an Bayern übergeben. Dort drohte ihm nun im Unterschied zu Salzburg die Todesstrafe. Doch schon ein Jahr später kam er frei, kehrte nach Heistern zurück und ehelichte, weil er selbst Witwer war, die Witwe Anna Heistracher.

Weitere Legende
entkräftet

Er verstarb am 19. April 1667 ohne weitere Nachkommen als „alter Haistracher de Haistrach und Austragsmann“. Drei Jahre später starb seine Frau Anna, die Urahnin der Familien Heistracher in Gitzen, Schnaitsee und Kirchensur. Vermutlich ließ Gruber am Ort der Tat die Gedenksäule errichten. Damit wurde eine andere Legende, nämlich die des Sühnekreuzes von Pfaffenham, entkräftet, dem bislang diese Totschlagsgeschichte angedichtet worden war. Dem Heimatverein Schnaitsee ist es damit gelungen, ein Flurdenkmal mit seiner Entstehungsgeschichte sowie den heutigen Generationen zu verbinden.

Das Beispiel zeigt, dass es Sinn macht, die vielen Flurdenkmäler auf dem Gebiet zu erhalten. Mitglieder des Heimatvereins aktualisieren derzeit die alten Listen der Flurdenkmäler auf dem Gemeindegebiet mit den Auflistungen von 1980 durch Ortsheimatpfleger Gustav Tribus und den Erhebungen des Trachtenvereins Schnaitsee aus dem Jahr 1999.

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