„Geh‘ mit Gott…“

von Redaktion

Pfarrer Reinhold Seibel geht nach 27 Jahren in Ruhestand

Stephanskirchen – Eigentlich heißt es ja, „über die Toten sagt man nichts Schlechtes“, weil sie sich nicht wehren können. Es gibt aber auch Lebende, über die niemand etwas Schlechtes sagt. Reinhold Seibel ist so jemand. Im Frühjahr 1996 kam er, mit knapp 40 Jahren, nach Stephanskirchen. Der Kirchenvorstand hatte damals einen Tipp bekommen, sich doch mal „diesen Pfarrer in München“ anzusehen. Zuvor hatte sich ein anderer Kandidat für die zu dem Zeitpunkt schon eine Weile unbesetzte Pfarrstelle ins Aus geschossen. Mit dem Kommentar, das evangelische Pfarrhaus gleiche sozialem Wohnungsbau, fand der Kirchenvorstand nicht so gut, wie sich Peter Hessen, ehemaliger Rektor der Otfried-Preußler-Schule und wie seine Frau sehr engagiert in der evangelischen Gemeinde, erinnert.

Erstmal einen
Tee trinken

Also ab nach München, Reinhold Seibel im Gottesdienst in Augenschein genommen. „Er hat uns dann hinterher hinauf in seine Wohnung gebeten, erstmal einen Tee aufgesetzt“, erzählt Hessen. Der älteste Seibel-Sohn, Daniel, war noch klein, „wir haben ihn reihum auf dem Arm gehabt oder auf die Fensterbank gestellt und mit ihm rausgesehen, während die anderen sich mit Seibels unterhalten haben. Das war menschlich so gut, dass wir ihn gefragt haben, ob er nicht kommen wolle.“ Er wollte.

Und es zeigte sich schnell, dass Reinhold Seibel die Ökumene lebt: Im Spätsommer fand das erste gemeinsame Pfarrfest mit der katholischen Pfarrei Stephanskirchen statt. Peter Hessen erinnert sich an ein Rad-„Rennen“ zwischen den beiden Pfarrhäusern: „Es ging – glaube ich – darum, wer am langsamsten war. Seibel hatte sich mit seinem Kollegen Ager auf ein Tandem gesetzt und die beiden waren fast stehend unterwegs. Sie haben mit Abstand am längsten gebraucht und den weitaus größten Applaus bekommen“, erzählt er amüsiert.

Die Ökumene funktionierte auch mit seinem letzten katholischen Kollegen bestens. Pfarrer Fabian Orsetti und Seibel kommen beide von den Georgspfadfindern und teilen so manche Erfahrung. „Wir haben schnell den Pfad zueinander gefunden“, sagt Orsetti. „Unsere beiden Kirchen in Haidholzen sind nur einen Steinwurf voneinander entfernt – und genau so hat sich für mich unser ökumenisches Miteinander angefühlt: wir waren uns Nahe, wir haben immer unkompliziert zueinander gefunden und die Begegnungen waren stets freundschaftlich, erbaulich, aber immer auch von Respekt und Achtung vor der jeweils anderen Konfession geprägt.“

Auch kulturell arbeiteten sie zusammen: „Ein Höhepunkt war für mich immer wieder die „Ökumenische Nacht der Musik“, die alle zwei Jahre in der evangelischen und katholischen Kirche mit verschiedenen Musikgruppen stattfand. Die Straße zwischen den beiden Kirchen war dabei Ort der Begegnung bei Speis und Trank. Ein ganz tolles gemeinsames Projekt, das uns verbunden und zusammengeführt hat.“

„Leidenschaftlicher
Seelsorger“

Verbunden fühlt sich Orsetti nicht nur dem Pfarrer, sondern auch dem Menschen Seibel: „Ich habe Reinhold als leidenschaftlichen Seelsorger kennengelernt und als einen Pfarrer, der sehr gewissenhaft, sorgfältig und akribisch anstehende Aufgaben vorbereitet und durchgeführt hat. Er konnte mit Ernst bei der Sache sein und zugleich strahlte er Gelassenheit und Heiterkeit aus. Für all das gute Miteinander bin ich ihm sehr dankbar und wünsche ihm für den Aufbruch in die neue Lebensphase Gottes Weggeleit.“

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