Eggstätt – „Das ist hoffentlich die letzte Gemeinderatssitzung für eine lange Zeit, die von einem Zweiten Bürgermeister geleitet wird“, eröffnete Hans Plank (CSU) die jüngste Gemeinderatssitzung. Denn im Oktober hat die kleine Gemeinde am Hartsee einen neuen Bürgermeister. Gewählt am 8. Oktober , ausgezählt nach Land- und Bezirkstag.
Exakt fünf Monate, nachdem Christian Glas (FBE) das Handtuch warf und aus gesundheitlichen Gründen den Chefsessel im Rathaus räumte, machte Plank im Gemeinderat Kassensturz. Er hatte, im Gespann mit Gerhard Eder (ÜWG), das Ruder übernommen. Beide neben Vollzeitjob und Familie. Und unzertrennlich.
Nach einer kurzen Bestandsaufnahme – spätestens jeder zweite Schreibtisch im Rathaus verwaist, zwei Abteilungen ohne Leitung – sei klar gewesen, so Plank, dass das vorhandene Rumpfteam es nicht alleine schaffen würde. Das sahen auch das Landratsamt und der bayerische Gemeindetag so. Eine Zwangsehe mit einer anderen Gemeinde drohte. Die Bürger hätten einen Anspruch auf eine funktionierende Verwaltung, so Wilfried Schober vom Gemeindetag, „es geht nicht, dass Sachen wegen Personalmangels liegen bleiben. Es geht ja auch um Fristen.“ Es wäre eine Premiere in Bayern gewesen.
Die Zwangsehe wollten alle nicht, die in Eggstätt die Verantwortung für das Wohl der Gemeinde tragen. „Da muss die Gemeinde kreative Lösungen suchen“, so Schober. Gegebenenfalls mit dem Landratsamt als Unterstützung. Die Lösung: Externe Kräfte. Plank wusste, dass sich der ehemalige Priener Bürgermeister Jürgen Seifert mit einer entsprechenden Firma selbstständig gemacht hatte. „Ich wollte keinen Berater, der sich umschaut, Vorschläge macht und wieder geht“, so Plank gegenüber dem OVB. „Ich wollte jemand, der die Arbeit am Schreibtisch in Eggstätt erledigt, bis dieser Schreibtisch wieder besetzt ist.“
„Aus eigener Kraft
nicht geschafft“
Das Geld war da. Denn im Haushalt waren Personalausgaben vorgesehen, die mangels Personal nicht angerührt worden waren. Die Entscheidung, externe Kräfte einzukaufen, traf der gesamte Gemeinderat in einer der vielen Sondersitzungen, die sich im April und Mai jagten. Nicht nur fürs Rathaus, auch für die Kindertagesstätte. Da sprang „Dorfkinder plus“ ein.
Vorwürfe von außerhalb des Gemeinderates und der Verwaltung, das Anheuern der externen Kräfte sei Geldverschwendung gewesen, kann Plank nicht nachvollziehen. „Wir hätten es aus eigener Kraft nicht geschafft. Und die Externen haben mehr als einen Zuschussantrag gerade noch rechtzeitig gestellt, manch einen zugesagten Zuschuss gerade noch rechtzeitig abgerufen. Da kommt eine satte sechsstellige Summe zusammen“, so Eder in der Gemeinderatssitzung.
Seifert und seine Leute arbeiteten sich aber nicht nur durch die liegengebliebenen Papierstapel. Zusammen mit Plank, Eder, der verbliebenen Rumpfmannschaft und dem Rat machten sie sich daran, die Gemeindeverwaltung neu zu organisieren. Denn bisher, so berichtete Plank den vielen immer fassungsloser lauschenden Zuhörern der jüngsten Gemeinderatssitzung, habe es keine Vertretungsregelung gegeben, keine Beschreibung der Aufgaben, kein Organigramm – eigentlich gar keine Organisation, die den Mitarbeitern ein vernünftiges Arbeiten ermöglichte.
Dass sich in Eggstätt was tut, sprach sich in Verwaltungskreisen wohl schnell herum. Plötzlich kamen Bewerbungen auf Stellenanzeigen. Und auch Initiativbewerbungen. Zum Beispiel für den geschäftsleitenden Beamten. Der ist einer von vieren, die zum Jahreswechsel ihren Dienst in Eggstätt antreten. „Und wenn ich jetzt eine Initiativbewerbung bekomme, muss ich leider antworten, dass wir momentan keinen Arbeitsplatz offen haben“, so Plank erleichtert. Nur die Nachfolge vom scheidenden Bauamtsleiter Bernd Ruth zum 1. Januar ist noch ungeregelt. „Aber da haben wir zwei gute Bewerber.“ Alle „Neuen“ stellten sich bei der Sitzung den Gemeinderäten und Publikum vor.
Plank und Eder bekamen ob ihrer Arbeit in den letzten Monaten viel Lob aus dem Gemeinderat. So viel, dass es einem Mitglied der FBE-Fraktion zu viel wurde: Die Gemeinderatssitzung arte ja in eine Wahlkampfveranstaltung aus. Plank war kurz fassungslos, meinte dann: „Wenn die Vertretungszeit zu Ende geht, müssen wir doch mal Kassensturz machen, was in der Zeit alles passiert ist.“ Den Vorwurf der Wahlkampfveranstaltung nahm Katharina Weinberger, Fraktionsvorsitzende der Grünen, besonders übel: Plank und Eder hätten sich mit ihrem unglaublichen Einsatz das Lob wohl verdient.