Oberaudorf – So gut besucht waren die Oberaudorfer Bürgerversammlungen in den vergangenen Jahren nur selten. Allerdings war es auch kein alltäglicher Anlass, der rund 200 Oberaudorfer in den Kultursaal der Gemeinde gelockt hatte. Denn am 8. Oktober entscheiden die Einwohner nicht nur über Land- und Bezirkstag, sondern in einem Bürgerentscheid auch darüber, was mit der Fläche am Gschwendtner Feld passieren soll.
Vorträge und
Diskussionen
Bevor Bürgermeister Dr. Matthias Bernhardt die Pläne des Gemeinderates zum Bau eines Prechtl-Edeka samt Rossmann vorstellte, erhielt die Bürgerinitiative „Für ein lebendiges Audorf“ rund 20 Minuten lang die Möglichkeit, ihren Standpunkt zu verdeutlichen.
Christina Brunner, seit 20 Jahren Apothekerin in Oberaudorf, verpackte ihre Sorgen in ein Beispiel. „Wenn der Prechtl kommt, sehe ich mich vor einem acht Meter langen Müsliregal stehen“. Wenn man schließlich den Laden verlasse, sei der Einkaufszettel zwar sicher abgearbeitet. Aber wer hätte dann noch einen Grund zu den Geschäften im Dorfzentrum zu gehen? „Niemand“, fürchtet Brunner. Sie warf dann die Frage auf, ob es denn wirklich so eine XXL-Lösung braucht, die den Verkehr, die bestehenden Läden und nicht zuletzt die Umwelt belaste.
Landwirt Sepp Steinmüller, ebenfalls Vertreter der Initiative, ergänzte, dass laut eines von Experten erstellten Gutachtens der neue Edeka die geschätzte Kaufkraft Oberaudorfs um rund ein Drittel übersteigen würde. „Das heißt aber natürlich nicht, dass wir keinen Nahversorger brauchen“, betont Steinmüller. Allerdings bräuchte es eine passgenaue Lösung, im besten Fall auf bereits bestehenden Gewerbeflächen.
Beim anschließenden Vortrag des Bürgermeisters ging es in erster Linie darum, wie der Gemeinderat in den vergangenen drei Jahren das Thema rund um das Gschwendtner Feld abgewogen hat. „Wir haben nicht alle die Stifte fallen lassen und den Edeka willkommen geheißen, sondern haben uns das lange überlegt“, meint der Rathauschef. Nach diversen Gutachten, zahlreichen Gesprächen und der Analyse von möglichen Flächen sei der Bau am Gschwendtner Feld als beste Lösung übrig geblieben.
Bezüglich der bestehenden Läden habe Bernhardt außerdem keine Bedenken. „Ich habe in Brannenburg und Raubling nachgefragt, wie die Geschäfte sich entwickelt haben, seitdem dort ein Prechtl steht.”
Das Ergebnis: Die kleineren Geschäfte wie Bäckereien, Metzger oder Blumenläden hätten keineswegs dicht machen müssen, sondern hätten sogar von der entstehenden Kaufkraft profitiert. Auch bei der CO2-Bilanz sieht Bernhardt keine Einbußen, da man den Verlust durch die Versiegelung der Wiese mit den Einkäufern, die dann beispielsweise nicht mehr nach Kiefersfelden pendeln, wieder ausgleichen könnte.
Hitzig wurde die Diskussion auf die Anfrage von einigen Oberaudorfern, wie denn die konkrete Alternative zum Edeka aussieht. Initiativensprecher Markus Aicher betonte daraufhin, dass es durchaus Flächen, wie beispielsweise rund um die Privatbrauerei Astl, gebe, auf der kleinere Varianten von Drogerie und Supermarkt nicht ausgeschlossen seien.
„Für genauere Pläne wäre dann aber auch der Gemeinderat noch mal gefordert”, meint Aicher. Auch einen kleineren Supermarkt auf dem Gschwendtner Feld würde die Initiative nicht ausschließen, wie sie mit sehr deutlichen Worten gegen die Pläne der Firma Prechtl verdeutlichte.
Edeka-Betreiber fühlt
sich angegriffen
Andreas Prechtl, Geschäftsführer der Supermärkte in der Region Rosenheim, erhielt daraufhin per Abstimmung auch als „Nicht-Oberaudorfer” das Wort. „Mich überrascht es, dass mich die Initiative persönlich angreift“, meint er. Zumal er bereits erklärt habe, warum ein kleinerer Markt für ihn nicht erstrebenswert ist. „Die große Auswahl, die wir anbieten, ist das, was sich die Leute wünschen”, meint er. Der Trend gehe gemäß seinen Zahlen zu einer möglichst großen Auswahl, weshalb es aus der Sicht des Geschäftsmanns keinen Sinn ergibt, in eine kleinere Fläche zu investieren.
Angegriffen fühlten sich auch die Oberaudorfer Gemeinderäte Stephan Bruhn und Stefan Hirnböck, die einmal mehr die Frage aufwarfen, warum die Bürgerinitiative sich nach der langen Planung erst jetzt gebildet hat.
„Ich habe in der ganzen Zeit keinen von euch in einer öffentlichen Gemeinderatssitzung gesehen“, meint Bruhn. „Diese Frage habe ich noch nie verstanden“, antwortete Sprecher Ulrich Brunner verärgert. „Es ist schließlich unser gutes Recht, die Pläne zu hinterfragen, sobald sie konkret werden.“ Abschließend betonten sowohl Bernhardt als auch Prechtl, dass sie eine Entscheidung aller Oberaudorfer am 8. Oktober befürworten. „Dann wissen wir mit Bestimmtheit, was die Bürger wollen und können uns danach richten“, meint der Rathauschef.