Chieming – Eine steigende Zahl von Verbrauchern will wissen, wo und wie Lebensmittel erzeugt werden. Am besten sollen sie auch noch aus der Region stammen. Einen wichtigen Beitrag für die Vermarktung regional erzeugter Produkte leisten Dorf- und Hofläden. Rund 20 solcher Einrichtungen gibt es im Chiemgau. Angesichts immer neuer Rabattschlachten der Discounter, von Inflation und dem Trend zu rund um die Uhr geöffneten Geschäften mit Zugangscode wird die Lage für die mit viel Enthusiasmus betriebenen Dorfläden aber zunehmend schwieriger. Wie Beispiele in Hammer und Vachendorf zeigen, mussten nach dem Gründungshype vor gut fünf Jahren die ersten Läden bereits wieder schließen.
Aus Sicht des Regionalmanagements der Chiemgau GmbH Wirtschaftsförderung sind die Hof- und Dorfläden allerdings entscheidende Mitspieler zur Vermarktung und zum Erhalt der regionalen Produktvielfalt. Durch Stützung der Wirtschaftskreisläufe vor Ort gewährleisten sie langfristig die Versorgung mit Lebensmitteln aus der Region. Durch ihre Kooperation mit anderen örtlichen Betrieben wie Metzgereien, Bäckereien oder Gaststätten und als Treffpunkt für Bürger kommt den Dorfläden zudem eine wichtige soziale Funktion zu. Bei einem Pressetermin erläuterten jetzt Magdalena Kollmann von der Chiemgau GmbH und Marille Naglschmidt vom Chieminger Dorfladl die Situation. Das Dorfladl gehört zu den am längsten bestehenden Institutionen im Landkreis und feiert vom 9. bis 14. Oktober mit einer Aktionswoche sein zehnjähriges Bestehen.
Wie Kollmann erläutert, können Ladenbesitzer aus der Region durch den Beitritt des Regionalmanagements zur bundesweiten Vereinigung der Bürger- und Dorfläden e.V. vom Know-how überregionaler Experten, von neuen Vermarktungsideen und vielfältigen Angeboten profitieren.
Erster Vorsitzender des Vereins mit bundesweit 250 Mitgliedern ist Wolfgang Gröll aus Berg am Starnberger See. Er berät auch Kunden aus dem Chiemgau. „Es geht auch darum, das Vorurteil zu widerlegen, dass Discounter immer billiger als Dorfläden sind.“ Wie die Theorie in der Praxis aussieht, erklärt Marille Naglschmidt. Sie hat Alfred Heitauer mitgebracht, der das Dorfladl vor zehn Jahren im Oberdorf gegründet hat. „Dort gab es keine Nahversorgung, aber eine rege Nachfrage nach Bio-Produkten der in Wasserburg ansässigen Stiftung Attl“, erklärt der Ruheständler. Als Ort der Begegnung, Verkaufsstelle für Bio- und regionale Produkte sowie „kleinste Kneipe des Chiemgaus“ mit regelmäßigen Weißwurstessen, Geburtstagsfeiern und Radlerstammtisch blühte der Laden auf. Aber: „Es ging gerade so um“, ergänzt Heitauer.
Marille Naglschmidt, die von Anfang an als Verkäuferin dabei war, übernahm das Geschäft 2016. Vier Jahre später erfolgten Vergrößerung und Umzug in die Stötthamer Straße 7. „Viele sind erstaunt über das Angebot, wenn sie das erste Mal in den Laden kommen“, sagt sie.
Angebot ist größer,
als viele denken
Frische Bio-Produkte vom Chiemgauer Naturkosthandel, selbst gemachte Kuchen, erlesene Öle, Essige und Schnäpse zum Verkosten und Selbstabfüllen finden sich da neben regional produzierten Gin- und Whisky-Sorten oder Produkten von Regionalanbietern wie Chiemgau-Korn, der Genussmanufaktur in Palling oder einer regionalen Schokoladenmanufaktur. „Aber auch wir müssen rechnen, speziell bei fairen Löhnen für unsere vier Angestellten.“