Raubling – „Sie sind so stolz und aufrecht.“ – „Sie sind immer gut gelaunt und freundlich.“ – „Ihre Ausstrahlung ist so stark, dass sie unsere Kinder begeistert hat.“ – „Die Kinder haben Sie verehrt.“
Diese und viele weitere positive und auch berührende Sätze sind Teil eines bewegenden Briefes, den Josef Hemberger, langjähriger Mitarbeiter der Müllabfuhr Raubling, zum Abschied nun wieder in Händen hält. An Weihnachten vor drei Jahren bekam er diese handgeschriebenen Zeilen von einem Anwohner auf seiner Tour, adressiert an ihn als zunächst namenlosen Mitarbeiter. „Lieber Müllmann, dessen Namen ich nicht einmal kenne“, – so beginnt das Schreiben.
Abschied nach
so langer Zeit
Nach 34 Jahren geht Hemberger Ende Oktober in den Ruhestand. Seit dieser Woche fährt er seine gewohnten Routen das letzte Mal und verabschiedet sich von den Menschen, die er dort in all den Jahren kennenlernen durfte.
Hemberger ist Müllwerker mit Leib und Seele. In all den Jahren war ihm immer eines wichtig: „Ich möchte mit einem guten Gefühl nach Hause gehen, dass ich meine Arbeit gut gemacht habe.“ Seine Devise war und ist: „So wie ich mit den Menschen umgehe, so gehen sie mit mir um.“ Damit meint er vor allem Freundlichkeit, gegenseitige Wertschätzung und Achtung. „Wir sind menschlich – auch das ist die Müllabfuhr“, stellt er klar. Diese Einstellung trug er auch nach außen – Tag für Tag. „Als wir mit den kleinen Kindern hergezogen sind, sind Sie mir sofort aufgefallen“, steht in dem Brief. „Hinten auf dem Müllwagen stehen Sie mit der Würde einer königlichen Leibgarde, die hinten an der Königs-Kutsche auf einer Plattform steht. Sie sind immer gut gelaunt und freundlich. Niemals, nicht ein einziges Mal, hätte ich den Eindruck gehabt, dass Sie Ihre Arbeit belastet.“ Auch heute liest Hemberger die Zeilen noch. „Ich bekomme jedes Mal aufs Neue Gänsehaut. Es ist schön, dass die eigene Arbeit so gesehen wird.“
Den Autor des Briefes kennt er, auch an den Tag, an dem er ihn bekommen hat, kann er sich gut erinnern. „Er ist mir hinterhergeradelt. Ich kann mich auch gut an die Kinder erinnern. Die beiden Jungs sind heute schon erwachsen.“ „Die Kinder haben Sie verehrt“, heißt es in dem Brief weiter. „Sie sind quasi ‚die Müllabfuhr‘ in Person.“ Dass Müllautos Kinder faszinieren, kann Hemberger nur bestätigen. Er erklärt ihnen auch stetig den Sinn und die Funktionsweise des Autos. Sommer wie Winter war Hemberger die zurückliegenden 34 Jahre im Einsatz. Das war nicht immer einfach. Im Sommer kann es mit Auspuff und Anlage sehr heiß werden, im Winter braucht es bei Minusgraden außen am Fahrzeug auch Durchhaltevermögen. Dabei fahren die Müllwerker bei Wind und Wetter – so zum Beispiel auch bei der Schneekatastrophe in Aschau 2019.
Das Müllfahrzeug, mit Hemberger im Team, schob sich damals beständig durch die Straßen auf der Suche nach den Mülltonnen. Das Wetter macht ihm nichts aus. „Dafür sind wir ausgerüstet und haben unsere Kleidung“, sagt er pragmatisch. Seine Leidenschaft für den Beruf scheint Hemberger auch an seinen Sohn weitergegeben zu haben. Auch er ist mittlerweile bei der Müllabfuhr Raubling. Zusammen sind sie schon Touren gefahren. So hat er im Laufe der Jahre nicht nur ihn eingewiesen, sondern auch zahlreichen weiteren neuen Kollegen versucht, seine Erfahrung und seine Leidenschaft zu übermitteln. Dabei hat Hemberger ursprünglich Maurer gelernt, wegen eines Bandscheibenvorfalls musste er sich aber beruflich umorientieren. So kam er zunächst als Straßenwärter zum Kreisbauhof Riedering, bevor er im September 1989 nun „auf dem Lastwagen“ steht, wie er selbst schmunzelnd sagt.
In all den Jahren wurde er mal gefragt: „Können Sie zwieda auch sein?“ Der Briefautor hat hierzu eine klare Meinung: „Der Stolz, die Zufriedenheit und die Lebensfreude, die Sie in Ihrem Dienst ausstrahlen, sind vorbildlich.“
Eine wichtige Botschaft findet sich noch in den Zeilen: „Von ganzem Herzen danke ich Ihnen, dass Sie mich gelehrt haben: Der Wert eines Menschen hängt in keiner Weise davon ab, welchen Beruf er ausübt.“
Sie sind ein
Vorbild ersten Ranges
Und so endet der Brief mit „Müllmann, dessen Namen ich nicht kenne, Sie sind ein Vorbild ersten Ranges für Generationen von Männern. Sie können echt stolz sein auf sich und Ihre Lebensleistung.“ Hemberger ist einer von rund 120 Fahrern und Müllwerkern im Landkreis Rosenheim. Er fährt am heutigen Dienstag seine letzte Tour.