Brunnen gerettet, Tunnel verlängert

von Redaktion

Brenner-Nordzulauf Freude in Stephanskirchen und Riedering hält sich in Grenzen

Stephanskirchen/Riedering – Ein Jahr ist es her, als Bürgermeister Karl Mair in einem „Dialogforum“ der Bahn zum Brenner-Nordzulauf (BNZ) schier der Schlag traf: Die Trasse pink lief plötzlich direkt über den Trinkwasserbrunnen der Gemeinde im Ödenwald. Der Antrag, für den Brunnen die Schutzgebiete auszuweisen, lag gerade ein paar Monate im Landratsamt. Und dann das…

Sei ja alles noch nicht endgültig, erklärte die Bahn damals. Es werde zum Beispiel noch geprüft, ob die Sims über- oder unterquert werde. Jetzt steht fest: Sie wird unterquert. „Wir haben mit Hochdruck daran gearbeitet, geeignete Lösungen für die noch offenen lokalen Fragen zu finden“, so Matthias Neumaier, Gesamtprojektleiter bei der DB, zum jüngsten Dialogforum und den vorgestellten Varianten.

Tunnel wird drei
Kilometer länger

Die Neubaustrecke unterquert also die Sims. Dadurch verlängert sich der Tunnel unter Stephanskirchen um drei auf jetzt 8,5 Kilometer. Er kommt erst an der Gemeindegrenze Riedering/Rohrdorf bei Holzen wieder ans Tageslicht. „Mit der Verlängerung des Innleitentunnels wird das künftige Trinkwasserschutzgebiet „Ödenwald“ der Gemeinde Stephanskirchen nicht tangiert. Gegenüber den bisherigen Planungen mit Überquerung der Sims kann der Flächenverbrauch deutlich verringert und die Wohnbebauung geschützt werden“, heißt es vonseiten der Bahn. Purzelbäume vor Begeisterung schlägt der Stephanskirchener Bürgermeister deswegen nicht. Natürlich ist Mair froh, dass die Strecke nun etwa 400 Meter vom Trinkwasserbrunnen und 120 Meter von der Schutzzone entfernt verläuft. Was für seine Begriffe ein „wirklich ein unmögliches Verhalten vonseiten der Bahn ist“: dass über ein Jahr lang die 2022 aus dem Hut gezauberte pinke Trasse durch das künftige Trinkwasserschutzgebiet untersucht wurde, obwohl dieses schon seit vielen Jahren in Zusammenarbeit mit dem Wasserwirtschaftsamt geplant wurde. „Warum man überhaupt an dieser absurden Planung weitergearbeitet hat, ist für mich nicht nachvollziehbar“, so Mair. Im grünen Bereich sieht er die Situation mit dem Trinkwasserbrunnen auch jetzt noch nicht. „Ein Aufstauen oder ein Abdrängen der Grundwasserströme ist nicht auszuschließen, da die Brunnensohle und die beiden Tunnelröhren in etwa der gleichen Tiefe liegen.“

An der geschützten Wohnbebauung hat Mair auch so seine Zweifel. In den Ortsteilen Leonhardspfunzen, Kronstauden und Eitzing (Scheiberloh) werden die Tunnelröhren unter Wohnhäusern liegen, „was dauerhafte Erschütterungen nicht ausschließt.“ Hinzu komme, dass die Verlängerung des Tunnels nichts an den geplanten zwölf Hektar für Baustelleneinrichtung, Zwischenlager von Erdreich, Container, Parkplätze, Werkstätten, Betonmisch- und Aufbereitungsanlagen bei Eitzing ändert. Und auch der Verladebahnhof auf 14 Hektar Fläche an der Bahnstrecke München-Salzburg bleibt. Der gesamte Bereich zwischen Eitzing und Weinberg würde trotz seiner Lage im Landschaftsschutzgebiet über rund zehn Jahre von Tunnelbauarbeiten geprägt werden. Genau wie am anderen Ende der Gemeinde die Ortsteile Innleiten und Hofau.

Genau da hakt auch sein Kollege, Riederings Bürgermeister Christoph Vodermaier, ein. Ja, im Endzustand sei diese Tunnelverlängerung ein Vorteil, da dann Flächenverbrauch und Zerschneidung der Landschaft verringert sowie tiefe und breite Einschnittslagen zum Beispiel im Bereich Untermoosen/Niedermoosen verhindert würden. „Absolut schlimm treffen würde unsere drei Gemeinden (neben Stephanskirchen und Riedering auch Rohrdorf, Anm.d.Red) aber die Zeit der Bauphase, auch aufgrund der stellenweise offenen Tunnelbauweise.“

84 Hektar landwirtschaftliche Fläche stünden im Bereich von Innleiten, Eitzing, Ried, Holzen und Lauterbach dauerhaft, also zehn bis 15 Jahre, nicht zu Verfügung. Das sei das Aus für die Landwirtschaft, „unseren Tourismus, unsere Naherholungsregion und aufgrund der Zerschneidung auch das Aus für die Beziehungen zwischen unseren Ortsteilen und Ortschaften“, so Vodermaier.

Insgesamt gebe es leider an einer Neubautrasse östlich des Inns durch die Gemeinden Stephanskirchen, Riedering und Rohrdorf nichts Positives zu sehen, findet Vodermaier. „Und bei immer noch fraglichem Bedarf sehe ich keinerlei Nutzen für die gesamte Region.“ „Durch unser Einwirken und den von der Gemeinde Riedering und mir forcierten und immer wieder eingeforderten Dialog mit den Planern der DB konnten in dieser Vorplanungsphase entscheidende Verbesserungen erwirkt werden“, so Vodermaier. „Wir werden den Dialog weiter suchen und versuchen auf allen Ebenen Verbesserungen einzubringen. Eine Verbesserung für die gesamte Region und mit positiven Effekten auch für Riedering könnte eine Innunterquerung bei Rosenheim sein.“

Bahn setzt Gemeinden
unter Zeitdruck

Was Bürgermeister Karl Mair zu allem anderen sauer aufstößt: Die Bahn hat erst jetzt die endgültige Trasse festgelegt, fordert aber bis spätestens Januar 2024 die Kernforderungen aus den betroffenen Gemeinden. „Damit entsteht für uns ein ungeheurer Zeitdruck. Wir haben jetzt nur wenige Wochen Zeit, um unsere Forderungen bezüglich eines Projektes zu formulieren, das uns über viele Jahre und Jahrzehnte belasten würde. Daher sind nun größte Zweifel am gesamten Planungs- und Dialogprozess angebracht.“

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