Ehrenamtliche Helfer bauen die alte Orgel in Halfing ab. Foto Aicher
Halfing – „C1 klingt noch sehr rau und kratzig“, hallt es durch die Halfinger Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt. An einem grauen Novembermorgen liegt das Gotteshaus im Halbdunkeln. Nur auf der Empore brennt Licht. Dort oben sitzt ein Mann an der Orgel. Eine zweite Stimme kommt aus dem Inneren des mächtigen Instruments: „Bitte zeigen.“ Mehrere Male hintereinander erklingt der gleiche Ton, bis der Mann in der Orgel die richtige Pfeife gefunden hat. Die beiden Männer sind Michael Gartner und Uli Skriwan. Orgelbauer. Sie arbeiten im Betrieb von Alois Linder in Nußdorf und sind aktuell mit der Intonation der neuen Halfinger Orgel betraut.
Beim Intonieren wird die Orgel klanglich auf den Raum abgestimmt. „Zum einen wird die Lautstärke angepasst, zum anderen aber auch die Artikulation der Orgel. Also die Klangfarbe, ob hell oder dunkel“, erklärt Skriwan. Der perfekte Klang wird so Stück für Stück, Register um Register gesucht und eingestellt.
Intonation braucht
sechs bis acht Wochen
Ein gutes Gehör und Musikalität sind dabei sehr wichtig. Da beide auch Musiker sind, übernehmen sie diese Aufgabe. Die Intonation einer Orgel dauert, so Skriwan weiter, rund sechs bis acht Wochen. Pro Register, welches jeweils eine Klangfarbe darstellt, sei mit etwa einem Tag Arbeit zu rechnen. Während Michael Gartner an der Klaviatur sitzt und die Töne spielt und Anweisungen gibt, wie der Ton klingen sollte, befindet sich Uli Skriwan im inneren der Orgel und optimiert die Pfeifen. „Die Pfeifen sind aus einer Legierung aus Zinn und Blei. Ihre Beschaffenheit ist daher weich. So lassen sie sich einfach verändern und anpassen“, erklärt Skriwan. Er ist seit 13 Jahren in der Orgelbaufirma von Alois Linder tätig. Gartner seit 25 Jahren und damit der Mitarbeiter, der am längsten dabei ist.
Schon seit vielen Jahren mit dem Projekt „Orgel“ betraut, ist auch Irmi Binder aus Halfing. 22 Jahre war sie Pfarrsekretärin. Fast genauso lang war auch klar, Halfing wird eine neue Orgel brauchen: „1997 hat ein Orgelsachverständiger in seinem Gutachten festgestellt, dass die Orgel nicht renovierungsfähig ist. Ein weiteres Gutachten 2019 hat das bestätigt“, berichtet Binder. Damit sei die Entscheidung gefallen. Pater Paul Kusiak habe dann die Kirchenverwaltung überzeugt, das Projekt anzugehen.
Bis die Entscheidung im Jahr 2019 gefallen war, habe sich laut Binder bereits eine stattliche Summe auf dem Orgelkonto Pfarrgemeinde angesammelt: Mehr als 160000 Euro seien dort angespart worden. Im Februar 2020 sei dann die erste Haussammlung mit Flyern zum Spendenaufruf durchgeführt worden. „Wir waren überrascht, wie viele Halfinger Einzelpersonen und Unternehmen gespendet haben“, so Binder. Später sei die Sammlung wiederholt worden und viele andere Spendenaktionen kamen hinzu – mit ebenso großem Erfolg. Von den Gesamtkosten für die Orgel von 369000 Euro seien derzeit noch knapp 15000 Euro offen. „Die werden wir auch noch stemmen.“ 20000 Euro aus öffentlicher Hand und 35000 Euro Zuschuss gab es noch vom Ordinariat. Rund 600 Einzelspender hätten sich beteiligt. Gleichzeitig sei auch die Empore renoviert worden:
Neue Elektroleitungen wurden verlegt, der Boden wurde erneuert, das Gewölbe gemalt und Stuck wurde ergänzt. Weitere 50000 bis 60000 Euro kommen dafür also oben drauf, erläutert Irmi Binder.
Im September 2020 hat Alois Linder den Auftrag für den Bau erhalten. Die Orgelbauer sind über die Grenzen des Landkreises tätig. Die Halfinger Orgel sei laut Skriwan das größte Instrument, das die Firma Linder je neu gebaut hätte. Aber auch andere Projekte bleiben in Erinnerung: „Die Orgel von Herrenchiemsee war zwar klein, aber sehr alt“, erinnert sich Gartner. Aber auch die Neubauten für Siegsdorf und Tuntenhausen seien sehr imposant gewesen. „Die Tuntenhausener Orgel verkörpert für mich mit ihrem barocken Gehäuse und dem modernen Klang am besten den Geist dieses alten Instruments“, so der Orgelbauer. Die neue Halfinger Orgel ist, erklärt Gartner, eine mechanische Orgel. Die alte Orgel sei „pneumatisch“ gewesen, die es dem Organisten jedoch nicht erlaube, präzise zu spielen. Sie besteht aus 1366 Pfeifen. „Etwa ein Drittel der Holzpfeifen konnten von der alten Orgel wiederverwendet werden“, sagt Skriwan.
Knapp 7000 Stunden
für Bau und Montage
In 6000 Arbeitsstunden sei die Orgel in der Werkstatt gebaut worden. Weitere 750 Arbeitsstunden in der Kirche kamen für Montage, Aufbau, Intonation und Stimmung der Orgel oben drauf. „Ein Jahrhundertprojekt“, sagt Irmi Binder. Für die Pfarrgemeinde, für Pater Paul und auch für Irmi Binder selbst. Sie ist seit 1. Mai 2023 zwar nicht mehr aktiv in der Kirchenverwaltung tätig, sei aber nach wie vor federführend beim Projekt „Neue Orgel für Halfing“.