Notorischer Betrüger muss in Haft

von Redaktion

Kolbermoorer erleichtert eigene Tante um Geld – Auch Rentner geprellt

Riedering/Rosenheim – In mehreren Punkten warf die Staatsanwaltschaft dem 65-jährigen Techniker aus Kolbermoor betrügerische Machenschaften vor.

Nachdem es zwischen seiner Tante (72) und deren Tochter zu einem Zerwürfnis gekommen war, übertrug sie ihrem Neffen im 2021 eine umfassende Betreuungsvollmacht. Während sie sich in einem Rosenheimer Seniorenheim befand, wickelte der Angeklagte die Bankguthaben ihres verstorbenen Ehemannes ab. Anstatt ihr aber die Guthaben auszuhändigen – die Tante wollte damit die Bestattungskosten für den verstorbenen Ehemann begleichen – gab er 2800 Euro für sich aus. Hin und wieder gab es für die Tante Zigaretten oder Obst. Für die restliche Summe verwies er auf Handy-Rechnungen, ohne irgendwelche Belege vorweisen zu können.

Geld für sich
selbst genutzt

Eine weitere Überweisung in Höhe von 1000 Euro für seine Tante benutzte er, um einen Reifensatz für sein Auto zu bezahlen. Lediglich 300 Euro reichte er an die Tante weiter, die ihm daraufhin die Betreuungsrechte wieder entzog und sich mit der Tochter wieder versöhnte. Diese erstattete dann gegen ihn Anzeige wegen zweifacher Untreue.

Im Februar 2022 bekam der Angeklagte in einer Gaststätte mit, dass sich am Nachbartisch ein 78-jähriger Rentner über Probleme mit seiner Tochter beklagte und die Erbschaft entsprechend geregelt wissen wollte. Der Angeklagte mischte sich in das Gespräch ein. Er kenne einen guten Anwalt. So erwarb sich der Angeklagte das Vertrauen des Seniors und war alsbald fast täglicher Gast bei dessen Zuhause in Riedering. Dieses Vertrauen nutzte der Angeklagte aus, um sich von immer wieder Geld zu leihen. Zunächst bewegten sich diese lediglich im dreistelligen Bereich. Im März 2022 berichtete der Angeklagte seinem Tatopfer, er würde einen Computerladen eröffnen, wozu ihm jedoch 12000 Euro fehlten. Im weiteren Gespräch übergab ihm der Rentner 15000 Euro in bar.

Eine Nachbarin warnte den Rentner vor der dubiosen Beziehung, was der allerdings in den Wind schlug. Die damals im gleichen Haus lebende Tochter bekam mit, dass ihr Vater dem Angeklagten einen größeren Betrag ausbezahlte. Persönlich einzugreifen war ihr wegen der Streit-Situation verwehrt, jedoch zeichnete sie die Geräuschkulisse des Geldzählens mit ihrem Handy auf.

Diese Aufzeichnung wurde auch im Zuge der Beweisaufnahme vor Gericht abgespielt. Des Weiteren versprach der Angeklagte dem Rentner eine neue Stoßstange zu beschaffen, kassierte dafür 700 Euro, ohne das Ersatzteil jemals beizubringen.

Der Kolbermoorer, vertreten von seinem Verteidiger Rechtsanwalt Florian Wurtinger, bestritt alle Vorwürfe. Er habe sich intensiv um seine Tante bemüht und mit dem fraglichen Geld nahezu ausschließlich für deren Bedürfnisse gesorgt. Von einem geliehenen Betrag für ein geplantes Computergeschäft höre er hier zum ersten Male. Er habe von dem Riederinger Senior lediglich kleine Summen für geleistete Dienste erhalten.

Tatsächlich gab es über keine der genannten Summen einen schriftlichen Beleg, bis auf einen Zettel mit einer Summenliste, die der 79-Jährige für sich angefertigt hatte. Spannend wurde es, als dieser vor Gericht erklärte „Des hob i mir scho denkt, dass i des Gäid nimma siech.“ Damit war nämlich die Voraussetzung für den Tatbestand des Betruges nicht mehr gegeben, weil der Geschädigte damit selber einer Rückforderung widersprochen hatte. Auch der Staatsanwalt hatte damit das Problem, dass damit der Vorwurf des vollendeten Betruges in diesem Falle hinfällig geworden war.

Im Falle der betrogenen Tante war für ihn aber der Tatnachweis erbracht. Auf Grund von 28 einschlägigen Vorstrafen und einer noch offenen Bewährung sollte eine Gefängnisstrafe von zwei Jahren und vier Monaten angemessen sein.

Das sah dessen Verteidiger völlig anders. Im Falle der Tante, die der Verteidiger für völlig unglaubwürdig hielt, sei nicht nachgewiesen, dass sein Mandant die Gelder nicht tatsächlich zum Wohle der Tante verwendet habe. Die Tatsache, dass sein Mandant vor Jahren betrogen habe, dafür sei er damals bestraft worden, und das könne hier und heute nicht als Tatnachweis dienen.

Drei Jahre für Kolbermoorer

Das Gericht unter dem Vorsitz von Richterin Isabella Hubert verurteilte ihn zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren. In der Begründung stellte die Richterin klar, dass mit der Resignation des Betrogenen: „Das Geld sähe er ohnehin nicht mehr“ zwar ein vollzogener Betrug nicht gegeben sei. Fest stehe aber für das Gericht, dass der Angeklagte von vornherein die Absicht gehabt habe, zu betrügen – und damit sei dieses Geschehen zumindest ein versuchter Betrug. Was die Tante angeht, so sei das Gericht der Überzeugung, dass es sich tatsächlich um einen Fall der Untreue handle, weil der Angeklagte nicht nach dem Willen der Geschädigten gehandelt habe.

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