„Die innovativste Schule im Landkreis“

von Redaktion

München – Berlin – Stephanskirchen. Stephanskirchen? Ja. Die 11000-Einwohner-Gemeinde spielt im Konzert der Großen mit. Warum die Verantwortlichen stolz sind auf „das wahrscheinlich innovativste Schulhaus im Landkreis“.

Stephanskirchen – „Eigentlich stünden wir jetzt in einem schmalen dunkeln Flur. Wenn so geplant worden wäre, wie man halt so plant.“ Damit hatte Architekt Richard Kröff das erste Mal die Lacher auf seiner Seite. Denn die Damen und Herren Gäste saßen bei der Einweihungsfeier in einem großzügigen, lichten Raum über zwei Stockwerke hinweg. In der neuen Aula der neuen Otfried-Preußler-Grundschule, um genau zu sein.

Ein stolzer
Bürgermeister

Im „wahrscheinlich innovativsten Schulhaus im Landkreis“, wie Bürgermeister Karl Mair stolz befand. Der weiß, wovon er spricht, denn vor dem Bürgermeisteramt kam der Dipl.-Ing. Architektur. Dass die neue Grundschule der Otfried-Preußler-Schule so besonders wurde, ist allerdings nicht Schuld des Planers, wie dieser freimütig einräumt. Kröff und seine Mitarbeiter saßen im Sommer 2020 schon über den Entwürfen, beschäftigten sich mit pandemiebedingten Lieferengpässen, „und dann kommt der Burggraf mit dem Lernhauskonzept daher …“ „Der Burggraf“ heißt mit Vornamen Florian und ist Rektor der Otfried-Preußler-Schule. Das Lernhauskonzept ist die architektonische Umsetzung einer neuen Pädagogik. Einer Pädagogik, die – kurz gefasst – Frontalunterricht mit Arbeit in kleinen Gruppen und viel Freiheiten für die Kinder verbindet. Diese Freiheiten brauchen aber auch Freiräume, die sogenannten Lernzentren. In denen die Kinder sich die flexiblen, aber stabilen Möbel so zurechtrücken, wie sie sie gerade brauchen. Wo Bauchlieger genauso entspannt lesen, rechnen, spielen, lernen können, wie Stehaufmännchen. Lernzentren, in die sich ein Drittklässler mit dem Mathebuch unter dem Arm verkrümeln kann, wenn es ihm im Klassenzimmer gerade zu wuselig ist.

So neumodisches Zeug in einer Schule, neben der Kühe auf der Weide stehen? „Ja, denn auch auf dem Land haben sich die Strukturen und damit auch die Bedürfnisse geändert“, sagt der Bürgermeister. Dieser Logik folgten die Gemeinderäte mit großer Mehrheit von Anfang an. Auch wenn klar war, dass ein solches Gebäude teurer wird, als die klassische „Flurschule“ mit schmalen Gängen voller Türen links und rechts. Knapp 8,5 Millionen Euro waren es am Schluss. „Der Stephanskirchner Gemeinderat ist speziell“, stellte Kröff schnell fest. „Hier gibt es Widerworte nicht, weil man jemanden ärgern will. Hier gibt es Widerworte, weil man etwas verbessern will. Klasse!“

Richard Kröff und sein Mitarbeiter Hilmar Henjes verwarfen ihre Pläne, setzten sich mit Burggraf, Bauamtsleiter Wolfgang Arnst und den Grundschullehrerinnen zusammen, immer und immer wieder, entwickelten Ideen und verwarfen sie wieder. Die Frage war immer: „Wie gelingt es uns, das kindliche Strahlen, die Lernbegierde, einzufangen, sie durch schöne Gestaltung zu fördern“, erklärte Burggraf bei der Einweihungsfeier. Offenheit, Licht, angenehme Farben, Rückzugsplätze, Raum für Bewegung – all das gehörte dazu. Und strapazierfähige Materialien.

Die Form folgte der Funktion. Entstanden ist ein „kindgerechtes, agiles, wunderschönes Gebäude“, freut sich der Schulleiter. Ein Gebäude, das sich noch mit Leben und Erfahrungen füllen muss und wird. Ein Gebäude, in dem Kindern nicht nur Wissen vermittelt wird. Ein Gebäude, in dem sie auf ihrem Weg begleitet und stark fürs Leben gemacht werden. „Eine Schule, gerade für so kleine Kinder, muss ein Wohnzimmer sein. Sie müssen sich wohlfühlen“, sagt der Architekt. Und schickt grinsend hinterher: „Es muss nicht immer Sichtbeton sein, um modern zu sein.“ Alles Friede, Freude, lecker Eierkuchen also beim Neubau der Stephanskirchner Grundschule? Mitnichten: „Beim Abbruch im Januar 2022 ist so ziemlich alles an Mist aufgetaucht, was in einem Gebäude aus den 1960er/1970er-Jahren fast zu befürchten war“, erinnert sich Kröff. Vier Wochen später kam der Krieg zurück nach Europa, explodierende Kosten im Gepäck. Pandemie war außerdem. Und dann ging noch der Fassadenbauer pleite. „Alles, was man beim Bauen nicht haben will, ist uns passiert“, erzählt Kröff und kann im Rückblick darüber schmunzeln.

Dickes Lob für
die Handwerker

Trotzdem war zum Jahreswechsel 2022/23 die Gebäudehülle bis auf die vorgesetzte Holzfassade fertig und dicht. „Wir hatten unglaublich gute Handwerker. Was die hier an Ideen eingebracht und an Qualität geliefert haben, ist unglaublich“, sagt Kröff und Bauleiter Günter Bodenburg nickt. Verstärkung gab’s durch „Franz&Franz“, Dandlberger und Fuchs, die Schulhausmeister: „Kennen jede Ecke und hatten praktische Ideen en masse.“ Einer wurde so mit Lob bedacht – von Bürgermeister, Schulleiter und Architekt –, dass er darob schier rote Ohren bekam: der Gemeindebaumeister. „So einen Ansprechpartner wie den Wolfgang Arnst habe ich selten erlebt. Einfach grandios“, hielt Kröff fest.

Kröffs Fazit nach langer, auch die ganze Bauzeit andauernder Planung und gut anderthalb Jahren Baustelle: „Dieses Lernhaus war eines der spannendsten und schönsten Projekte meines Architektenlebens.“

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