Motorradraser-Trick funktioniert nicht

von Redaktion

Glaubhafte Reue und Einsicht retten rücksichtslosen Biker vor Vollzugsstrafe

Rosenheim/Oberaudorf – Am Sonntag, 21. Mai, tummelten sich, wie immer an schönen Wochenenden, jede Menge Motorradfahrer am Sudelfeld. Die Bergstrecke ist ebenso beliebt wie gefährlich, weshalb sie mit Fahrbahnschwellen und Geschwindigkeitsbegrenzung versehen ist. Verlockend ist dann die gerade Strecke nach den Serpentinen hinter dem Tatzelwurm hinauf zur Passhöhe.

Klappmechanismus für Kennzeichen

Das weiß natürlich auch die Polizei und kontrolliert deshalb besonders dort an solchen Wochenenden mit Laserpistolen die Geschwindigkeit der Biker. Ein 25-jähriger Kaufmann aus Puchheim bastelte sich, eingedenk der Polizeikontrollen, eine umklappbare Kennzeichenhalterung, die verhindern sollte, dass das Kennzeichen lesbar war. So wollte er etwaige Geschwindigkeitskontrollen überlisten. Zusammen mit einer Bikerfreundin (24) fuhr er mit dem Motorrad nach Brannenburg und über die Mautstraße hinauf zum Pass.

Tatsächlich drehten die beiden auf der Geraden richtig auf und tatsächlich war, wegen des umgeklappten Nummernschildes, das Kennzeichen des 25-Jährigen nicht registrierbar. Wohl aber das seiner Begleiterin, die mit 126 km/h gemessen wurde.

Nachdem die beiden in dem Restaurant an der Passhöhe gegessen hatten, fuhren sie dieselbe Strecke in Richtung Brannenburg zurück. Unterwegs wurden sie von den Beamten wiedererkannt und der nachgelagerte Posten darüber informiert. Diese Streife stoppte die beiden, um sie zu kontrollieren.

Der 25-Jährige schien zunächst den Anweisungen des Polizisten zu folgen. Knapp vor dem Beamten gab der Angeklagte aber plötzlich Vollgas und stieß den Signalgeber zur Seite, der sich nur mühsam auf den Beinen halten konnte. Während der 25-Jährige floh, stoppte seine Begleiterin weisungsgemäß, gab aber wahrheitswidrig an, sie kenne den Entflohenen nicht. Alles leugnen nutzte freilich nichts. Entsprechend wurde auch sie mit einem Strafbefehl wegen zu schnellen Fahrens und versuchter Strafvereitelung belegt. Das Motorrad, das der Angeklagte hinter einem Gebüsch verborgen hatte, wurde von einem Wanderer gefunden und von der Polizei sichergestellt.

Erst am Folgetag wurden dem Geflohenen die möglichen Folgen seiner Panikreaktion bewusst. Von sich aus begab er sich zur Polizeistation in Brannenburg, um sich zu stellen, und bat den angefahrenen Beamten um Verzeihung.

Vor dem Schöffengericht Rosenheim unter dem Vorsitz von Richter Matthias Knoblauch war der Puchheimer zwar geständig, bestritt aber, auf den Beamten mit Verletzungsvorsatz zugefahren zu sein.

Sein Verteidiger, Rechtsanwalt Andreas Leicher, bat um ein Rechtsgespräch, wobei er darauf abzielte, dass das Verhalten seines Mandanten nicht als Angriff gegen einen Polizeibeamten gewertet würde, sondern als fahrlässige Körperverletzung durchgehen möge.

Dem konnte sich die Vertreterin der Staatsanwaltschaft nicht anschließen, weshalb eine umfangreiche Zeugenanhörung notwendig wurde. Der betroffene Beamte bestätigte, dass der Angeklagte ihn persönlich und schriftlich um Verzeihung gebeten hatte, was er akzeptiert habe, ebenso wie ein angemessenes Schmerzensgeldangebot. Er habe auch keinen ausdrücklichen Verletzungswillen gegen seine Person erkennen können. Der Angeklagte sei wohl von seinem Fluchtgedanken getrieben worden.

In ihrem Schlussvortrag hob die Staatsanwältin hervor, dass es vor allem gelte, Polizeibeamte vor derlei lebensgefährlichen Attacken zu schützen. Dazu sei ein Gefährdungsvorsatz bereits durch die verbotene Manipulation des Nummernschilds bewiesen. Der Angeklagte habe bewusst den Beamten aus dem Weg gerammt. Damit seien alle Vorwürfe aus der Anklage bewiesen. Sie erkenne zwar das positive Nachtat-Verhalten an, dennoch müsse eine Haftstrafe sein, die sie mit zwei Jahren und vier Monaten bezifferte.

Verletzungsabsicht
nicht nachzuweisen

Der Verteidiger beharrte darauf, dass es sich um eine fahrlässige Körperverletzung gehandelt habe. Inklusive der Kennzeichenfälschung sei sein Mandant mit einer Geldstrafe von 65 Tagessätzen zu belegen. Sollte das Gericht dennoch zu einer Haftstrafe kommen, so beantragte er hilfsweise, diese zur Bewährung auszusetzen.

Das Schöffengericht verneinte eine bloße Fahrlässigkeit. In jedem Fall habe der Angeklagte zumindest billigend eine Verletzung des Beamten in Kauf genommen. Damit handle es sich, neben der Verfälschung des Kennzeichens, der Geschwindigkeitsübertretung und dem unerlaubten Entfernen von dem Unfallort um eine gefährliche Körperverletzung. Einzig, dass der Angeklagte vorsätzlich den Beamten habe verletzen wollen, das konnte nicht bewiesen werden. Auch trage das Geständnis und der erfolgte Täter-Opfer-Ausgleich zu einer Verminderung des Strafmaßes bei. Deshalb verurteilte ihn das Gericht zu 18 Monaten Gefängnis, setzte die Strafe aber zur Bewährung aus. Ein weiteres Jahr wird ihm der Führerschein entzogen und er hat eine Buße von 600 Euro zu entrichten.

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