Haribo und seine 19919 Töchter

von Redaktion

Superbulle aus der Besamungsstation Rottmoos feiert zehnten Geburtstag

Wasserburg – Einen kleinen Protestschrei stößt Haribo am vergangenen Freitagmorgen aus, als er vor das Fenster der CRV Besamungsstation in Rottmoos geführt wird. Verständlich, schließlich hat Haribo an Freitagen eigentlich frei und verbringt seine Tage im warmen Stall. Dass er jetzt auch noch an diesem Tag ins Nasskalte geführt wird – wirklich, man kann ihm seinen Widerstand nicht verdenken.

Aber es ist ein Freudentag, zumindest für die Mitarbeiter der Zuchtorganisation CRV. Denn Haribo wird an diesem Tag zehn Jahre alt.

Jeden Montag
und Donnerstag

Er ist ein Superbulle der besonderen Art. „Die wenigsten springen noch mit zehn Jahren“, erklärt Tierarzt und Stationsleiter Josef Dengg. Meist würden die Gelenke nicht mehr mitmachen oder der Samen werde bei den Kunden nicht mehr nachgefragt. Haribo sei da eine Ausnahme.

Munter besteigt der Superbulle jeden Montag und Donnerstag – hier in Rottmoos als „Springtage“ bekannt – seine Plastikkuh. Beziehungsweise Teile davon. Denn um Haribo und seine 70 Kollegen in der Besamungsstation so richtig in Fahrt zu bringen, reicht ein attraktiver Kuh-Hintern. Für die Vorderseite interessieren sich die Bullen nicht. „Es sind die Rundungen, wenn sie diese sehen, dann löst das etwas im Gehirn aus“, sagt Dengg und setzt schmunzelnd hinzu: „Ein bisschen einfach gestrickt sind sie schon.“

Das Einzige, was Haribo braucht: eine warme Kunst-Scheide. Dazu dient ein Rohr aus Metall, innen mit Silikon ausgekleidet. „Den Zwischenraum füllen wir mit Wasser, das auf 38 Grad erhitzt wird“, erklärt Dengg. Der abgespritzte Samen werde in einem Beutel am anderen Ende aufgefangen und anschließend im Labor untersucht.

Mithilfe einer Spezialfirma könne sogar das Geschlecht des zukünftigen Haribo-Kindes bestimmt werden. So könnten mithilfe von Farbstoff und Laser alle Spermien mit Y-Chromosomen entfernt werden. „Zum Schluss bleibt dann ein Besamungsröhrchen mit 20 Millionen Spermien übrig.“

Die Wahrscheinlichkeit, dass die Kuh trächtig wird, liege damit bei etwa 70 Prozent – zumindest bei Haribos Samen. „Es gibt auch Bullen, die bei 50 Prozent liegen. Haribos Werte sind aber der Durchschnitt“, so Dengg. Um das Sperma möglichst lang frisch zu halten, werde es nach der Untersuchung noch mit flüssigem Stickstoff auf minus 196 Grad heruntergekühlt. „Dann kann man es eigentlich für immer lagern“, erklärt Dengg.

In Rottmoos seien sogar noch Spermien aus den 50er-Jahren zu finden. Haribos Produkt ist allerdings zu beliebt, um lange im Lager bleiben zu können, denn der Bulle gilt als besonders fit und seine Nachkommen sind langlebig.

„Fast jeden Kontinent hat unser Haribo inzwischen erobert“, erzählt Johannes Wolf, Leiter der Fleckviehzucht in Rottmoos, nur in Afrika seien seine Gene noch nicht vertreten. In 18 Ländern sind inzwischen Söhne und Töchter von ihm geboren worden, von Deutschland, über China bis nach Peru würden seine Samen verkauft werden. Weltweit komme er inzwischen auf 86 Söhne.

Das mit Abstand erfolgreichste Tier

Allein in Bayern zähle Haribo 19919 Töchter – drei davon stehen im Stall der Züchterfamilie Schußmüller in der Nähe von Ramsau, wie Ludwig Schußmüller stolz erzählt. Seit mehreren Jahrzehnten züchte er Bullen, Haribo sei aber mit Abstand sein erfolgreichstes Tier.

Wie lange der Superbulle noch seine Arbeit verrichten kann, steht noch nicht fest. „Inzwischen braucht er ein bisschen mehr Pause zwischen den Sprüngen“, erzählt Wolf. Doch noch gehe er motiviert seiner Beschäftigung nach – jeden Montag und Donnerstag.

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