Haag/Landkreis – Die Arme ausbreiten und Luft holen: Für Alexander Huber von den „Huber-Buam“ ist dieser Moment, wenn er den Gipfel erklommen hat, „einfach geil“. Ganz oben auf der Spitze nimmt sich der 55-Jährige „Zeit zum Atmen“ – und so heißt auch sein Vortrag, den der 55-Jährige am Freitag, 5. Januar, im Haager Fotoclub halten wird.
Titel vom Autor
der Bergsteiger-Bibel
„Zeit zum Atmen“: Für diesen Titel entschied sich Huber nach einem Buch von Reinhard Karl. Er war ein deutscher Alpinist, Fotograf und Schriftsteller, der „die Bibel für Bergsteiger“ geschrieben hat, wie Huber findet. „Er hat nicht nur beschrieben, wie die Besteigung aussieht, sondern hat das ganze Drumherum des Berggehens erfasst – und die Atmung ist essenziell“, erklärt er.
Von klein auf war Alexander Huber mit seiner Familie in den Bergen unterwegs. Immer wieder gelang es den „Huber-Buam“, Rekorde aufzustellen und mit sensationellen Besteigungen für Schlagzeilen zu sorgen. Unter anderem meisterte Alexander Huber zahlreiche Erstbegehungen, die Freikletterrouten und Speed-Rekorde an den Bigwalls des Yosemite und die Free-Solo-Begehung der Direttissima an der Großen Zinne.
„Von 1992 bis 2009 waren mein Bruder Thomas und ich der Zeit voraus“, sagt Alexander Huber. „Wir haben Berge bestiegen wie keiner vor uns – und haben das Ganze überlebt. Das zeichnet uns aus, dafür sind wir international bekannt.“
Im Laufe der Zeit habe sich aber „entsprechend seines Alters“ die Höhe der Gebirge sukzessive angepasst, sagt der Experte. Erst kürzlich habe er eine Tour mit einem 24-jährigen Allgäuer unternommen. „Wir haben uns gut ergänzt: meine Erfahrung und Vision und seine Kraft“, erklärt er. Den Gipfel erklommen hätten sie „gemeinsam im Team“.
„Richtig passiert“ ist Huber in seinen Jahrzehnten als Alpinist noch nichts, er ist ein „unoperierter Bergsteiger“, wie er schmunzelnd berichtet.
Einmal sei er 15 Meter abgestürzt, allerdings am Klettersteig. „Wir waren unterwegs, um zu fotografieren. Ich wollte dem Kameramann die Hand geben, um ihm zu helfen. Dabei habe ich eine Stelle erwischt, die nicht fest genug war“, weiß Huber noch gut.
„Ich habe mich für einen Moment nicht auf mich konzentriert und schon war es passiert. Glücklicherweise habe ich mir nichts gebrochen, ich hatte schwere Prellungen am Fußgelenk. Die letzten Meter ging es für mich huckepack zurück“, erzählt er.
Auch sein großer Bruder Thomas erlebte jüngst einen Unfall. Ein Stück Fels, an dem sich der erfahrene Bergsteiger schon zigmal festgehalten hatte, brach ab und er stürzte mehrere Meter in die Tiefe.
Glücklicherweise verletzte er sich nicht schwer. Doch er weiß auch: „Ich hatte wirklich unfassbares Glück“, so der Alpinist im exklusiven Gespräch mit der Redaktion der OVB-Heimatzeitungen.
Unvorhergesehenes ist beim Bergsteigen keine Seltenheit. Für Alexander Huber war ein weiteres prägendes Erlebnis die plötzlich eintretende Höhenkrankheit eines Kletter-Kollegen auf einer Tour. „Er hatte in der Woche vorher eine schwere Grippe, schien so weit aber wieder fit zu sein“, erzählt der 55-Jährige.
Ein Irrtum, wie sich später herausstellte. „Bei der Höhenkrankheit sammelt sich Wasser in der Lunge. Daran kann man ganz schnell sterben, man erstickt.“ Sein Kollege wurde bewusstlos. „Wir mussten ihn ganz schnell vom Berg schaffen“, weiß er noch gut.
Obwohl Huber in seiner Zeit beim Zivildienst Rettungswagen gefahren sei und er deswegen viele kritische Situationen erlebt habe, sei dieses Erlebnis mit seinem Kollegen nicht spurlos an ihm vorbeigegangen – vor allem, weil er die Person persönlich kenne. „Beim Rettungsdienst waren es Fremde“, erklärt er.
Die Zeit als „Zivi“ hätte Huber eigentlich auf das Medizinstudium vorbereiten sollen, doch es kam anders. „Ich habe gesehen, wie katastrophal die Arbeitsbedingungen im Rettungswesen waren – damals schon. Darum habe ich mich dagegen entschieden und stattdessen Physik gewählt“, erzählt er „15 Punkte in Mathematik und Physik im Abitur: Da wusste ich, wo es lang gehen sollte.“
Nach seinem Diplom folgte die Promotion, die für Huber aber „zu zeitraubend“ war, da er ja „Berg gehen musste.“ Auch sein Professor erkannte das Talent seines Schützlings. „Er lobte mich wegen eines Vortrags, den ich gehalten hatte. Ich dachte, er meint den Bericht am Fraunhofer-Institut, aber er meinte meinen Auftritt als Bergsteiger am Münchner Gasteig“, sagt der 55-Jährige lachend. So brach Huber die Promotion ab und konzentrierte sich aufs Berggehen. „Entweder man brennt dafür – oder nicht. Und ich brenne dafür“, verdeutlicht er. Trainiert werde vier- bis fünfmal die Woche, im Winter auch mal in der Kletterhalle.
Ans Aufhören denkt Huber noch lange nicht, obwohl er nicht wisse, „ob er es jemals offiziell“ machen müsse, denn das Berggehen an sich werde er vermutlich nie aufgeben.
Genauso wenig wie sein Vater, der ebenfalls noch unterwegs sei. Die Tradition des Berggehens in der Familie führen auch Alexander Hubers Kinder fort.
Auch die 13-jährige
Tochter ist dabei
„Meine 13-jährige Tochter ist immer wieder mit dabei“, erzählt der Alpinist. „Die Kinder mögen aber lieber kraxeln, nur Berggehen ist ihnen fast zu langweilig“, sagt er schmunzelnd.