Griesstätt – Mit seiner Musik hatte der Trompeter Charly Tabor, der besonders mit „Wunderland bei Nacht“ weltweit bekannte wurde, Freude bereitet. Am Freitag jährte sich zum 110. Mal sein Geburtstag. Die letzten zehn Jahre seines Lebens, bis zu seinem Tod am 29. Juli 1999, verbrachte der Star-Trompeter mit seiner Frau Katharina in Griesstätt, wo er auch auf dem dortigen Friedhof bestattet wurde.
Noch immer
im Radio zu hören
In Wien, wo er geboren ist, verbrachte er seine Kinder- und Jugendzeit. Sein Vater war Flügelhornist in der K.u.K.-Militärkapelle. Seine Eltern wollten, dass er das Geigenspielen erlernte. Mit diesem Instrument hatte er seine ersten öffentlichen Auftritte im Schulorchester. Nach dem Schulbesuch absolvierte er eine Lehre zum Feinmechaniker. Seine große Liebe galt jedoch der Musik. Die damaligen großen Stars der Musikszene, wie Jack Hilton und Louis Armstrong, deren Musik er von Radiosendungen kannte, hatten es ihm angetan. Da er für das Spielen einer Trompete noch zu schwach war, begann er mit dem Schlagzeugspielen. Er schloss sich verschiedenen Bands an und schon bald stellten sich seine ersten Erfolge ein.
Bei einem Jazz-Wettbewerb in seiner Heimatstadt Wien konnte er als Schlagzeuger den dritten Platz belegen. Schon bald wurde die Trompete sein Lieblingsinstrument. Ein Jahr später kam der junge Musiker nach Prag und Den Haag, wo er bereits in den vornehmsten Hotels Europas spielte. Nach Berlin kam er noch vor dem Krieg. Hier feierte er mit den damaligen Spitzenorchestern von Bernhard Ette, Willi Stech und Teddy Stauffert große Erfolge. Sein kleines Kornett hatte er auch immer während des Kriegs, der in nach Russland führte, dabei. Seine Kameraden begeisterte und erfreute er mit seiner Musik im Soldatensender.
Seine erste eigene Big Band mit 14 Mann gründete Charly Tabor nach dem Krieg in München. Die amerikanischen Besatzer unterstützten ihn dabei. Er war bald einer ihrer Lieblingsmusiker. Liebevoll nannten sie ihn „Harry James of Germany“.
Zwei Jahre lang spielte er in amerikanischen Clubs mit seiner Big Band. Nicht selten waren damals auch seine Auftritte im Radio München. Sein Durchbruch gelang ihm mit einem Konzert im Jahre 1947 im Deutschen Museum. Die bekanntesten Musiker dieser Zeit gehörten seiner Big Band an. Viele Schallplattenaufnahmen folgten. Als eines der schönsten Erlebnisse in seinem Musikerleben bezeichnete er das Zusammentreffen mit dem amerikanischen Star-Trompeter Harry James, der 1957 in München ein Konzert gab und ihm sein goldenes Trompeten-Mundstück schenkte.
Ein Jahr später ging Charly Tabor nach Hamburg und spielte dort als Solist im Fernsehorchester. Dort gelang ihm auch mit „Wunderland bei Nacht“ einer seiner größten Hits. Mit diesem Titel eroberte er in vielen Ländern die Spitze der Hitparaden.
Mit diesem Titel konnte er auch Elvis Presley über mehrere Wochen im Dezember 1960 und Januar 1961 von Platz eins in den US-Charts als erster deutschsprachiger Künstler verdrängen. Große Erfolge konnte er auch mit den heute noch bekannten Titeln „Amerika“, „Bolero“, „Mexicana“, „100 Mann und ein Befehl“ und „Il Silenzia“ feiern. Auch viele Titelmelodien für Filme und Rundfunksendungen stammen aus der Trompete von Charly Tabor, wie auch das Lied der Fernsehlotterie im Jahre 1969.
Täglich mehrere Stunden geübt
Täglich mehrere Stunden übte er mit seiner Trompete bis kurz vor seinem Tod. Charly Tabor, der sich selbst als einen „besessenen Musiker“ bezeichnete und dessen Leben die Musik war, spielte noch als 85-Jähriger in seinen letzten Lebensmonaten beim Schwarzweißball in Wasserburg und beim Jazzbandball in Rosenheim. Einer seiner letzten öffentlichen Auftritte mit seinem Swing- und Tanzorchester war im Deutschen Theater in München.
Alfons Albersinger