Auf Klau von Rüttelplatten spezialisiert

von Redaktion

33-Jähriger geht auf Baustellen auf Diebestour – Vier Jahre vier Monate Haft

Traunstein/Rosenheim – Baumaschinen, insbesondere schwere Rüttelplatten, im Neuwert von rund einer Viertelmillion Euro verschwanden zwischen April und Juli 2023 von Baustellen in den Landkreisen München, Rosenheim, Traunstein und Berchtesgadener Land. Einen weitgehend geständigen 33-jährigen Kroaten verurteilte die Sechste Strafkammer am Landgericht mit Vorsitzender Richterin Heike Will gestern wegen Diebstahls in 26 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren vier Monaten.

Polizei gründet eigene Ermittlergruppe

Angesichts einer Serie von Diebstählen ab April 2023 auf Baustellen zwischen Weilheim und Freilassing gründete das Polizeipräsidium Oberbayern Süd in Rosenheim eine eigene Ermittlungsgruppe. Mehrfach war ein weißer Transporter aufgefallen. Über die Auswertung von Funkzellendaten kam die Polizei auf den Angeklagten.

Die letzten Taten ereigneten sich am 31. Juli 2023 – morgens in Bruckmühl sowie mittags und abends jeweils in Ottobrunn. Auf der Rückfahrt Richtung Salzburg unterzog die Verkehrspolizei das Fahrzeug auf der Autobahn A8 bei Irschenberg einer Kontrolle. Auf der Ladefläche des Transporters lagen die an dem Tag gestohlenen Rüttelplatten und ein Abbruchhammer. Diese Geräte erhielten die geschädigten Baufirmen zurück. Alle anderen sahen nichts wieder von ihren Maschinen.

Funkzellendaten, die seine Anwesenheit zu den jeweiligen Zeiten an den Tatorten nachwiesen, trugen zur Überführung des 33-Jährigen bei. Das Gericht wollte mehr zu dem Tatfahrzeug und einer möglichen kriminellen Struktur im Hintergrund wissen. Der Sachbearbeiter der Polizei informierte, der weiße Transporter sei umgebaut worden. Hinter dem Fahrer- und dem Beifahrersitz habe sich ein leerer Rückraum befunden. Die durch das häufige Auf- und Abladen der schweren Geräte schon ziemlich ramponierte Ladefläche sei mit Holz verstärkt worden. Hinter dem Beifahrersitz sei eine Seilwinde befestigt gewesen.

Wie solche Maschinen zu Geld gemacht werden könnten, fragte Vorsitzende Richterin Heike Will. Der Zeuge dazu: „Man braucht einen logistischen Hintergrund für den Abtransport, den Absatzmarkt und den Verkauf. Die Gewinnmarge ist jedoch so groß, dass das rentabel ist.“ Wo die Beute geblieben sei, habe man nicht herausfinden können, meinte der Zeuge.

Gemäß Anklage sollen die vielen Rüttelplatten und die anderen Beuteteile in Südosteuropa, vor allem in Serbien und Bosnien-Herzegowina, gelandet sein. Der 33-Jährige behauptete, er habe ganz allein gehandelt. Er sei rumgereist und habe die Maschinen an Interessierte verkauft.

Nach der Festnahme des Angeklagten stoppte die Diebesserie. Drei Wochen habe sich gar kein Vorfall dieser Art mehr ereignet, so der Zeuge. Danach habe man im Bereich des Präsidiums Oberbayern Süd nur mehr zwei oder drei Fälle registriert. Ein Kollege aus der Ermittlungsgruppe berichtete über einen Bauarbeiter, der im Raum Traunstein ein offensichtliches Spähfahrzeug auf der Baustelle beobachtet hatte. Geistesgegenwärtig hatte dieser ein Foto gemacht. Darauf waren zwei Personen zu sehen.

Die Tatorte waren breit gestreut. Ein Schwerpunkt war der Raum Rosenheim, speziell Kolbermoor, Bruckmühl und Bad Aibling. Aber auch in Bad Reichenhall, Anger, Tittmoning, Traunstein, Surberg und Waging wurde der Dieb aktiv. Die einzelnen Taten liefen immer gleich ab. Der 33-Jährige suchte sich geeignete Baustellen, tauchte außerhalb der Arbeitszeiten wieder auf, öffnete Bauzäune und belud seinen Transporter per Seilwinde. Die Geräte waren nach Angaben der Baufirmen jeweils einige tausend Euro und bis zu 25000 Euro wert. Das schlug sich in der Anklage in einem Wertersatz von 252122,92 Euro nieder – als Wiedergutmachung nach dem Motto „Straftaten dürfen sich nicht lohnen.“ Das Gericht überprüfte den Wert der Beute anhand von Zeit- und Neuwerten der verschiedenen Maschinen und gelangte im Urteil letztlich zu „nur“ 43500 Euro Wertersatz.

Staatsanwalt Moritz Weinhart beantragte für 26 Diebstähle eine Haftstrafe von sechs Jahren. Verteidiger Alexander Kohut aus Rosenheim hielt drei Jahre drei Monate Freiheitsstrafe für genug.

Hoher Schaden
in kurzer Zeit

Die Kammer ging im Urteil von gewerbsmäßigem Diebstahl aus. Der Angeklagte habe damit seinen Lebensunterhalt bestritten, hob Vorsitzende Richterin Heike Will heraus. Bezüglich des von dem 33-Jährigen behaupteten Kokainkonsums sah sie keinen Hinweis auf verminderte Schuldfähigkeit. Der Angeklagte habe die Taten in Schritten planmäßig durchgezogen – vom Auskundschaften bis zum Verkauf irgendwo im Ausland. Das hätte er unter Drogen nicht geschafft. Straferschwerend wirkte die massive Zahl an Straftaten in kurzer Zeit, der hohe Schaden, die kriminelle Energie, das länderübergreifende Handeln.

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