Bad Feilnbach – Als Norbert Schröder Ende des vergangenen Jahres seine Post öffnet und eine Mitteilung seines Stromanbieters liest, erlebt er einen „Schockmoment“. Der 70 Jahre alte Bad Feilnbacher ist ein Verfechter von erneuerbaren Energien und vertritt die Meinung, dass sich entsprechende Investitionen auch rechnen sollten. Doch dieser Tage ist er nicht der Einzige, der sich über steigende Energiekosten ärgern muss.
Seit Januar 2024 ist der CO2-Preis für Benzin, Heizöl und Gas angestiegen, beträgt nun pro Tonne 45 Euro. Laut Angaben der Bundesregierung sehe man darin angesichts der sich entspannenden Energiepreise eine vertretbare Lösung. Wenngleich die Strom- und Gastarife noch immer deutlich höher liegen als vor der Krise. Die Maßnahme soll letztlich den Verbrauch von fossilen Brennstoffen unbeliebter machen und einen Anreiz zum Wechsel auf klimafreundlichere Alternativen schaffen.
Schröder heizt seit
Jahren klimafreundlich
Heißt im Umkehrschluss, dass Verbraucher nun nicht nur fürs Tanken mehr ausgeben müssen. Auch das Heizen wird teurer. Hinzu kommt, dass die Energiepreisbremsen, also für Strom, Gas und Heizung, mit der die Bundesregierung Privathaushalte seit Anfang 2023 finanziell entlastet hatte, weggefallen sind.
Doch auch für Norbert Schröder, der längst auf eine klimafreundliche Heizart setzt, wird es in Zukunft nicht günstiger. Im Gegenteil. „Ich habe seit zwölf Jahren eine Wärmepumpe und war bisher auch sehr zufrieden damit“, sagt der Ingenieur, der in seiner Rente noch als Unternehmensberater in der Luftfahrtbranche tätig ist. Die Heizkosten für sein Einfamilienhaus seien stets deutlich günstiger gewesen als etwa vergleichbare Kosten für Öl oder Gas. Doch als er vor wenigen Wochen von der Erhöhung seines Wärmestromtarifs erfuhr, fiel er aus allen Wolken. „Das ist uferlos“, sagt Schröder angesichts der Tatsache, dass sich seine Heizstromkosten ab Februar fast verdoppeln sollen. Zwar verfolge auch er die Presse und habe mit steigenden Energiepreisen gerechnet. „Aber ganz sicher nicht in dieser Größenordnung“, betont der 70-Jährige.
Mit dem Versuch, telefonisch bei seinem Anbieter nachzuhaken, sei er in langen Warteschleifen gescheitert. Schröders Heizstrom-Versorger begründete die Erhöhung des Tarifes „Grundversorgung Heizstrom“ ab Februar in einem Informationsschreiben mit den Entwicklungen am Energiemarkt. Auch wenn man den Tarif lange während der Energiekrise stabil halten konnte, machte diese sich nun auch hier bemerkbar.
Doch hängt die Preis-Explosion lediglich mit Schröders Anbieter und dessen Tarif zusammen oder müssen sich Kunden aller Anbieter künftig auf massive Kostensteigerungen gefasst machen? Für Stefan Barber, Werkleiter der Stadtwerke Bad Aibling, jedenfalls ist dies eine tarif- beziehungsweise anbieterspezifische Frage. Während er das Kostenproblem für den Bad Feilnbacher Wärmepumpen-Besitzer Schröder von außen nicht beurteilen kann, sagt er ganz generell: „Insgesamt sind die Strompreise eher am sinken, es wird für den Kunden grundsätzlich also nicht teurer, im Gegenteil.“
Seit der Energiekrise hätte sich der Markt langsam wieder entspannt. Er rechnet damit, dass Kunden in diesem Jahr im Schnitt etwa zehn Prozent weniger für Strom bezahlen müssen als 2023. Etwas gedämpft werde diese Entwicklung indes von den gestrichenen staatlichen Zuschüssen, die eigentlich zur Stabilisierung der Netzentgelte vorgesehen waren.
Bei den meisten Anbietern seien im Tarif der Grundversorgung generell sehr wenige Kunden, „bei den Stadtwerken etwa weniger als zehn Prozent.“ Der Grundversorgungstarif sei meist deutlich teurer, da die Anbieter hierbei nur schwer kalkulieren könnten und Strom kurzfristig einkaufen müssten. In der entsprechenden Grundversorgung landen beispielsweise Menschen automatisch, die sich nach einem Umzug in eine neue Wohnung nicht um einen Versorgerwechsel oder einen speziellen Tarif gekümmert haben. Dass die Kostenfrage auch vom jeweiligen Anbieter abhängt, bestätigt auch Gerhard Hardrath, Obermeister der SHK-Innung (Sanitär, Heizung und Klima) Rosenheim auf Anfrage des Mangfall-Boten. Grundsätzlich sieht er in der Preiserhöhung aber eine „logische Folgerung“ und rechnet dementsprechend damit, dass auch weitere Anbieter bei ihren Preisen früher oder später anziehen werden. Dabei müsse man die Kosten für die jeweiligen Heizarten jedoch differenziert betrachten.
Gerade was den Bereich der Wärmepumpen angeht, fehle es den Anbietern durchweg an der nötigen Infrastruktur. „Und das treibt den Preis dann so hoch“, erklärt der Obermeister. Eine Wärmepumpe laufe 1:1 mit Strom. Während eine Kilowattstunde bei Pellets circa fünf bis sechs Cent koste, komme man beim Strom bei einer Kilowattstunde auf rund 35 Cent. „Das ist natürlich ein immenser Unterschied.“ Und während die Stromkosten für Wärmepumpen wohl dauerhaft nach oben gehen würden, müssten sich Verbraucher die Kosten für den Erwerb, Einbau und langfristigen Betrieb einer Wärmepumpe auch erst einmal leisten können. Hardrath ärgert sich grundsätzlich vor allem über den Weg Deutschlands in eine CO2-neutrale Zeit, der „teils gut gemeint, aber schlecht umgesetzt“ werde. „Wir haben in den vergangenen zehn Jahren noch nie so viele Öl- und Gasheizungen eingebaut wie 2023“, nennt der Obermeister einen Fakt, der zeige, dass etwas in die falsche Richtung geht. Verbraucher zeigten damit dem energie- und gesetzespolitischen Wirrwarr die Rote Karte. Die Energie- und Klimapolitik der Bundesregierung sei mittlerweile auf einem völlig falschen Weg. Hickhack um das Heizungsgesetz, fehlende langfristige Planungssicherheit, Streichung staatlicher Förderungen.
Zurück zur Preisexplosion für Norbert Schröder aus Bad Feilnbach. In einem solchen Fall empfiehlt die Verbraucherzentrale einen Blick in die Online-Vergleichsportale, um sich dort einen neuen günstigeren Tarif zu suchen.
Anbieter
kündigen
Und genau das hat Schröder jetzt auch getan. „Ich habe noch rechtzeitig gekündigt und einen neuen Anbieter gefunden.“ Nun zahle er zwar etwa zehn Prozent mehr als bei seinem ursprünglichen Tarif der vergangenen Jahre. Dennoch komme er jetzt deutlich günstiger hin als durch die veränderten Tarifbedingungen vor seinem Wechsel.
Und trotz der Aufregung bereut Schröder, der im Übrigen auch eine Photovoltaikanlage auf seinem Dach hat, die Anschaffung der Wärmepumpe nicht. „Natürlich weiß aber auch ich nicht, ob die Preise beim neuen Anbieter in Zukunft ebenso drastisch steigen werden.“ In Zeiten wie diesen sei die Zukunft „nicht absehbar.“