Harte Worte nach Bürgermeisterwahl

von Redaktion

Harte Worte, unausgeräumte Vorwürfe – es brodelt in Bad Feilnbach. Rund 100 Bürger verfolgten im Gemeinderat die Erklärung von Bürgermeister Anton Wallner zu seiner verlorenen Wahl und die Reaktionen aus den Fraktionen. Sein Nachfolger Max Singer fehlte in der ersten Sitzung nach der Wahl.

Bad Feilnbach – Die Chronologie der ersten Gemeinderatssitzung nach der von Max Singer (ÜW) gewonnenen Bürgermeisterwahl vom 14. Januar hatte Anton Wallner (CSU) als Gemeindeoberhaupt vorgegeben. Und die sah gleich zu Beginn seine persönliche Erklärung zur Wahl vor, gefolgt von neun offiziellen Tagesordnungspunkten, bevor unter dem Punkt „Anfragen, Sonstiges“ ein Mitglied pro Fraktion ebenfalls die Möglichkeit zur Stellungnahme hatte. Wobei der Sitzungssaal die Zuhörer an diesem Abend kaum fassen konnte.

Rund 100 Besucher
warteten bereits

Viele Feilnbacher waren schon lange vor Sitzungsbeginn gekommen, der Saal wurde zur ganzen Größe geöffnet, weitere Stühle herbeigebracht. Dennoch verfolgte eine ganze Reihe von Besuchern die rund zweistündige Sitzung im Stehen. Doch warteten sie gespannt auf die Reaktionen auf Wallners Aussagen, in denen von schweren Vorwürfen die Rede war.

Der noch bis Mitte März amtierende Bürgermeister machte auch zehn Tage nach der verlorenen Wahl aus seiner Enttäuschung keinen Hehl. Er habe seine ganze Energie und sein Engagement der Gemeinde gewidmet, gute vorzeigbare Ergebnisse geliefert, die Hausaufgaben gut gemacht, viele wichtige Projekte auf den Weg gebracht. Am 14. Januar habe er sich ein Zwischenzeugnis vom Wähler geben lassen wollen.

„Das Zeugnis sollte gut ausfallen und annäherungsweise meine Arbeit honorieren. Das haben mir die Wähler verweigert. Dieses, für mich unerklärliche Votum, hat mich schwer enttäuscht. Auch nach zehn Tagen kann ich noch nicht verstehen, was am Wahltag passiert ist“, gab Wallner Einblick in sein Gefühlsleben.

Er betonte: „Ich habe zu akzeptieren, dass ich die Wahl verloren habe.“ Was er jedoch nicht akzeptiere, seien „diese Lügen, die über mich verbreitet wurden“. Er sprach von sehr ehrverletzenden Gerüchten, die über ihn verbreitet und ihm erst im Nachhinein zugetragen worden seien: „Seit dem 14. Januar weiß ich, es war kein Wahlkampf, sondern ein Wahlkrieg. Es war unfair, unehrlich und unwürdig für unsere Gemeinde.“ So hätten zwei ÜW-Gemeinderäte, deren Namen bekannt seien, bei Mitarbeiterinnen der Verwaltung angefragt, „ob nicht irgendwas Verwertbares, irgendwas Schmutziges gegen den Ersten Bürgermeister vorliegt“. Korruption sei ihm unterstellt worden, Bedrohung eines Grundeigentümers im Zusammenhang mit einer Bebauungsplanaufstellung. Kurz vor der Wahl habe ein Ehepaar Flyer seines Herausforderers an den Haustüren verteilt mit dem Hinweis, „dass der amtierende Bürgermeister in die eigene Tasche arbeitet, käuflich ist und lügt“.

„Das waren schmutzigste Wahlkampfmethoden. Ich habe den Respekt vor den handelnden Personen gänzlich verloren“, zeigte sich Wallner zutiefst enttäuscht, dass den Vorwürfen seiner Meinung nach auch niemand von jenen entgegengetreten sei, die gewusst hätten, dass sie falsch seien.

Zudem seien nachweislich Informationen aus Sitzungen und vertraulichen Gesprächen nach außen getragen worden, beispielsweise was den Kauf einer Wohnung und eines Freizeitgrundstücks durch zwei Mitglieder seiner Familie angehe.

„Diese Immobilien waren für jedermann im Internet angeboten und für jeden erwerbbar. Darüber habe ich rechtzeitig im nicht öffentlichen Teil der Gemeinderatssitzung berichtet. Ich habe auch darüber berichtet, dass der Erwerb zu normalen Konditionen erfolgte.“ Zutiefst erschüttert sei er über die haltlosen Vorwürfe der persönlichen Vorteilsnahme und der Käuflichkeit.

Dass am Tag nach der Dezembersitzung „mit einem kurzen Rückblick auf das, was wir erreicht haben im vergangenen Jahr und mit netten fraktionsübergreifenden Gesprächen“ ein Flyer erscheint, auf dem sich zehn Gemeinderäte für Max Singer positionierten und sich „damit gegen den Bürgermeister stellen“, verstehe er nicht. Damit entstehe ein Riss im Gemeinderat.

Hier nahm Konrad Schwaiger (SPD/PF) den Wind aus den Segeln. Für ihn sei es nicht verwunderlich, dass es Gemeinderäte gebe, die entweder den einen oder den anderen Kandidaten aus ihren Reihen unterstützen. Ebenso sei es „verständlich und normal“, dass in Zeiten vor Wahlen viel geredet werde, sich manches zuspitze und Behauptungen aufkommen, die dem ein oder anderen nicht passen.

Schwaiger sprach von einer Dynamik, die sich entwickle und die sich am Wahltag auflöse. Die Wahl am 14. Januar sei eindeutig ausgefallen. „Da bringt auch das ganze Nachtreten nichts. An den Tatsachen und am Ergebnis ändert das nichts. Wem das Wohl der Gemeinde wichtig ist, der sollte sich zurücknehmen. Alle, die es doch nicht sein lassen können, müssen sich an die eigene Nase fassen, müssen nachdenken und wieder zur Vernunft kommen“, forderte er.

Grünen-Gemeinderat Stephan Oberprieler entschied sich wiederum, an diesem Abend nichts zu sagen, kündigte aber an, sein Statement in der nächsten Sitzung vorzutragen.

Peter Menhofer (ÜW) verwies ebenfalls darauf, dass der Wähler entschieden habe. Was Wallners Vorwürfe angehe, so entsprächen diese zu den größten Teilen der Unwahrheit.

Menhofer bot an, sie Punkt für Punkt durchzugehen, um das aufklären zu können – gerne auch gleich noch in dieser Sitzung. Wallner entgegnete erneut, er verwahre sich gegen Lügen, er habe dem Gemeinderat nun sagen wollen, „was gelaufen ist. Da wurde ein Niveau erreicht, das ich nie für möglich gehalten hätte.“

Martin Kolb (CSU) erklärte, man könne nicht einfach verlangen, alles, was vorgefallen sei, zu vergessen: „Nicht, wenn es rein um Persönliches gegangen ist, um das Menschliche.“ Genau das treibe eben viele um. Er appellierte aber auch an seine Ratskollegen: „Wir haben eine Verantwortung für die Gemeinde, da können wir leider auch nicht auf den Einzelnen schauen, sondern müssen uns die Frage stellen, wie wir damit umgehen.“

Martin Kolbs Appell
und Würdigung

Nachdem man beim gemeinsamen Jahresrückblick im Gemeinderat auch viel über Toleranz geredet habe, habe er sich nicht gedacht, dass man nun, wenige Wochen später, „sogar über menschliches Grundverständnis reden müsse.“ Er persönlich habe sich von Herzen gewünscht, mit Wallner den eingeschlagenen Weg weiterzugehen. „Wir müssen uns aber jetzt alle am Riemen reißen und schauen, wie wir klarkommen.“ Wallner zollte er „den größten Respekt, wie er sich heute der Situation gestellt hat“, er habe sehr viel Herzblut und Zeit in seine Arbeit für die Gemeinde gesteckt, dies sei weit über die Grenzen von Bad Feilnbach hinaus bekannt. Von Bürgermeistern anderer Kommunen und auch anderer Parteizugehörigkeit habe er gehört, dass sie das Feilnbacher Ergebnis selbst nachdenklich stimme: „Da kannst scheinbar noch so gute Arbeit machen, wenn‘s blöd läuft, bist weg.“

Kein Blatt vor den Mund nahm Zweiter Bürgermeister Josef Rauscher (CSU): „Wenn ich so in die Runde schau, dann hocken da heute lauter Verlierer herin‘. Gemeinderäte, Bürger, die ganze Gemeinde. Wir haben eine absolut unterirdische Außendarstellung hingebracht. In den Nachbarorten ist man schockiert, die können‘s nicht glauben, was bei uns passiert ist.“

„In schierem Hass
gemündet“

Schockiert sei auch er von der Unfairness, die in schierem Hass gemündet sei. „Jetzt ham mas weida, de schwarze Bruat“, habe er am Wahlabend von einem Mitbürger, den er eigentlich geschätzt habe, vernommen. Einer Ratskollegin bescheinigte er für ihr Verhalten am Wahlabend ein Verhalten, das jegliches Benehmen vermissen habe lassen und rief „Scham‘ di dafür“ in die Runde und wetterte: „Den Makel, der an den Protagonisten hängen bleibt, wird man nicht los, der bleibt an Euch kleben. Was denken eigentlich andere Bürgermeister über einen Kollegen, der so ins Amt gekommen ist?“ Doch Rauscher stellte klar, dass man sich jetzt nicht verkriechen werde, sondern weiter gemeinsam für die Gemeinde arbeiten wolle. Als er Wallner bescheinigte, von allen vier Bürgermeistern, mit denen er zusammengearbeitet habe, „absolut der Top-Bürgermeister“ zu sein und ihm für seine Freundschaft dankte, wurde dieser von seinen Emotionen überwältigt.

Das letzte Wort nahm sich Dr. Balthasar Spann (CSU) als „mit Abstand die längste Zeit im Gemeinderat vertretenes Mitglied“. Mit ziemlicher Vehemenz rügte er die ausbleibenden Reaktionen auf die Stellungnahme von Martin Kolb: „Wie Euch der Martin gerade die Hand ausgestreckt hat, da hat keiner von Euch geklatscht, das kann ich schlicht nicht verstehen. Habt Ihr nicht so viel Größe? Wie sollen wir denn weitermachen zum Wohl der Gemeinde? Jeder von uns hat geschworen, dass er sich dafür einsetzt…“ Mit einem Kopfschütteln brach er ab.

Es war der letzte Beitrag im öffentlichen Teil der Sitzung, an der der künftige Bürgermeister Max Singer nicht teilnehmen konnte. Er ist aktuell nach OVB-Informationen für eine lang geplante Aktivität des Skiclubs Au unterwegs und fehlte an diesem Abend entschuldigt.

Kameraüberwachung aus „Angst vor Übergriffen“?

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