In der hauseigenen Werkstatt, die er sich mit seinem Vater teilt, lagert Marinus Spatzier fast alle seine Erfindungen.
Neubeuern – Marinus Spatzier sitzt auf einem alten Stuhl in seiner Werkstatt. Seine Hände sind ölverschmiert. Hinter ihm stehen zwei Fräsmaschinen. In den Ecken stapeln sich Holz, Metallschienen und Schrauben. An den Wänden hängt sein Werkzeug. Eine alte Holztreppe führt auf die nächste Ebene. Dort lagert er seine Erfindungen. Spatzier liebt diesen Ort. Denn in diesen alten vier Wänden begann seine Selbstständigkeit.
Erste Firma bereits
in der Schulzeit
Während seiner Schulzeit entwickelte Spatzier sein erstes Produkt – ein Flaschenzugsystem für den Slacklinesport. Dabei wird in der Luft auf einem dicken Seil balanciert. Ein Hobby, das Spatzier mit Schulfreunden teilte.
Einen Flaschenzug für diese Sportart habe es bis dahin nicht gegeben. Schnell kam die Idee auf, das Produkt zu verkaufen. Gemeinsam gründeten die Freunde ihre eigene Firma „One Inch Dreams“.
Der Flaschenzug kam auf den Markt. Und die Firmengründer erhielten Aufträge für Slackline-Shows, unter anderem von verschiedenen Botschaften im Ausland. „Die Firma ging nicht durch die Decke, aber wir konnten so unser Studium finanzieren“, sagt der 30-Jährige. Zuerst studierte Spatzier Mechatronik und dann Meteorologie in Innsbruck.
Beides brach er ab, weil es ihm zu trocken war. Er wollte lieber etwas mit mehr Praxis machen. Seine Wahl fiel auf den Studiengang Produktentwicklung in Coburg. „Produktdesign ist voll mein Ding“, sagt Spatzier und lacht.
Vor drei Jahren brauchte Spatzier jedoch neue Impulse. Er verließ die Firma und reiste für ein Jahr nach Neuseeland. Dort begann sein nächstes Projekt. Für ein neuseeländisches Unternehmen entwickelte Spatzier einen Entwurf, um Mietautos für das Campen umzubauen. Mittlerweile sind mehrere dieser Autos am anderen Ende der Welt unterwegs.
Als Spatzier nach Deutschland zurückkehrte, wollte er sich eigentlich als angestellter Produktdesigner bewerben. Doch Corona durchkreuzte seine Pläne. „Der Lockdown brachte mich aus Versehen in die Selbstständigkeit“, erzählt Spatzier mit einem Lächeln. Ein Nachbar gab ihm den ersten Auftrag.
Dieser war gleichzeitig das Produkt, auf das er am meisten stolz ist. „Es war ein sehr großes und aufwendiges Projekt. Letztendlich wurde es sogar patentiert“, sagt er. Es ist ein handbetriebener Seilzug, mit dem beispielsweise Fahrzeuge geborgen werden können. Bis zu drei Tonnen können mit diesem kleinen Gerät gezogen werden.
Zwei Jahre habe er für das Produkt gebraucht. „Manchmal kam ich dann doch an meine Grenzen und wollte alles hinschmeißen“, sagt Spatzier. Aber durch die Selbstständigkeit hat der junge Erfinder so viel Selbstvertrauen dazugewonnen, um auch mit stressigen Tagen umzugehen. Deshalb war Angst vor der Selbstständigkeit für den Mann aus Neubeuern nie ein Thema. „Mein Nachbar hat mich zum Glück immer mit Aufträgen versorgt“, sagt Spatzier und lacht. Mittlerweile kann der 30-Jährige von seinen Erfindungen gut leben. Denn mit der Zeit kamen mehr Auftraggeber hinzu. Spatzier entwickelte einen Mehrweg-Ölausgießer für Glasflaschen und Kleinserien von mechanischen Bauteilen.
Stolz ist Spatzier auch auf sein Projekt aus seinem Bachelorstudium. Ein mobiler Verbrennungsofen, der für infektiöse medizinische Abfälle in Kriegs- und Krisengebieten verwendet werden kann.
Damit es seine wertvolle Erfindung zur Produktionsreife schafft, gab er sein Werk in andere Hände. Zuletzt erhielt eine ehemalige Studentin der TH Rosenheim den Bayerischen Kulturpreis, für die Optimierung dieses Projektes.
Einsatz im Kriegsgebiet möglich
Für die Zukunft wünscht sich Spatzier, auch mal wieder eigene Ideen umzusetzen. „Seit meiner Selbstständigkeit hatte ich kaum Zeit meine eigenen Ideen umzusetzen. Lust hätte ich darauf aber sehr“, sagt er. Eines ist für den 30-Jährigen klar: er möchte nicht expandieren. „Ich schätze bei der Selbstständigkeit die Flexibilität“, sagt er.
Die Entscheidung, sich als Produktdesigner unabhängig zu machen, bereut er nicht. Es sei toll, Produkte so zu gestalten, wie es einem gefällt.
„Und wenn es dann noch anderen gefällt, hat sich die ganze Arbeit gelohnt“, sagt Spatzier und lacht. Es gibt noch so viele Erfindungen, die in seinem Kopf herumschwirren.