Großkarolinenfeld – Die Felder zwischen Kolbermoor und Großkarolinenfeld sind als „Moorkultur“ bekannt. Jetzt steht auf einer Wiese zwischen Kolbermoor und Großkarolinenfeld Wasser. Normalerweise ist das für ein Feld nicht besonders gut – in diesen Fall ist es aber gewollt.
Was auf den ersten Blick aussieht wie eine normale Wiese, ist in Wirklichkeit ein Versuchsmoor. Hier wird geforscht, wie Landwirtschaft auf nassem Boden funktionieren kann. Das Moor gehört zu den Bayerischen Staatsgütern und ist Teil der Versuchsstation Karolinenfeld. Geleitet wird das Projekt vom Landesamt für Umwelt (LfL). „Unser Ziel ist es, dass die Landwirtschaft im Moor bleiben kann“, sagt Ewald Sticksel von den Bayerischen Staatsgütern.
Aus Ackerflächen
wird Grünland
Landwirtschaft im Moor ist eigentlich nichts Neues. Seit über 100 Jahren bewirtschaften Menschen schon den nährstoffarmen Torfboden. Dafür wurden bislang aber viele Moore entwässert und trockengelegt, um darauf Ackerbau zu betreiben. „Das ist extrem umweltschädlich“, sagt Ewald Sticksel. Moore sind gigantische CO2-Speicher. Werden sie trockengelegt, strömt Sauerstoff in den Torfboden und das CO2 tritt aus. „Gerade einmal drei Prozent der landwirtschaftlichen Fläche in Bayern befinden sich auf einem Moor“, sagt Sticksel: „Diese drei Prozent sind aber für ein Viertel der CO2-Emissionen der Landwirtschaft verantwortlich.“ Das ist natürlich extrem schlecht in Sachen Klimaerwärmung. Deshalb hat der Freistaat Bayern das Moorbauernprogramm ins Leben gerufen. Für jeden Hektar Acker, der in wiedervernässtes Grünland umgewandelt wird, bekommt der Bauer für einen Zeitraum von fünf Jahren 3300 Euro pro Jahr. Laut Medienberichten haben die Bauern diese Förderung aber im Jahr 2023 bayernweit für nur winzige 47,66 Hektar beantragt.
Ab 2024 werden die Förderungen erweitert. Um zusätzlich 2200 Euro pro Jahr für einen Zeitraum von zwölf Jahren zu bekommen, müssen die Bauern auf ihrer wiedervernässten Fläche Rohrglanzgras anbauen. Wie der Anbau von Rohrglanzgras und anderen Sumpfpflanzen der sogenannten Paludikultur funktionieren kann, wird auf dem Gut Karolinenfeld erforscht.
Auf den ersten Blick ist das Rohrglanzgras kaum von herkömmlichen Gräsern zu unterscheiden. Aber es wächst sehr gut auf dem nassen, nährstoffarmen Moorboden. Rohrglanzgras eignet sich als Futtermittel. Es kann aber auch zu Briketts weiterverarbeitet und als Brennstoff verheizt werden.
Neben Rohrglanzgras werden auch andere Sumpfpflanzen auf dem Versuchsgut angebaut. Allen voran die Segge. Die Segge ist ein Sumpfgras. Das Sumpfgras ist sehr robust. Das Besondere an der Segge ist, dass sie zu Bauplatten verarbeitet werden kann. Im großen Stil verkauft werden diese aber noch nicht. „Derzeit gibt es noch keinen Markt dafür“, sagt Sticksel: „Aber wir arbeiten daran.“
Sollte sich die Segge auf dem Markt durchsetzen, könnten es schon bald viele Seggenfelder in unserer Region geben. Denn rund um Rosenheim gibt es viele ehemalige Moorflächen. Zurückzuführen ist das auf einen Eiszeitsee, der sich vor mehreren tausend Jahren von Kiefersfelden bis Wasserburg erstreckt hat. Dieser lief durch den Inn ab und zurück blieb eine dicke Schicht aus Seeton, auf der sich viele Moore gebildet haben. Diese Moorflächen möglichst naturnah zu bewirtschaften, ist aber schwierig. Es müssen vorab einige Probleme gelöst werden. Zum einen muss das Moor geregelt wiedervernässt werden, zum anderen ist der Boden zu weich für die schweren Traktoren. Für die Wiedervernässung haben die Forscher ein unterirdisches Rohrsystem entwickelt. Damit kann das Regenwasser aufgestaut und der Grundwasserstand auf dem Feld reguliert werden. Je näher der Grundwasserstand an der Feldoberkante ist, desto geringer der CO2-Ausstoß, erklärt der Leiter des Guts, Andreas Walz.
Wenn die Forscher aber mit Traktoren auf das Feld müssen, ist ein hoher Grundwasserstand nicht optimal. Denn der Boden ist dann schlammiger und die Landmaschinen sinken leichter ein.
Rohrsystem und leichtere Traktoren
Deshalb setze man im Versuchsgut bei Kolbermoor auf besonders leichte Landmaschinen und breitere Reifen, sagt Walz. Überflüssiges Gewicht wird von den Maschinen abmontiert und so ein Einsinken unwahrscheinlicher.
Interessierte Bauern können auf dem Gut vorbeikommen und sich die Arbeit der Forscher anschauen. „Wir wollen eine Anlaufstelle für Landwirte werden“, sagt Walz. Das Moorprojekt läuft noch bis Ende Mai, „aber wir wollen aber auf jeden Fall verlängern“, versichert er.
Neben der landwirtschaftlichen Nutzung der Flächen wollen sie auf dem Gut noch an anderen Nutzungsmöglichkeiten wie PV-Anlagen arbeiten. Auch, dass bald Wasserbüffel in Großkarolinenfeld grasen, will Gutsleiter Andreas Walz nicht gänzlich ausschließen. Sie sind ideal an die wiedervernässten Moorflächen angepasst – und könnten exotisches Fleisch für die Region liefern.