Abschied von einem Zahnarzt aus Leidenschaft

von Redaktion

Nachruf Große Anteilnahme am Tod von Dr. Hermann Hiemer – Dem Markt Neubeuern eng verbunden

Neubeuern/Oberaudorf – Unter großer Anteilnahme von Verwandten, Freunden, Weggefährten, Fahnenabordnungen und mit einem letzten Salut wurde die Urne von Dr. Hermann Hiemer, wie es in der Traueranzeige hieß „Zahnarzt aus Leidenschaft“, zu Grabe getragen. Pfarrer Christoph Rudolph zelebrierte die feierliche Trauermesse, begleitet von der Musikkapelle Neubeuern und zahlreichen Abschiedsworten.

Hermann Hiemer war ein Charakter mit vielen Facetten und Talenten – einer, der das Leben ausgekostet und die Gemeinschaft gepflegt hat, eine kraftvolle Persönlichkeit mit einer dezenten Natur.

Hermann Hiemer kam 1947 in Schongau zur Welt. Es waren bescheidene Verhältnisse, in denen er aufwuchs. Die Familie zog nach München-Laim, wo er seine Schulzeit verbrachte. Nach dem Wirtschaftsgymnasium und der Bundeswehrzeit studierte er Zahnmedizin wie seine erste Frau Gerda Hiemer. Nach dem Studium gründeten sie eine Familie und eröffneten ihre eigene Zahnarztpraxis in Raubling. Ihr Wohnsitz und Lebensmittelpunkt wurde Neubeuern. Die Hiemers mit den Kindern Manuel und Sonja waren beliebt und angesehen und wurden begeisterte Neubeurer mit großem Engagement in Vereinen und Gesellschaft.

1996 verstarb Gerda Hiemer. 1999 schlossen Hermann Hiemer und Martina Poll den Bund der Ehe. Im Jahr darauf kaufte Hermann das alte Stoaschneider-Haus in Oberaudorf. 2001 kam Sohn Georg zur Welt. Bis zuletzt hatte Hermann Hiemer dennoch seinen ersten Wohnsitz im Schmiedehaus am Markplatz und blieb Neubeuern eng verbunden.

Als junger Mann war er politisch nicht nur interessiert, sondern auch bei den Jungsozialisten aktiv. Später brachte er sich auch in Neubeuern ein und war von 1984 bis 1996 Mitglied im Gemeinderat. In seiner Trauerrede würdigte Altbürgermeister Jürgen Tremmel in Vertretung für Bürgermeister Christoph Schneider sein großes Engagement während seiner zwölfjährigen Ratszugehörigkeit, insbesondere sein soziales Engagement und die Idee für einen Neubeurer Christkindlmarkt.

Seinen Beruf hat Hermann geliebt und war Zahnarzt aus Leidenschaft! Über 44 Jahre betreute er seine Patientinnen und Patienten. Als er 2021 die Praxis an seine Nachfolger übergab, kam ihm viel Dank und Wertschätzung entgegen. Und selbst nach der Übergabe seiner Praxis ist Hermann Hiemer ein paar Mal pro Monat nach München in eine Sozialpraxis gefahren, um dort Menschen zu behandeln, die keine Krankenversicherung hatten.

Doch Hermann Hiemer bestand nicht nur aus Verantwortung. Lebensfreude war für ihn eine Sache der Gemeinschaft. Mit der Familie ebenso wie mit seinen Freunden und Stammtischbrüdern, mit der Motorradgruppe, den Bergfreunden, seinem FC-Bayern-Fanclub ebenso wie in der Faschingsgesellschaft, wo er als Teil der Ministerriege der 80er- Jahre in zahlreichen Auftritten Faschingsgeschichte geschrieben hat. Er war in der Vorstandschaft des TSV, pflegte das Brauchtum der Schiffleut-Bruderschaft, war Mitglied im Veteranenverein, trug mit Stolz das Beurer Gwand, spielte Theater auf verschiedenen Bühnen in der Region und vor allem mit der Theatergemeinschaft Neubeuern. Unvergessen bleibt Hermann Hiemer in der Rolle des grantigen Erzengel Michael im Brandner Kaspar oder als Tod im Jedermann. In der zweiten Neubeurer Inszenierung vor zehn Jahren trat er in der Rolle des Tod im dunklen Anzug auf. „Der Tod“, so sagte er in einem Interview, „ist immer da, er ist zeitlos, er braucht keine Verkleidung als Schreckensvision und er kann letztlich auch gütig sein, wenn es keinerlei Hoffnung mehr gibt.“ Trotz schwerer Krankheit blieb er bis zuletzt der liebenswerte, zugewandte Mensch, der er immer war – kein Jammern, keine Bitterkeit – nur die Wehmut darüber, zu früh von dieser schönen Welt und den geliebten Menschen Abschied nehmen zu müssen.

Sabine Poll-Plonus

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