Kirche macht sich auf in die Zukunft

von Redaktion

Karolinenkirche schließt für Umbau und startet danach mit ungewöhnlichem Konzept

Großkarolinenfeld – In der Karolinenkirche steht Großes bevor. Auch wenn man das bei einem Blick durch das Kirchentor nicht vermuten würde. Nur eine Hebebühne steht im fast leeren Raum, auf dem Boden liegen überdimensionale Bahnen aus weißem Stoff. Was ist da wohl los?

Abschied mit Kunstausstellung

„Das ist für unsere Ausstellung kurz vor der Schließung der Kirche“, erklärt Pfarrer Dr. Richard Graupner. Er saust zwischen Pfarrheim, Pfarrbüro und Kirche hin und her, während sein Telefon oft klingelt. „Tut mir leid, es passiert gerade so vieles gleichzeitig“, entschuldigt er sich. In der Tat warten aufregende Zeiten auf die Kirche und ihre Unterstützer.

Die Karolinenkirche wird ab 1. April vorübergehend gesperrt. Die älteste evangelische Kirche Altbayerns aus dem Jahr 1822 muss umfangreich saniert werden. „Wir rechnen mit einer Baustelle in einem Zeitrahmen von etwa einem Jahr“, so der Pfarrer. Die Kirche muss komplett eingerüstet werden, um unter anderem Dach und Dachstuhl trockenzulegen sowie den Glockenturm statisch zu ertüchtigen. Balken werden ausgetauscht und der Boden erneuert. Die Kosten belaufen sich auf rund 1,8 Millionen Euro und werden durch Unterstützung der Landeskirche, öffentliche Gelder, Stiftungen und Spenden finanziert.

Auch eine neue Innengestaltung ist geplant. Dafür ist ein Kunstwettbewerb mit vier Künstlern geplant. Eine Jury aus zwölf Personen – Vertreter der örtlichen Kirche sowie der Landeskirche und der Gemeinde – wählen Ende April aus den Modellen einen Sieger aus. In den Fokus soll dabei die liturgische Ausstattung genommen werden, also unter anderem Altar, Ambo und Taufbecken. Einer der Vorgaben war es, dass der Altar einen Mittelpunkt bildet, das Taufbecken zum Beispiel aber flexibel verschiebbar ist.

Mit Kunst wird die Kirche auch in die Bauphase verabschiedet. Bei der Ausstellung mit dem Titel „Tuchfühlung“ ab morgen, Donnerstag, wird der Innenraum komplett mit weißem Tuch verhüllt. Ein Künstler wird es als Leinwand und Projektionsfläche nutzen und gestalten. „Aus dem leeren Raum soll Kirche wieder sichtbar werden“, erklärt Graupner. Damit nehme man bewusst Abschied, bevor der Umbau beginnt.

Wenn er beendet ist, wird die Kirche nicht nur baulich ertüchtigt und verschönert sein. Pfarrer Graupner verfolgt auch ein völlig neues Konzept für das Gebäude. Das Gotteshaus soll „Raum für die Region“ werden. Das offensichtlichste Zeichen für die neue Ausrichtung: Es wird keine klassischen Kirchenbänke mehr geben. „Das haben wir bereits seit einiger Zeit geprobt“, erzählt Graupner.

In einer Spendenaktion zugunsten der Sanierung wurden die hölzernen Kirchenbänke verkauft. Die letzte Bank wurde inzwischen abgeholt. Jetzt lautet das Motto „freie Bestuhlung“. Lediglich eine feste umlaufende Wandbank wird es weiterhin geben. Bei der Erneuerung des Bodens soll auch eine Schwelle vor dem Altarbereich entfernt werden, um den gesamten Raum barrierefrei zu gestalten.

„Wir haben so viele verschiedene Projekte in der Kirche“, so Graupner. Es gebe neben den Gottesdiensten etwa Ausstellungen, Konzerte, Vorträge oder auch „Kino in der Kirche“. Da benötige man flexible Bestuhlungsmöglichkeiten. Das habe sich in den vergangenen Monaten bereits bewährt – wenn es auch nicht jedem Kirchgänger gefalle. „Es gibt immer Leute, die Bänke lieben“, so der Pfarrer. Doch das Kirchenbanksterben habe längst begonnen.

„Wir müssen anfangen, die Kirche zu öffnen, um sie zu erhalten“, ist seine Überzeugung. Daher soll der Raum mehr zu einem multifunktionalen Kulturraum werden. Weil die Lagermöglichkeiten fehlen, sollen es Klappstühle werden.

Doch wo findet Kirche statt, wenn der Umbau läuft? Die regelmäßigen Gottesdienste sollen laut Graupner im Pfarrstadl stattfinden. Dort laufen gerade Renovierungsmaßnahmen, die fast abgeschlossen sind. An das Gebäude wurde unter anderem eine außenliegende Brandschutztreppe angebracht. Lediglich ein Fenster muss noch ausgetauscht werden.

Gastgeber für Gottesdienste gesucht

Für besondere Gottesdienste hat sich der Pfarrer die Aktion „karolinenkirche@“ ausgedacht. „Wir suchen Gastgeber, die uns einladen“, erklärt er. Zahlreiche Locations wurden schon gefunden. So werden Gottesdienste bei den Nachbarn der katholischen Kirche stattfinden, aber auch im Rathaus, auf dem Feuerwehrgelände oder beim Wirt von Dred. Das zeigt: Die Karolinenkirche öffnet sich nicht nur für andere, sondern wird auch selbst andernorts mit offenen Armen empfangen.

Artikel 9 von 11