Oberaudorf – „Wir haben keinen geeigneten Kindergarten in Rosenheim gefunden, da haben wir uns gesagt: Dann müssen wir einen gründen.“ So erinnert sich Sigi Weisbach an die Anfänge vor 22 Jahren, als er und seine Frau Doris auf der Suche nach einem Kindergartenplatz für ihre Tochter Julia waren. Und so wurde der Verein „Fortschritt Rosenheim“ gegründet. Und weil nach dem Kindergarten eine Schule notwendig ist, folgte ein Schulprojekt in Bad Feilnbach.
Schließlich erfolgte der Umzug in ein leer stehendes Schulhaus in Niederaudorf, wo am vergangenen Freitag das zehnjährige Bestehen der „Petö-Schule“ gefeiert wurde, die mit 28 Schülern und 17 Mitarbeitern angefangen hat. Inzwischen werden in der Grund- und Mittelschule 87 Schüler in den Klassenstufen 1 bis 10 unterrichtet.
Das Besondere der Schule ist laut Schulleiterin Maria Kravanja die konduktive Pädagogik, die von András Petö entwickelt wurde. Dabei würden die Bedürfnisse jedes einzelnen Schülers berücksichtigt. So würden auch die Schüler mit Behinderungen, die rund ein Drittel der Schülerschaft ausmachen, gefördert. Die Landtagsabgeordnete Claudia Köhler sieht gerade in der Integration von Schülern mit Behinderungen eine Chance: „Vielfalt ist Bereicherung, nicht Hemmnis.“
Laut Geschäftsführerin Bettina Brühl ist die Petö-Schule keine Sonderschule und keine Förderschule, sondern eine normale Schule für alle, die ihre Schüler besonders fördere. In Niederaudorf habe man den besten Ort für diese Schule gefunden.
Die Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig dankte in ihrem Grußwort beim Festakt, zu dem neben Schülern und Lehrkräften auch rund 100 Gäste gekommen waren, allen, die zum Erfolg der Schule beigetragen haben, insbesondere Bettina Brühl und der pädagogischen Leiterin Rita Mechtl. In der Anfangszeit hätten es die Schulgründer nicht leicht gehabt. Von offizieller Seite sei ihnen oft gesagt worden: „Das geht nicht, das haben wir noch nie so gemacht.“
Landrat Otto Lederer würdigte die Hartnäckigkeit der Gründer: „Manchmal muss man dicke Bretter bohren, wenn man Ziele erreichen will.“ Und der Mut dazu zeichne alle Beteiligten aus. Umso erfreulicher war laut Ludwig die Zusammenarbeit mit dem damaligen Oberaudorfer Bürgermeister Hubert Wildgruber. Er habe „die nötige Offenheit besessen, sich darauf einzulassen.“ Sein Nachfolger Dr. Matthias Bernhardt sieht die Petö-Schule als Modell, von dem man für die Zukunft des Schulwesens lernen könne. Besonders erwähnte er den Einsatz der Eltern und das so entstandene Zusammengehörigkeitsgefühl.
Laut Professor Szófia Kállay von der András Petö-Fakultät der Semmelweis-Universität in Budapest wird in der konduktiven Pädagogik gesehen, was eine Person kann, und nicht, was sie nicht kann. Damit werde sie allen gerecht. Die Konduktoren-Ausbildung dauere vier Jahre, wobei Praktika auch im Ausland gemacht werden könnten.als