Wegbegleiter aus Metall

von Redaktion

Riederinger fertigt Schmuckstücke für besondere Momente

Riedering – Es war ein Sonntag, 21 Uhr abends, als das Telefon von Florian Blickenberger klingelte. „Ich wollte eigentlich erst nicht rangehen“, erzählt der 40-Jährige. Am Telefon war ein Kunde des Schmuckdesigners. Dieser hatte kürzlich zwei Gipfelkreuz-Kettenanhänger bei ihm gekauft – einen für sich und einen für seine Frau. „Der Mann hat am Telefon geweint. Er hat mir erzählt, dass seine Frau an Krebs erkrankt ist. In dem Moment, als er im Krankenzimmer seiner Frau das Gipfelkreuz übergeben hat, ist der Arzt in den Raum gekommen und hat gesagt, dass seine Frau auf dem Weg der Genesung ist.“

Ohne Ausbildung
zum Goldschmied

Für Momente wie diese liebt Blickenberger seinen Beruf. Mit seinen „Mamma Bavaria“-Schmuckstücken möchte er Menschen einen Begleiter mit auf den Weg geben. „Solche Geschichten zu hören, erfüllt mich mit großer Freude.“

In seiner offenen Werkstatt in Niedermoosen bei Riedering designt, schleift und poliert Blickenberger an den verschiedensten Schmuckstücken. Ob Verlobungs- oder Eheringe oder auch die Rosenheimer Rose: Die Bandbreite ist groß. Begonnen hat alles jedoch mit den Gipfelkreuzen. Im Alter von 17 Jahren hat Blickenberger sich für gut sechs Jahre lang auf Reisen gemacht. Dort hat er lange in der Gastronomie gearbeitet. Genauer gesagt in einem Sterne-Restaurant auf Mallorca, wo er auch entsprechende Kontakte knüpfen konnte. „Dort habe ich mit den Schönen und Reichen zu tun gehabt. Udo Walz, Claudia Schiffer, Michael Schumacher: Alle waren da.“

Doch als er nach seiner Reise wieder zurück in seine Heimatstadt Rosenheim kam, hat er sich nicht mehr zu Hause gefühlt. Die Idee, wie er wieder zurück zu seinen Wurzeln findet, kam ihm dann auf dem Gipfel des Heubergs. „Ich dachte mir, wie schön es wäre, einen Wegbegleiter für die eigenen Ziele zu haben. Bei einem Blick aufs Gipfelkreuz kam mir dann meine Gründeridee. Jeder Wanderer hat das Gipfelkreuz als Ziel. Aber der Weg dorthin ist nicht definiert. Ob über den Klettersteig oder den ganz normalen Weg – alle kommen ans Ziel.“ Somit sind die Kreuze, die er verkauft, auch völlig losgelöst von religiösen Gedanken.

Mit der Idee auf dem Heuberg war es allerdings nicht getan. Schließlich hatte Blickeberger keine Ausbildung als Goldschmied oder Schmuckdesigner. Nachdem er bei mehreren Goldschmieden bei der Bitte um Hilfe in Rosenheim abgewiesen wurde, geriet er bei Sigi Herzog vom Laden „Gürtelschnallen Herzog“ genau an den Richtigen. „Er hat mir einfach aus Freundlichkeit vor und nach seiner Arbeit Löten, Feilen und Hämmern gezeigt.“

Zwei Jahre lang hat Herzog ihm so Tür und Tor geöffnet. Irgendwann hat Blickenberger dann sein Wohnzimmer in eine Werkstatt umgewandelt und an seinen ersten eigenen Schmuckstücken – den Gipfelkreuzen – gearbeitet. Der Markenname „Mamma Bavaria“ entstand nach reichlicher Überlegung. Blickenberger wollte etwas international Verständliches, was aber dennoch den Bezug zur Heimat verdeutlicht.

Das Wichtigste an seinem Schmuck sind für ihn allerdings die Menschen, die ihn tragen. „Ich habe eine Vision. Aber erst die Menschen füllen die Vision mit Leben.“ So kaufte beispielsweise ein junger Mann einen Anstecker mit der Rosenheimer Rose bei ihm. Auf dem Herbstfest hat er dann eine Frau gesehen, sich allerdings nicht getraut, sie anzusprechen. Also schenkte er ihr kurzerhand seinen Anstecker. „Ein halbes Jahr später bestellte er bei mir die Eheringe“, erzählt Blickenberger.

Er hat viele dieser Geschichten auf Lager. Auch in seinen „Gipfelstürmer-Workshops“, in denen jeder Teilnehmer sein eigenes Gipfelkreuz schmieden kann, erlebt er immer wieder außergewöhnliche Dinge. So erzählt er von einer Begegnung zweier Menschen, die ihm besonders im Gedächtnis geblieben ist. „In dem Workshop waren unter anderem ein 22-jähriger muskelbepackter Kletterer und eine 84-jährige Dame, die früher Goldschmiedin werden wollte.“

Die Frau konnte ihrem Traum nicht nachgehen, weil ihr der Beruf zur damaligen Zeit verwehrt wurde. „Eigentlich müsste man meinen, dass die beiden nicht viel gemeinsam haben. Aber die haben Witze gerissen, da habe ich mich weggeschmissen vor Lachen“, sagt er und lacht. „Am Ende sagt der junge Mann dann zu mir, dass er mit der Dame nächste Woche ,ein Date‘ hat. Die beiden sind mit der Bahn auf die Kampenwand gefahren und haben dort gemeinsam Kaffee getrunken, geratscht und ihre selbst gemachten Gipfelkreuze bewundert.“

In Blickenbergs „Mamma Bavaria“-Schauraum gibt es allerdings mehr als nur spannende Begegnungen. Wer genauer hinschaut, findet dort neben den Schmuckstücken auch einen außergewöhnlichen Automaten – und zwar einen originalen Kaugummiautomaten aus den 60er-Jahren.

Eheringe aus dem
Kaugummiautomaten

„Wer bei mir Eheringe bestellt, erhält bei der Abholung eine kleine Schachtel, in der allerdings nur zweimal 50 Pfennig drin sind“, erklärt Blickenberger. Dann darf das Paar seine 50 Pfennig in den Automaten werfen. Statt Kaugummi gibt’s dann am Ende die Eheringe aus dem Kaugummiautomaten. „Da muss ich dann auch gar nicht viel sagen, da wirkt das Ambiente für sich“, sagt Blickenberger. Wer in seinem Schauraum nach Eheringen sucht, wie es sie beim Juwelier in zig Varianten gibt, wird allerdings enttäuscht. Denn bei ihm werden diese individuell nach den Wünschen und im Gespräch mit den Paaren gestaltet. „So entstehen ganz besondere und persönliche Schmuckstücke.“

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