Franziska Kolb erhält Staatspreis

von Redaktion

Harfenbauerin wird für ihre besondere Leistung in seltenem Handwerk ausgezeichnet

Bad Feilnbach – Einer der Bayerischen Staatspreise für hervorragende handwerkliche Leistungen geht heuer nach Bad Feilnbach: Die Harfenbauerin Franziska Kolb erhielt die Auszeichnung im technischen Bereich für ihre Doppelhalsharfe „Ikarus“. Der Mangfall-Bote hat die 28-Jährige besucht und mit ihr über dieses seltene Handwerk gesprochen.

Zwischen Holzspänen
und Lösungsmitteln

Die kleine Werkstatt im Bad Feilnbacher Gemeindeteil Derndorf unterscheidet sich kaum von anderen Schreinereien. Es riecht nach Holz und ein wenig nach Lösungsmittel. Dass man nicht in einer herkömmlichen Schreinerei gelandet ist, merkt man schnell, denn in einer Ecke stehen Harfen, mehrere Geigen sind fein säuberlich auf der Tischkreissäge aufgereiht und zwischen den Holzspänen am Boden liegen Saiten herum. Franziska Kolb bearbeitet gerade den Korpus einer Geige, denn Privatpersonen, Musikschulen und auch Profimusiker lassen ihre Instrumente bei Kolb reparieren oder warten. Neben den Reparaturen entstehen in Derndorf auch neue Harfen nach Kundenwunsch.

Besonders stolz ist die Handwerkerin auf ihre Doppelhalsharfe, für die sie in München den Staatspreis entgegennehmen durfte. „Das Konzept der Doppelhalsharfe besteht darin, die Last des einseitigen Saitenzugs gleichmäßig auf zwei Hälse zu verteilen, wobei die Saiten zwischen den Hälsen aufgespannt werden“, erklärt Kolb die Innovation. Sie verleiht der Harfe ein schlichtes, zeitloses Aussehen. Neben musikalischen Aspekten, wie einem „facettenreicheren Klang, prägnanteren Bässen und einem brillanteren Diskantbereich (Anmerkung der Redaktion, höchste Tonlage), die das Instrument für Jazz, Barock, Klassik und natürlich Volksmusik einsetzbar macht, biete die Harfe auch praktische Vorteile. Dadurch, dass die Mechanik zwischen den beiden Hälsen versteckt ist, entstehen weniger Transportschäden. Laut Kolb muss so eine Harfe einiges aushalten: „Bei einer klassischen Tiroler Volksharfe beträgt die Spannung des Saitensatzes um die 650 Kilogramm, bei meiner Doppelhalsharfe sind wir bei etwa 850 Kilo und bei einer klassischen 47-saitigen Konzertharfe muss der Hals bis zu 1,3 Tonnen an Spannung aushalten.“ Das System der Doppelhalsharfe hat Otto Zangerle, Harfenbauer aus Ebbs, erfunden. Bei ihm absolvierte Kolb ein Praktikum, unter seinen Augen baute sie ihre erste Harfe. Zangerle gab ihr 2018 die Möglichkeit, das Patent zu übernehmen und auszubauen.

Mit acht Jahren hatte Kolb zuerst das Geigenspiel erlernt, die Harfe kam später dazu. Nach dem Abitur am Ignaz-Günther-Gymnasium in Rosenheim erlernte sie den Beruf der Geigenbauerin in Mittenwald. Harfenbau wurde dort nicht unterrichtet, so absolvierte sie ihr Praktikum bei Zangerle und wagte 2018 den Schritt in die Selbstständigkeit. Vielseitig und komplex müssen Wissen und Können beim Harfenbau sein. „Rund zwei Drittel arbeite ich mit Metall, ein Drittel ist Holzbau.“

Ab der Bestellung warten Kunden zwischen sechs und neun Monate auf ihr neues Instrument. Etwa vier bis fünf Monate reine Bauzeit stecken in einer Harfe, dabei setzt Kolb auf Regionalität und Nachhaltigkeit. „Ich beziehe fast alle benötigten Bauteile meiner Instrumente aus der Umgebung. Das Holz kommt von der Holzhandlung Schmid aus Au, das Material für die Resonanzdecken kommt aus Mittenwald“, zählt sie auf. In Bad Feilnbach werden auch die Halsträgerplatten per CNC gefräst, Teile der Mechanik werden ebenfalls in Au produziert, aus Brannenburg kommen eigens angepasste Transporthüllen für die unterschiedlichen Instrumente. „Lediglich die Saiten kommen aus Frankfurt“, so Kolb.

Von Bad Feilnbach
in die Welt hinaus

Gerne würde sie ihr Wissen an Auszubildende weitergeben, dazu wäre aber eine Meisterprüfung essenziell. Doch das Ablegen derselben stellt sich als gar nicht so leicht heraus: „Es gibt in Deutschland derzeit nur einen Harfenbaumeister, der eine Meisterprüfung abnehmen könnte. Ansonsten müsste ich die Prüfung als Zupfinstrumentenmachermeisterin, also für Gitarren und Zithern, ablegen – das ist viel zu weit weg vom Harfenbau“, schildert die Vollblutmusikerin.

Doch davon lässt sich Kolb nicht abhalten. Sie will das System der Doppelhalsharfe weiter verbessern und ausbauen und ihre Werkstatt zu einer der Top-Adressen für Harfenbau machen. Ihr Ziel ist es, „ihre“ Doppelhalsharfe populär zu machen und aus der kleinen Werkstatt in Bad Feilnbach in die Konzertsäle dieser Welt zu bringen.

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