Raubling – „Ich weiß nicht, warum man sowas macht“, sagt Olaf Kalsperger, Bürgermeister der Gemeinde Raubling. Von der Legalisierung von Cannabis ab dem 1. April hält er nichts. Genauso wenig begeistert ist er über den ersten Cannabis-Club der Region, der nun in Raubling angemeldet wurde. „Das ist Blödsinn“, sagt er über den Verein CSC (Cannabis Social Club) Inntal-Raubling und die Legalisierung. „Ich bin alles andere als ein Befürworter“, macht er deutlich.
Der Vorsitzende des CSC, der namentlich nicht in der Zeitung genannt werden will, wundert sich über diese Aussage: „Wie kann ein Vertreter der Gemeinde zu einem beschlossenen Gesetz sagen, dass es Blödsinn ist.“ Für ihn gibt es nur eine Erklärung: „Er hat einfach keine Ahnung oder persönliche Vorurteile.“
Cannabis-Verein
„kein Mehrwert“
Kalsperger hat sich den Verein nach eigenen Angaben angeschaut und findet es fraglich, diesen als gut zu empfinden, nur weil sich die Mitglieder beim Anbau organisieren könnten und beim Konsum Geld sparen. „Wenn es um medizinische Zwecke geht, kann man das auch anders regeln“, sagt Kalsperger. „So läuten bei mir wirklich die Alarmglocken.“ Gesondert unterstützen möchte er den Verein – wie es etwa bei Trachtenvereinen oder gemeinnützigen Vereinen gemacht wird – nicht. „Ich sehe in diesem Verein keinen Mehrwert für Raubling“, sagt Kalsperger.
Für den CSC-Vorsitzenden unverständlich. „Er sieht keinen Mehrwert in nachweislich aktivem Jugend-, Konsumenten- und Gesundheitsschutz. Wir bekämpfen wie die Polizei den Schwarzmarkt.“ Beim Cannabis-Verein sorgt die Reaktion des Bürgermeisters für Frustration. Der Vorsitzende wollte in Raubling eine Informationsveranstaltung abhalten – auch um Aufklärungsarbeit zu leisten. Doch nachdem in der Gemeinde bekannt wurde, um welchen Verein es sich handelt, wurde diese Idee schnell abgebügelt. „Als ich mit dem Bürgermeister telefoniert habe, ist er nicht auf meine Anliegen eingegangen. Er hatte kein Interesse an einem sachlichen Gespräch“, sagt der Vorsitzende des CSC.
Dass er Präventionsveranstaltungen durch den Verein für nicht sinnvoll erachtet, hat Kalsperger auch im OVB-Gespräch deutlich gemacht: „Es gibt so viele Vereine, die in diese Richtung wirklich gute Arbeit machen. Dafür brauche ich keinen Cannabis-Verein.“ Als Beispiel für Präventionsarbeit nennt Kalsperger die Rosenheimer Beratungsstelle „neon“, die Präventionsarbeit und Suchthilfe anbietet. Bei „neon“ steht man den Cannabis-Vereinen allerdings positiv gegenüber.
Vergleich mit
Alkohol und Tabak
„Menschen konsumieren sowieso, unabhängig vom Rechtsstatus einer Substanz. In Bayern wird trotz strenger Drogenpolitik sogar mehr gekifft als im Bundesdurchschnitt“, erklärt „neon“-Geschäftsführer Benjamin Grünbichler. „Wir haben jedes Jahr circa 70000 Tote durch Alkohol und 130000 Tote durch den Tabakkonsum, die wir einfach billigend in Kauf nehmen“, sagt Grünbichler. „Deswegen ist es absurd, eine Substanz – deren Konsum zwar Risiken mit sich bringt – zu verbieten, die bekanntermaßen aber keine direkten Todesfälle verursacht.“ Auf viele Menschen wirke das „scheinheilig“.
Grünbichler vertritt die Meinung, dass eine Regulierung für Erwachsene und ein Verbot für Minderjährige der richtige Schritt ist. Auch der CSC-Vorsitzende ärgert sich über den lockeren Umgang mit Alkohol und die gleichzeitige Kritik an Cannabis. „Das Verhalten von Bürgermeistern wie Olaf Kalsperger, die auf Bierfesten den Bieranstich machen und somit für die Droge Alkohol werben, ist für mich nicht nachvollziehbar.“ Personen wie Ministerpräsident Markus Söder, der auf dem Oktoberfest die erste Mass erhält, würden hier noch zusätzlich als Vorbild dienen. Dass Alkoholkonsum als eine Art Tradition gesehen wird, kritisiert der Cannabis-Club-Vorsitzende nicht. „Womit ich ein Problem habe, ist, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird. Die eine Droge, die in der Mitte der Gesellschaft ist, wird beworben. Die andere Droge, die aus Sicht von Menschen wie Olaf Kalsperger nicht zu uns gehört, wird verteufelt.“
Ein Stück weit Konsumentenschutz
Auch Grünbichler kritisiert diese Kommunikation. „Man behandelt Cannabis, als wäre es der logische Schritt direkt zu Heroin“, sagt der „neon“-Geschäftsführer. „Das ist einfach unglaubwürdige Suchtpolitik. Politiker lassen sich mit Masskrügen ablichten und wettern gegen Cannabis. Wenn man Jugendliche wirklich schützen will, sollte man gar keine Droge verharmlosend darstellen.“ Er ist sich zwar bewusst, dass dennoch Gefahren für junge Menschen bestehen, wenn sie Cannabis konsumieren. Allerdings würde mit dem neuen Gesetz „ein Stück weit Konsumentenschutz betrieben.“