Das Wohl des Tieres im Mittelpunkt

von Redaktion

Sabrina Sax liebt ihren Job. Sie ist Tierpflegerin im Wildfreizeitpark Oberreith. Für einen Tag nimmt sie die Wasserburger Zeitung mit. Welche Aufgaben sie hat, warum es ihr wichtig ist, mit Besuchern ins Gespräch zu kommen und welche Schattenseite zu ihrem Beruf gehört.

Unterreit/Oberreith – Morgens im Wildfreizeitpark Oberreith: Tierpflegerin Sabrina Sax steigt ins Auto und fährt auf das Gelände des Parks. Im ersten Gang lenkt sie den Wagen zum Gehege der Schafe. Sie muss nach „ihren Sorgenkindern“ schauen, sagt sie während der Fahrt. Vor wenigen Tagen seien zwei Lämmer zur Welt gekommen. Sie und ihre Mutter befinden sich getrennt von der restlichen Herde in einer kleinen Hütte, die mit Stroh ausgelegt ist.

Sax hat ein Fläschchen mit warmer Milch dabei, für den Fall, dass die Jungtiere noch Hunger haben. Vor einem Jahr habe sie zwei Lämmer mit der Flasche großgezogen. Heute braucht Sax die Extra-Nahrung nicht und leert die Milch ins Gras.

150 Angestellte
im Wildpark

Sax ist eine von drei Tierpflegern und 150 Angestellten im Wildfreizeitpark Oberreith. Sie wusste schon in der Grundschule, dass sie Tierpflegerin werden will. Mit 16 Jahren begann sie die Ausbildung im Nürnberger Zoo und war nach drei Jahren ausgelernt. Ein Bürojob sei für sie nie infrage gekommen, erklärt die 28-Jährige. Bevor Sax im Sommer 2022 nach Oberreith kam, arbeitete sie zwei Jahre im Raubtier- und Exoten-Asyl in Ansbach.

Als sie die Ausbildung zur Tierpflegerin mit Fachrichtung Zoo begann, seien in ihrer Klasse an der Berufsschule 25 Personen gewesen, erzählt sie. Beim Abschluss seien nur mehr zehn von ihnen übrig gewesen.

Die Gründe für den Abbruch seien unterschiedlich gewesen. Bei manchen habe sich privat etwas verändert, andere wiederum würden unterschätzt haben, wie anstrengend der Beruf sei, betont sie. 80 Prozent des Tages sei sie mit Ausmisten und Putzen, 15 Prozent mit Füttern beschäftigt und fünf Prozent blieben für Zeit mit den Tieren, sagt Sax. Vor allem Ersteres sei mit viel Muskelkraft und Ausdauer verbunden. Auch an den Wochenenden arbeitet sie, denn die Tiere müssen jeden Tag betreut werden.

Sax bleibt bei einem Alpaka stehen, das von seiner Herde getrennt steht. Es hat eine Wunde am Hals, die jeden Tag versorgt wird. Die Tierpflegerin zieht sich dafür eine Stirnlampe über den Kopf, nimmt ein Messerchen und eine Spritze mit Desinfektionsmittel. Sie streichelt dem Alpaka über den Kopf und legt ihren linken Arm von unten um seinen Hals. Das Tier hält seine Beine und den Kopf still. Es sei bereits an die Behandlung gewöhnt, sagt Sax. Ihre Stirnlampe leuchtet wie das Licht in einem Operationssaal auf die Wunde. In der rechten Hand hält die 28-Jährige das Messer, das wie die Spitze eines Skalpells aussieht, und kratzt damit Schmutz von der Kruste. Danach nimmt Sax die Spritze und träufelt das Desinfektionsmittel über die Verletzung. „Jetzt hast du es geschafft“, sagt sie zum Alpaka.

Tierpark mit wichtiger Aufgabe

Zoos und Tierparks stehen bei Tierschützern immer wieder in der Kritik dafür, sie seien altmodisch. Dem kann Sax nicht zustimmen. Für sie sei es wichtig, dass Menschen mit ihren eigenen Augen Tiere sehen können und sie sogar anfassen können. Ihnen fehle sonst der Bezug zu den Lebewesen. „Ich habe schon einmal eine Person getroffen, die dachte, eine Kuh sei lila und die Tiere im Zoo seien braun gefärbt“, sagt sie.

Das bloße Schauen von Dokus im Fernsehen reiche nicht aus, ein Bewusstsein für Tierschutz zu prägen. „Dadurch, dass wir Menschen Tiere halten, lernen wir, wie wir sie vor uns beschützen“, sagt sie. Der Mensch nehme sich von der Natur, was er wolle, und habe schon verschiedene Arten ausgerottet. „Wir sollten auf der Erde ein guter Gast sein“, ist Sax überzeugt.

Arbeitsalltag
sehr flexibel

Als Mitarbeiterin im Wildtierpark seien sie und ihre Kollegen jeden Tag gefordert, sagt die 28-Jährige. Sie wüssten nie, wie sich der Tag gestalte und welche Bedürfnisse die Tiere und Besucher haben würden. „Ich kann mir schon vornehmen, dass ich es heute ruhig angehen werde.

Aber genau dann läuft alles anders als geplant. Ein Tier verletzt sich oder ich bin mit einer Überraschungsgeburt konfrontiert“, sagt die Tierpflegerin. „Man muss flexibel bleiben.“ Am Ende stehe das Wohl der Tiere im Mittelpunkt und danach müsse sie sich richten.

Sax lenkt den Pritschenwagen in den Wald und bleibt am Gehege der Frettchen stehen. Sie schließt das Gatter auf und steigt zu den Tieren. Die Frettchen kommen auf sie zugelaufen. Schon bald ist die Tierpflegerin von kleinen Vierbeinern umgeben.

Im Gehege lebt die Mutter mit ihren vier Kindern. Vor einem Jahr habe das Weibchen die Nachkommen zur Welt gebracht. „Die Tiere bringen mir so viel Vertrauen entgegen. Die Mutter hat noch am Tag der Geburt meinen Finger mit ihren Zähnen vorsichtig gepackt und mich zu ihren Neugeborenen gezogen. Sie hat mich somit an ihren verletzlichsten Ort herangelassen“, erinnert sich Sax. Sie nimmt eines auf den Arm, während andere in den Eimer hüpfen, in dem Sax eigentlich den Kot im Gehege aufsammeln wollte. „Der Kübel ist ihr Lieblingsspielzeug“, sagt die Tierpflegerin schmunzelnd.

Beruf hat auch Schattenseite

Sax liebt ihren Beruf, doch neben den schönen Momenten birgt er auch eine Schattenseite. Denn als Tierpflegerin müsse sie auch das tun, was ihnen am meisten widerspricht: Tiere töten. Sogenannte Futtertiere, also Kleintiere, von der Maus bis zum Huhn, die als Nahrung für Fleischfresser gezüchtet werden. Töten sei für den Menschen nichts Schönes, erklärt Sax. Auch sie mache diesen Teil ihrer Arbeit nicht gerne. „Beim ersten Mal war das ein wahnsinnig komisches Gefühl. Ich musste mit der Zeit lernen, damit umzugehen“, erinnert sie sich. Futtertiere bekämen zum Beispiel keine Namen. So würde der Mensch weniger Bindung zu den Lebewesen aufbauen, erklärt die 28-Jährige. Sax füllt das Wasser für die Frettchen nach und gibt ihnen Futter. Sie steigt aus dem Gehege heraus und schließt das Gatter ab. Den eingesammelten Kot wirft sie in eine Wanne auf der Ladefläche des Wagens. Sie setzt sich ans Steuer und fährt zum nächsten Gehege.

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